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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei
Autoren: Andrej Kurkow
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fünf Minuten erschien das Angekündigte. Perl­graupen-Grütze, die recht kalt, dafür von steif gewordenem Fett durchzogen war. Und Fleisch, schwarz-rötliches, das noch warm war.
    „Und zu trinken?“, fragte Dobrynin.
    „Kein Tee. Hat Kommandant geholt. Wasser im Eimer!“
    Es war kein appetitliches, aber ein sättigendes Früh-stück.
    Als er seinen Teller ganz geleert hatte – mit Ausnahme der aus dem Fleisch gezogenen eisernen Granatsplitter –, stand der Volkskontrolleur vom Tisch auf und ging, um Oberst Iwaschtschukin zu suchen.
    Mit dem Gefühl der Sattheit kam in Dobrynin zugleich der Wunsch zu arbeiten auf, arbeiten und zwar sofort.
    Er fand Iwaschtschukin in seinem Zimmer, das gleichzeitig sein Büro war. Der Oberst saß am Tisch und hatte sich in ein Buch vertieft.
    Dobrynin hustete einmal, um auf sich aufmerksam zu machen.
    „Aha!“ Iwaschtschukin hob den Blick zum Volkskontrolleur. „Wie fühlst du dich? Hast du ausgeschlafen?“
    „Ja, doch …“
    „Willst du frühstücken?“
    „Danke, das habe ich schon … Ich glaube, ich muss losfahren, arbeiten …“
    „Aber wohin denn?“, wollte der Oberst wissen.
    Dobrynin zuckte mit den Schultern.
    „Hauptsache, dass es etwas zu überprüfen gibt … vielleicht ein Werk oder eine Fabrik?“
    „Na, das haben wir hier in der Nähe nicht …“ Iwaschtschukin überlegte einen Moment, und plötzlich fiel ihm etwas ein: „Hör mal, wie wäre es, wenn du die abgelieferten Felle überprüfst?“
    „Ja, gut!“, stimmte Dobrynin zu.
    „Ausgezeichnet!“, lächelte der Kommandant der Einheit. „Du fährst also nach Bokajgol. Dort gibt es auch eine Funk­station, da sitzt der Funker Petrow. Wenn irgendetwas ist, kannst du über ihn Kontakt mit uns aufnehmen.“
    „Wie komme ich denn dorthin?“
    „Na, Bruder, werden wir dich etwa nicht hinfahren, wo du hin musst?“ Der Oberst breitete die Arme aus. „Wofür haben wir denn unseren Panzer?“
    Das beruhigte Dobrynin endgültig.
    „Komm, ich zeige es dir auf der Karte!“, sagte Iwaschtschukin, wobei er sich hinter seinem Tisch erhob.
    Die Karte hing an einer Wand.
    „Da, schau, hier sind wir!“ Iwaschtschukin stach mit seinem dicken Finger in einen roten Punkt, um den herum sich ein dichter hellgrüner Fleck ausbreitete. „Und, siehst du, dort ist Bokajgol!“
    Dobrynin, der dem Finger des Obersten mit den Augen folgte, staunte über die Entfernung, doch er schwieg.
    „Nur Chulajba liegt näher, aber da warst du ja schon!“ Iwaschtschukin breitete resignierend die Arme aus.
    Der Volkskontrolleur nickte.
    Eine halbe Stunde später stand der randvoll getankte Panzer vor dem Eingang zum Stabsquartier. Neben der Kampfmaschine trat ein kleiner Panzersoldat von einem Bein auf das andere.
    Der Urku-Jemze verabschiedete sich herzlich von seinen Soldatenfreunden. Sogar der Fähnrich, der finsterste und ungeselligste unter den hiesigen Soldaten, auch er kam und umarmte Dmitrij Waplachow.
    Dobrynin ging an der Ein-Zimmer-Kaserne vorbei und holte seinen Reisesack.
    Er trat ins Freie, atmete die frostige Luft ein und lief schwankend zu dem Panzer, während er im Gehen den Pelzmantel festzurrte, den Iwaschtschukin ihm geschenkt hatte.
    Auch der Oberst näherte sich, zwei Soldaten im Schlepptau, die eine Kiste mit Flaschen voll Trinkspiritus trugen.
    „Wozu ist das?“, fragte Dobrynin.
    „Das ist Dmitrijs Haushalt!“, antwortete der Oberst. „Das hat er ehrlich beim Kartenspielen gewonnen! Es wird euch unterwegs nützen!“
    Der Abschied war kurz.
    Nachdem sie die Kiste mit den Flaschen im Panzer verstaut hatten, kletterten die Soldaten wieder heraus, darauf stiegen Waplachow, Dobrynin und der Panzersoldat durch die Luke hinunter. Die schwere Maschine dröhnte los, fuhr ab und ließ das Militärstädtchen und seine Bewohner hinter sich zurück.
    In der ersten Zeit fuhren sie schweigend dahin. Der Urku-Jemze war in trauriger Stimmung – man sah, dass er das Militärstädtchen und seine neuen Freunde ungern verließ.
    Dobrynin dachte an die gigantische Größe der Heimat Sowjetunion. Und daran, dass das Herz der Heimat, Moskau, so viel wärmer war als der hohe Norden. Bald hatte er das Schweigen satt, er zog aus seinem Reisesack die Vollmacht auf Dmitrij Waplachows Namen heraus und hielt Dmitrij das Dokument hin.
    Dmitrij strahlte, als er seine Vollmacht durchgelesen hatte.
    „Ich kann jetzt also auch Russe sein?!“
    „Wieso?“, wunderte sich Dobrynin.
    „Wenn ich nun der Gehilfe des Russen
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