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Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante
Autoren: Wolfgang Ecke
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Sprache, Mütterchen!“
    „Ihre Ausdrucksweise befremdet mich ungemein. Außerdem steht in Ihrem Mietvertrag...“
    Ich unterbrach sie: „Pssst! In meinem Mietvertrag steht, daß ich nach 22 Uhr keine Gäste mehr empfangen darf. Na also! Die Herde kommt um 18 Uhr, und verschwinden wird sie eine Sekunde vor 22 Uhr. Länger reicht das Bier sowieso nicht.“
    „Aber... dann haben Sie noch was gesagt, Herr Pfiff. Sie wollen in meinem Küchenherd einen…“ sie schluckte, „einen Hund braten.“ Ihre Hand fuhr dorthin, wo der Magen saß.
    Ich nickte kräftig Zustimmung. „Ich lade Sie zum Essen ein. Sie können mir glauben, es wird ein Festmahl. Ich bin nämlich einer der besten Köche in dieser Stadt. Und auf der ganzen Welt gibt es niemanden, der einen ‚Dalmatiner mit angelegten Ohren’ besser zubereiten kann als ich.“
    Sie wankte, und ich schlug mir gegen die Stirn. „Aber, Gnädigste, Sie haben mich reinweg mißverstanden, das ist nicht wirklich ein Hund, das ist ein Hammelbraten

    Also, um ehrlich zu sein: Sie tat mir leid. Richtig und rundherum leid. Aber schließlich konnte ich ja nicht auf halbem Wege stehenbleiben. Das war ich einfach all den armen Tröpfen schuldig, die bisher dem raffinierten Stengelschen Trick zum Opfer gefallen waren.
    Die Kegelbrüder gehörten natürlich nicht zu meinem Bekanntenkreis, sondern zu dem von Inspektor Schulz. Sie versicherten einer wie der andere, mit Feuereifer bei der Sache sein zu wollen.
    Übrigens, ich hab’ die Kegelei auch einmal probiert. Dieser Tag wurde sportlich zum schwärzesten meines Lebens. Um ein Haar hätte ich mit der Kugel eine andere getroffen, nämlich den Kopf von Doktor Bierwein, der an der Nachbarbahn kegelte. Fortan beschloß ich, solcherart niemand mehr in Gefahr zu bringen.

    Schlag 18 Uhr marschierte der letzte Kegler durch die Tür. Wir lachten, scherzten, erzählten uns Schnurren und leerten dabei das Faß Bier, das in Wirklichkeit nur ein Fäßchen war. Frau Stengel ließ sich während der vier Stunden nicht ein einziges Mal weder hören noch sehen.

    22 Uhr 05.
    Ich kam bestgelaunt vom Haustürabschließen und marschierte durch die Wohnungstür, als sie dastand und mich mit leidgeprüften Blicken umfing.
    „Na, Mütterchen, war das nun ein Fest oder nicht? Es ist jetzt“, ich warf mit theatralischer Geste einen Blick auf die Uhr, „fünf Minuten nach zehn, und alle sind weg.“
    „Ich hoffe, daß Ihre Gäste mit ihren Zigaretten keine Löcher in die Tischdecke gebrannt haben…“ Und kopfschüttelnd, die Antwort gar nicht abwartend, wollte sie wissen: „Wo haben die dreiundzwanzig Männer denn alle gesessen?“
    „Auf dem Boden, altes Mädchen. Und einer war dabei, der hat die ganze Zeit auf einem Bein gestanden, hehehehe. Für das andere fand er beim besten Willen keinen Platz mehr.“ Ich tätschelte meinen Bauch und tat geheimnisvoll: „Und wissen Sie, was ich jetzt tue? Jetzt werde ich ein halbes Stündchen Seilspringen. Das bin ich meiner strammen Halbkugel einfach schuldig.“
    „Seilspringen. Jetzt???“ Sie schien mich für total übergeschnappt zu halten. Ich drohte ihr scherzhaft mit dem Finger. „Sagen Sie nicht, der Mietvertrag verbiete das Seilspringen! Ich springe so leise, daß Sie kein Sprüngchen hören. Und da unter meinem Zimmer glücklicherweise ein Laden ist und keine Wohnung, wird auch da keiner belästigt.“ Ich hüpfte einige Male auf der Stelle. „Man muß einfach fit bleiben. Wollen Sie nicht eine Runde mitspringen? Ich habe zufällig zwei Seile im Gepäck.“
    Sie wehrte mit dem Ausdruck größten Entsetzens ab und wandte sich zum Gehen. „He, Alterchen“, rief ich schnell, „da wäre noch etwas, was Sie eventuell interessieren könnte: Für übermorgen habe ich die Kollegen vom Sportverein zum Einstand eingeladen. Alles tadellose Handballspieler. Um mit des Dichters Wort zu sprechen: Zweiunddreißig durchtrainierte Recken. Ja, und am Sonntag kommen dann meine Sangesbrüder. Jaja, Stengelchen, jetzt kommt Leben in die Bude, das freut Sie doch, was? Und morgen besucht mich Pinsel! Sie haben nie einen klügeren Hund gesehen... He, Stengelchen, Alterchen, was machen Sie denn für ein Gesicht?“
    Man sah es Alwine Stengel an, daß in ihrem Inneren ein dramatisches Hin und Her tobte. Sie suchte nach Worten, ihre Lippen bewegten sich, während ihre Hände einen Ringkampf ausfochten.
    „Hm???“ machte ich schulterzuckend und hielt ihr das Ohr entgegen. Und da sie noch immer nicht die richtigen
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