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Der Tyrann von Hades

Der Tyrann von Hades

Titel: Der Tyrann von Hades
Autoren: Colin Kapp
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würde ihn früher oder später umbringen. Er fürchtete sich allerdings davor, daß seine Entschlossenheit zerbröckeln würde – wie zuvor, als er der endgültigen Auslöschung ins Antlitz geblickt hatte. Dann würde er sich gierig auf den Pfosten stürzen und sein eigenes Anschlußkabel in den Terminalanschluß einklinken.
    Er wußte, daß er dann überleben würde. Seine künstlichen Körperfunktionen würden von dem mächtigsten Computer des Solaren Universums neu synchronisiert. Die Besserung würde auf der Stelle einsetzen, sein Lebenswille zurückkehren. Er würde von der Schwelle des Todes zurückgerissen und buchstäblich ein neues Leben erhalten. Er verzehrte sich nach einem neuen Leben und hatte die Prozedur schon viele Male durchgestanden, aber nach dem erstenmal hielt etwas seine Hand zurück. Es waren nicht die Schmerzen, die mit der körperlichen Verjüngung einhergingen, sondern die fremden Träume…
    Solange die Kabelverbindung bestand, war jede Facette seines Seins mit Zeus verbunden, dem Computerkomplex, der so mächtig war, daß er den Menschen die Aufgabe aus den Händen genommen hatte, das Solare Universum zu ordnen und auszuweiten. Aber die Verbindung bewirkte weit mehr als die bloße Erneuerung seines körperlichen Zustands: Sein Gehirn verband sich in einer schwindelerregenden Empathie mit der künstlichen Intelligenz der gigantischen Maschine. Auch wenn er Gefahr lief, sich in den Abgründen und leeren Räumen zwischen den gewaltigen Datenansammlungen zu verirren, war er gezwungen, sich geistig auszustrecken und das furchterregendste Wesen überhaupt zu berühren… die künstliche Intelligenz… das Es der Maschine… die Persönlichkeit des gigantischen Computers. Auf diese Weise verbunden, flossen gewaltige, fremde Träume von einem Gehirn bar jedes Fleisches und Blutes in eines, das auf entsetzliche Weise auf eine kontinuierliche Blutzufuhr… Sauerstoff… die Ausscheidung von Abfallprodukten angewiesen war…
    Die letzte der Kontrollampen flammte rot auf, und Land-a wußte, daß ihm nur noch wenige Sekunden für eine Entscheidung blieben. In seinen Ohren hatte bereits ein Pfeifen eingesetzt, das stetig lauter wurde, und nur noch seine eigene, schwächliche Brustmuskulatur hielt seinen flachen Atem in Gang. Das Licht erschien ihm plötzlich unerträglich hell, während sich das Zwielicht in undurchdringliche Dunkelheit verwandelte, und die Schatten des Todes erschienen und schwebten wie dunkle Engel über seinem Kopf. Er blickte auf die Hand, in der er den Stecker hielt, und erschreckte, als er sah, wie weiß sie war und wie sehr sie zitterte. Dann faßte er seinen letzten, bewußten Entschluß, und der Stecker fiel zu Boden. Er hatte sich entschieden, lieber zu sterben als noch einmal die fremden Träume zu ertragen.
    Plötzlich erfaßte ihn Panik mit der Wucht einer explodierenden Bombe. Es war beinahe zu spät für die Verjüngung, aber die Mechanik seines Lebenserhaltungssystems reagierte selbst dann noch, wenn seine Muskeln den Dienst versagten. Mit dem buchstäblich letzten Funken Energie riß er den Stecker hoch und preßte ihn gegen den Terminalanschluß. Noch während die Verbindung zustande kam, verlor Land-a das Bewußtsein.
    Er stürzte in fremde Träume; Träume, die niemals zuvor in einem menschlichen Gehirn abgelaufen waren. Das Universum lag zu seinen Füßen, als ob er Gott wäre, doch es fehlte das göttliche Wohlwollen. Er spürte eine unirdische Leidenschaftslosigkeit und ein Gefühl der Objektivität; einen Verstand, der jedes Bruchstück jedes Vorgangs unter ihm bis ins mikroskopische Detail verfolgte und dem gleichzeitig nicht das Verständnis für das Ganze abging. Wie sonderbar die fremden Phantasien waren, mit ihrem Unterton von Sehnsucht und Verlangen. Es schien, als ob sich die Maschine, die das Solare Universum errichtet hatte, nach etwas Größerem sehnte, mit dem es sein Bewußtsein teilen und bestätigen konnte.
    Dann folgten die schwarzen Träume, die quälenden Unsicherheiten, die Schwächen und Ängste. Wie jede fortgeschrittene Intelligenz wurde dieser gewaltige Intellekt von Selbstzweifeln und Sorgen zerfressen, und inmitten dieser traumatischen Selbstfindung erblickte Land-a den Tyrann von Hades. Zugegeben, Land-a sah ihn aus einer völlig fremdartigen Perspektive, aber er erkannte dennoch die zwingende Realität, die dahinter stand.
    Der in seinem Lebenserhaltungssystem gefangene Prinz hatte keinen Maßstab dafür, wie lange sich diese
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