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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
Autoren: Shana Abé
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Antwort. Dies war die große, schwelende Furcht im Stamm: dass ihnen die Gabe genommen würde. Dass ihre Macht verblassen würde.
    »Wir können unser Schicksal nicht zwingen«, fuhr der Marquis nun in bestimmterem Tonfall fort. »Das wissen wir alle. Wir sind, was wir sind. Unsere vordringlichste Sorge ist der äußere Umkreis des Waldes. Es gibt Anzeichen, dass es in letzter Zeit zu Störungen gekommen ist, und zwar nicht durch uns. Fremde dringen in unser Land ein. Christoff hat von Pferdespuren berichtet, die zum Hawkshead-Punkt hinaufführen.«
    »Hawkshead? Aber der gehört uns doch nicht einmal! Was zum Teufel tut der Junge so weit dort draußen? Wir haben Regeln! Er hat die Grenze überschritten!«
    Wieder war da das charakteristische Kribbeln durch den Blick seines Vaters. Kit konnte es nicht verhindern, dass sich seine Lippen zu einem kaum merklichen, höhnischen Lächeln verzogen.
    »Wollen wir uns doch auf die offensichtlichen Dinge konzentrieren«, sagte der Marquis sanft. »Hawkshead stößt an unsere Grenzen. Wenn sich jemand so weit vorgewagt hat …«
    Die Mädchen hatten in dem sanft abfallenden Tal zwischen den Hügeln Rast gemacht und pressten die Hände auf ihre Hüte, denn der Wind war kräftiger geworden. Sonnenlicht brach sich auf fliegenden Locken in der Farbe von Honig und Flachs, Erdbeerrot und Ingwerbraun. Vier Mädchen, die mitten im Grün saßen, lächelten und plauderten. Eine von ihnen hatte ihre Blumen zu Boden gelegt, und der Augustwind zerblies sie zu einem leuchtenden Durcheinander.

    Parrish Grady hieb mit der Faust auf die Armlehne seines Stuhls.
    »Der Junge ist zu wild, selbst für einen Drákon. Er muss gezügelt werden. Das wissen Sie selbst, Mylord.«
    Kit starrte die Mädchen noch eindringlicher an, und seine Augen verengten sich.
    »Danke, Mr. Grady, aber ich trage die Verantwortung dafür, meinen Sohn so aufzuziehen, wie ich es für richtig halte.«
    »Falls er ein Alpha werden sollte …«
    »Da gibt es kein falls «, zischte der Marquis und sprang auf.
    »Und Sie würden gut daran tun, das endlich zu begreifen.«
    Wieder senkte sich Schweigen über das Arbeitszimmer. Einer der Männer räusperte sich nervös, sagte jedoch nichts.
    Auch die Mädchen draußen waren still geworden. Die Erdbeerfarbene wandte ihr Gesicht in den Wind, und die anderen drei taten es ihr nach. Nun erkannte Kit sie. Es waren Fanny und Suzanne, die Töchter des Schmieds, und Liza aus der Mühle. Und Melanie, ihre Anführerin. Melanie mit ihren Apfelwangen und den blütenzarten Lippen. Melanie mit ihrem raschen, klugen Lächeln. Er bewegte sich auf seinem Stuhl und stützte sich beiläufig auf seinen Ellbogen, um besser sehen zu können, was sie taten.
    Himmel, Gras, Wälder... und ein Schatten in den Bäumen. Ein weiteres Mädchen.
    »Da ist noch die Sache mit den Läufern«, wagte eine neue Stimme einen Vorstoß. Sie gehörte zu George Winston.
    »Richtig, die Läufer«, war ein Murmeln überall im Raum zu hören, und der Marquis setzte sich wieder.
    Das Waldmädchen erkannte, dass es bemerkt worden war. Sie stand da wie erstarrt, kleiner als die übrigen vier, und
presste sich gegen den Baumstamm. Kit konnte eine blasse Hand auf der Rinde sehen, die Finger ausgestreckt. Doch ihr Gesicht blieb verborgen.
    Langsam, ganz langsam begann sie, sich zurückzuziehen.
    Melanie hatte sich zu den anderen umgedreht. Sie sprach zu ihnen. Dann nahm sie ihren Hut ab.
    »… genau wie ich gesagt habe. Wir können keine weiteren Zwischenfälle mit Außenstehenden riskieren. Wir hatten großes Glück, den Williams-Jungen zu fangen, ehe er zu weit vorgedrungen war, doch das nächste Mal könnte der Moment gekommen sein, wo es ihm - oder einem anderen törichten, jungen Heißsporn - gelingt, uns zu entkommen. Ich wage kaum daran zu denken, was hätte geschehen können, wenn er es geschafft hätte, die Grafschaft zu verlassen. Ich muss noch einmal mit seinen Eltern sprechen. Und dann mit den Wildhütern, denke ich …«
    Das Waldmädchen hatte kaum einen Schritt gemacht. Vielleicht hatte sie gehofft, die anderen würden nur so tun. Kit aber kannte Melanie besser. Mit unendlicher Vorsicht glitt das Mädchen noch etwas weiter zurück, und da endlich sah Kit ihr Gesicht von der Seite. Es war dieses Mädchen, das dürre, das sich immer von der Menge davonschlich und aus den Schatten herausspähte … Wie war doch gleich ihr Name? Er runzelte die Stirn und versuchte, sie in Gedanken zwischen den verzweigten Sprossen und
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