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Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante
Autoren: Wolfgang Ecke
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feine Rothosenduft... Und jetzt wußte ich, was es war: der Geruch... oder präziser: der Hauch eines Geruchs von gebranntem Kaffee.
    Ich sah verstohlen auf die Uhr. 11 Uhr 25. Der Überfall war also noch nicht einmal fünf Minuten alt. Die rote Hose machte plötzlich zwei Schritte auf mich zu, Pinsels Knurren verstärkte sich.
    „He, du Dickwanst, ich hab dich schon mal gesehen. Wo wohnst du?“ Ich sah mich angestrengt um, schüttelte dann den Kopf und erkundigte mich erstaunt:

    „Du meinst doch nicht etwa mich, Bubi?“
    „Ich meine dich, Opa!“
    „Ja, wirklich? Also, ich bin Wäscheleinenspanner im Hochhaus am Luisenplatz. Warst du schon mal dort?“
    Er schien einen Moment lang darüber nachzudenken, ob es den Beruf des Wäscheleinenspanners gab, stieß dann mit dem Kinn nach mir und versprach mit seiner offensichtlich verstellten Stimme:
    „Eines Tages werde ich dir im Dunkeln begegnen, dann geht’s dir schlecht!“
    „Bis dahin werde ich vor Angst zittern!“
    „Halt endlich das Maul, Lu!“ blaffte der Türposten, und die nach gebranntem Kaffee duftende Rothose zog sich wieder jene zwei Meter zurück. Dabei machte er Zielübungen auf Pinsel.
    „Dafür“, versprach ich ihm insgeheim, „werde ich dir beim nächsten Treffen eine Ohrfeige verpassen, bei der du die Engel nicht singen, sondern schreien hörst, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen.“
    Der Anführer tauchte wieder auf. Nun mit zwei prallgefüllten Plastiktüten. Die beiden Bankbeamten schien er eingeschlossen zu haben. Eine Minute später war der Spuk vorbei...
    Während wir, mehr oder weniger geschafft, auf das Eintreffen der Polizei warteten, schloß ich die Augen und nahm im Geist eine heiße Spur auf. Ja, beim spinnebeinigen Bonifatius, wenn das keine Spur war...

    Kommissar Schlingerl, ein alter Freund meines Freundes Inspektor Schulz, höchstpersönlich, leitete die Ermittlungen in Sachen Bankraub, bei der die drei Spitzbuben DM 289 000,- erbeutet hatten. Als er mich unter den Augenzeugen entdeckte, grinste er fröhlich. Daß es „fröhlich“ war, wußten allerdings nur die Eingeweihten. Für einen, der Schlingert nicht kannte, mußte es aussehen, als würde der Kommissar jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. So grinst eben jeder verschieden.
    Ich erzählte ihm alles, was ich beobachtet und gehört hatte. Daß es sich bei dem Anführer ganz offensichtlich um einen Brillenträger mit Hang zu teurer Kleidung handelte. Einem Hang, der von seinen Komplizen mit Sicherheit nicht geteilt wurde. Nur eines verschwieg ich: den Kaffeegeruch!
    Wie wertlos und irreführend mitunter Zeugenaussagen sein konnten, erlebten wir auch diesmal wieder. Wichtigtuerisch behauptete der Mann, der zuletzt mit der Frau die Bank betreten hatte, daß Lu dunkelgrüne Hosen getragen habe. Jeden Widerspruch wertete er als persönliche Beleidigung und ging mit Stromableserblicken zum Angriff über. Als Pinsel in Höhe seines rechten Knöchels spöttisch nieste, fischte er mit essigsaurer Miene ein Papiertaschentuch hervor und tupfte sich sein Beamtengesicht ab.
    Kurz nach 13 Uhr trafen Pinsel und ich wieder zu Hause ein. Während sich Pinsel sofort über den zurückgelassenen Knorpel hermachte, nippte ich gedankenverloren ein Literchen eisgekühlte Buttermilch weg. Danach griff ich zum Telefon. Minuten später hatte ich den richtigen Mann im Draht. Ich stellte mich zuerst vor und dann meine Frage:
    „Gibt es in unserer Stadt Kaffeeröstereien?“
    „Es gab, eine! Aber denen ist der Platz zu eng geworden, und da sie hier nicht erweitern konnten, haben sie nach Elmbrück verlagert. Es ist die Großrösterei Spaner & Co.“
    „Vielen Dank“, sagte ich und legte auf.
    Bis Elmbrück waren es runde zwanzig Kilometer. Ich holte eine Münze aus der Tasche und erklärte Pinsel, der plötzlich interessiert zu mir aufsah:
    „Zeigt die Zahl nach oben, rufen wir Blaumichel, zeigt sie nach unten, fahren wir mit dem Zug, und bleibt die Münze hochkant stehen, gehen wir zu Fuß!“
    „Wau-Wau!!!“
    Bei Jussuv, dem Bartzupfer, war ich froh, daß wir nicht zu Fuß gehen mußten. 14 Uhr 40 hupte Alfons Blaumichel unten auf der Straße. Ich rief noch schnell Freund Schulz an, bevor wir uns auf den Weg nach unten machten.
    „Ist es sehr eilig, oder kann ich noch schnell tanken?“ wollte Blaumichel wissen.
    „Es ist eilig, aber Sie können trotzdem schnell tanken fahren.“
    Gegen halb vier trafen wir in Elmbrück ein. Ich erzählte Blaumichel, was ich vorhatte, und
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