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Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante
Autoren: Wolfgang Ecke
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höflich, sei ein Kavalier! schnauzte ich mich drohend an.
    „Wer kennt Sie nicht? Sie sind die schöne Dame, der die Memoiren abhanden gekommen sind.“
    „Abhanden?“ fauchte sie, und alles Melodische in ihrer Stimme war wie weggeblasen, und das auf dreißig Jahre geschminkte fünfzigjährige Gesicht verzog sich zu einer bösen Grimasse.
    „Sie wurden meinem Verleger aus dem Auto gestohlen!“
    „Ja, das schrieb man.“
    „Die Polizei war bis zum heutigen Tag nicht in der Lage, den Fall aufzuklären und den Dieb zu fangen.“
    „Traurig, traurig“, nickte ich, und sie:
    „Ihnen scheint die Sache Spaß zu bereiten, werter Meister.“
    „Solange es nicht ernst wird, nehme ich alles von der spaßigen Seite, große Künstlerin.“
    Die „große Künstlerin“ schien sie eine Spur versöhnlicher zu stimmen. Und dann, mit Hinterbliebenenstimme, flüsterte sie:
    „Es ist ernst, Herr Pfiff! Weil ich über zwei Jahre an diesen Erinnerungen gearbeitet habe, muß ich sie wiederhaben.“
    „Man schrieb, daß eine Menge Leute in Ihrem Buch nicht gut wegkämen... Das könnte doch den einen oder anderen gereizt haben, das Manuskript samt Durchschlag zu stehlen. Ist die Polizei diesen Spuren nicht nachgegangen?“
    Ihre Augen blitzten mich an.
    „Ich habe keine Namen preisgegeben. Schließlich könnte ich nicht hundert Leute in Verdacht bringen!“
    Wieder nickte ich, während ich mich insgeheim fragte, was Wanda S. von mir wollte. Und sie muß die Frage in meinen Augen gelesen haben. Sie öffnete ihre Handtasche, und ein Päckchen sympathisch-bunter Scheine mit ernsten Gesichtern und einer Menge Zahlen und Ziffern darauf landete vor mir auf dem Tisch.
    „Dasselbe nach Aufklärung“, sagte sie, und dann hielt sie mir einen mehrfach gefalteten Zettel hin.
    „Das lag heute in meinem Briefkasten.“
    Ich las, staunte und las ein zweites Mal:
    „Wenn Sie Ihr Buch ohne die Seiten 112-127 drucken, erhalten Sie das restliche Manuskript (ohne 112-127) zurück. Andernfalls wird es vernichtet. Wenn Sie einverstanden sind, setzen Sie in die Montagsausgabe der Morgenpost eine Anzeige mit folgendem Text: Ich bin einverstanden.“
    „Warum gehen Sie damit nicht zur Polizei?“
    Wanda S. schüttelte den Kopf.
    „Ich habe die Nase voll von den polizeilichen Ermittlungen.“
    „Wer ärgert sich über die Seiten 112 bis 127? Über wen schreiben Sie da?“
    „Es sind nur zwei Personen: die Gans Helli Vogel und der arrogante Schönling Martin Eicher. Und...“ sie hob die Stimme......beide halten sich zur Zeit in der Stadt auf. Glauben Sie nicht, daß es einen Versuch wert wäre, herauszufinden, ob einer der beiden etwas mit dem Diebstahl zu tun hat?“
    Ich gab dem Geldpäckchen eine neue Heimat und erhob mich. „Nichts kann mich davon abhalten, zwei freundliche Gespräche zu führen. Wo kann ich Sie erreichen, wenn ich geführt habe?“
    „Ich wohne im ,Metropol’. Wann, glauben Sie, kann ich von Ihnen hören?“
    „Vielleicht heute abend, vielleicht auch erst morgen.“

    Wer hätte das gedacht: Ich, Balduin Pfiff, Meisterdetektiv und Buttermilchtrinker, verkehrte plötzlich in prominenten Filmkreisen, war auf der Spur berühmt-berüchtigter Enthüllungen, die dem „Tausendschönchen“ (so nannte man sie vor dreißig Jahren!) Wanda S. abhanden gekommen waren.
    Helli Vogel, die Erstgenannte auf den Seiten 122-127, wohnte im Hotel „Drei Jahreszeiten“, das deshalb so hieß, weil es im Herbst geschlossen blieb. Sie, die Dame aus dem Charakterfach, sollte die Nummer 1 auf meiner Befragungsliste sein.
    Ich suchte die Telefonnummer des Hotels heraus und wählte. Eine Stimme, die nach weichen Betten und reichhaltigem Frühstück klang, meldete sich. Und ich, gewichtig, ernst, fast traurig:
    „Hier ist die deutsche Agentur für Internationale Beziehungen. Bitte verbinden Sie mich mit Frau Helli Vogel, sie erwartet unseren Anruf!“
    „Die gnä’ Frau befindet sich im Augenblick außer Haus. Aber sie ist bestimmt vor 17 Uhr zurück, da sie ein Gespräch aus New York erwartet.“
    „Ich rufe später noch einmal an.“
    Punkt 17 Uhr betrat ich das Foyer der „Drei Jahreszeiten“. Palmen, kostbare Brücken, gedämpfte Atmosphäre, lautlos huschende Livrierte und ein Empfangschef, der der Miene nach früher König von Panama gewesen sein muß. Die Blicke, mit denen er Pinsel registrierte, ließen auf Übung im Umgang mit Vierbeinern aller Schattierungen schließen, und ich bin überzeugt, daß er kein bißchen anders
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