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Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante
Autoren: Wolfgang Ecke
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auf der Stelle auspacken, wie Sie es herausgefunden haben, lasse ich Sie aussteigen und fahre allein weiter.“
    „Das ist Erpressung. Ich beuge mich also der Gewalt...“
    „Halten Sie keine Volksreden“, raunzte Blaumichel, „raus mit der Sprache!“
    „Wie konnte der Wirt wissen, daß unser Lu in roten Kordhosen steckte, wenn er ihn nicht kannte, he?“ Blaumichel schüttelte den Kopf und sah mich eine Spur mitleidig an.
    „Aber das haben Sie ihm doch selbst gesagt!?“
    „Falsch! Ich habe nur von farbigen Kordhosen gesprochen...“

Die Memoiren der Wanda S.

    Ich saß im Park, die Sonne schien warm, und die kleinen polnischen Würstchen schmeckten mir heute besonders gut.
    Pinsel tobte bellend, quietschend, knurrend und japsend mit einer anderen Promenadenmischung herum und schien ganz vergessen zu haben, daß er der seriöse Spurenhund eines Meisterdetektivs war. Neben mir auf der Bank saß eine Frau mittleren Alters, die mit Eifer Salzstangen schnurpste und dabei in einer Zeitung blätterte. Es war eines jener wöchentlich erscheinenden Blättchen, das ausschließlich über Leute berichtete, die entweder ein Krönchen auf dem Scheitel balancierten, oder solche, von denen man behauptete, sie seien Publikumslieblinge. Im Augenblick verschlang sie (neben den Salzstangen) den Bericht über die verschwundenen Memoiren der Wanda S.
    Beim plattfüßigen Kasimir, mir begann die Buttermilch im Magen zu schäumen, wenn ich daran dachte, was wegen der gestohlenen „Enthüllungen“ der Diva schon alles geschrieben worden war. Wen interessierte es schon, daß die schlecht verheilte Blinddarmnarbe der Dame aussah wie ein traurig dreinblickender Regenwurm...
    Es war, als hätte meine Banknachbarin meine Gedanken erraten. Sie tippte mit rotlackierter Fingerkuppe auf die Zeitung und entrüstete sich:
    „Ist das nicht eine Unverschämtheit? Stiehlt man einer so berühmten Frau ihr Lebenswerk... Was wohl alles in den Memoiren drinstand? Was meinen Sie?“
    Sie sah mich mit erwartungsvollen Blicken an. Ich blickte zurück, lächelte und schwieg. Sie rutschte unruhig hin und her, ihre Miene verfinsterte sich.
    „Warum antworten Sie nicht?“
    „Ich verstehe Ihre Sprache nicht, ich bin ein Eskimo!“ Ihre Schrecksekunde dauerte eine halbe Minute, dann sprang sie auf und hastete davon. Pinsels Spielpartner folgte ihr, dabei laut und entrüstet bellend.
    Es war das vorletzte Mal, daß mir die verschwundenen Memoiren der Wanda S. begegneten. Das also war vorgestern.
    Jetzt aber ist heute, und ich tüftelte gerade schwitzend über meiner Steuererklärung, als es laut und aufdringlich klingelte. Pinsel schoß zur Tür. Doch statt zu bellen, schnupperte mein Knorpelfresser den Briefkastenschlitz naß.
    Bei Jussuv, dem Bartzupfer, ich kam mir vor wie im Kino, Parkett, erste Reihe. Vor mir stand, umgeben von einer berauscht machenden Parfümwolke, ein weibliches Wesen. Das heißt, letzteres vermutete ich. Aber warum sollte ausgerechnet vor meiner Tür ein Mann stehen, der als Frau verkleidet war? Einer in Stöckelschuhen, Lederkostüm, Hut, Krokotasche und... jawoll, und Schleier. Ein Schleier, der so dicht war, daß man nicht einmal eine Vermutung haben konnte, ob das Gesicht jung, alt, männlich oder weiblich war. Pinsel nieste. Eine wunderschöne melodische Stimme erklang, zugegeben, sie hörte sich etwas theatralisch an, trotzdem blieb sie melodisch.
    „Ich wollte zu Herrn Pfiff“, sagte die Stimme.
    „Das wird den Balduin Pfiff aber freuen!“ antwortete ich.
    „Würden Sie mich bitte anmelden.“
    „Schon geschehen, bitte schweben Sie herein, Madame, Balduin Pfiff hat eine Vorliebe für Verschleierte!“

    Madame schwebte nicht herein, Madame hämmerte herein.
    „Sch-chrrrr“, knurrte Pinsel erschrocken, als ihre Absätze über die Dielenbretter hackten. Mit wilder Entschlossenheit steuerte sie meine Lieblingssofaecke an und versank darin. Ich setzte mich ihr gegenüber und fragte mittendrauf auf den Schleier:
    „Na, wo quetscht die Sandale?“
    Der Schleier zuckte hoch. „Sie sind Balduin Pfiff?“
    Ich nickte. Und sie:
    „Der Detektiv?“
    Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen, also verbesserte ich:
    „Der Meisterdetektiv!“
    Ihre Hände schossen nach oben, und wie ehemals die Ritter ihre Visiere, klappte sie den Schleier zurück. Und was sah da der kleine, dicke Meisterdetektiv? Er sah vor sich das perfekt geschminkte Gesicht der Filmdiva Wanda S.
    „Sie wissen, wer ich bin?“
    Baldi, sei
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