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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
Autoren: Shana Abé
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nicht fliehen«, sagte Rue so ruhig, wie sie nur irgend konnte. »Versprich es ihm, Zane.«
    »In Ordnung«, würgte der Junge hervor.
    »Ich brauche Ihren Mantel, Tamlane Williams. Sofort!«
    Dieser aber zögerte immer noch, und Rue verlor die Beherrschung.
    »Wollen Sie, dass die anderen uns hier finden und so sehen?«, zischte sie. »Langford wird Sie töten, bevor Sie auch nur geblinzelt haben.«
    Williams schob die Pistole in seinen Hosenbund - es war
tatsächlich eine Pistole! -, schlüpfte aus seinem Mantel und warf ihn ihr zu. Sie hängte ihn sich über die Schultern.
    »Ich wollte immer …«, begann der Läufer, aber dann brach seine Stimme. Er machte eine Pause und räusperte sich. »Ich wollte immer nur allein gelassen werden.«
    »Es tut mir leid«, sagte Rue, und sie meinte es ehrlich.
    »Warum haben Sie das getan?« Qual war in seiner Stimme zu hören. Es war ihr nie bewusst gewesen, wie jung er war. Er war nach ihr verschwunden, und sie hatten sich nie in der Öffentlichkeit getroffen. Aber er war schon fast so lange hier wie sie und dürfte nur wenig älter als Zane gewesen sein, als er aus Darkfrith entkommen war.
    Williams nahm die Pistole wieder aus seinem Bund und umklammerte den Griff. In seiner Weste und hemdsärmelig konnte sie leichter die unnatürliche Steifheit seiner rechten Hand erkennen, die unbeweglich im Handschuh steckte.
    »So sind wir nun mal«, erwiderte sie. Sein gepolsterter Mantel hing schwer über ihren Schultern, und sie hielt die Aufschläge vor ihrer Brust geschlossen. »Wir können dem nicht entkommen. Ich habe hier neun Jahre lang gelebt, ehe sie mich fanden. Aber ich war mir immer bewusst, Tamlane, dass sie mich eines Tages finden würden. Ich denke, dass Sie irgendwo in Ihrem tiefsten Innern, dort, wo Sie sich an die Grafschaft erinnern, das auch gewusst haben müssen.«
    »Nein.«
    Sie ließ sein Leugnen verhallen, ohne darauf zu antworten. Eine weitere Rakete zerbarst. Rue bewegte sich nicht.
    »Lassen Sie den Jungen gehen. Wir können reden, nur wir beide. Wir brauchen ihn nicht.«
    Williams stieß ein unechtes Lachen aus. »Ich kann nicht dorthin zurückkehren. Das muss Ihnen klar sein. Sie werden mich umbringen.«

    »Ich werde mit ihnen sprechen. Ich werde nicht zulassen, dass sie das tun.«
    »Ausgerechnet Sie! Was könnten Sie denn sagen? Ich habe die Angelegenheit immer und immer wieder mit dem Stamm durchgesprochen. Meine Mutter hat gebettelt …« Wieder versagte seine Stimme. Die Pistole begann zu zittern. »Ach Gott, warum haben Sie das bloß getan? Warum sind Sie zu ihnen übergelaufen?«
    Zane hielt seinen Kopf noch immer gesenkt, aber nun schielte er zu Rue und fesselte sie mit seinem fahlen, wolfsgelben Blick. Sie war sich nicht sicher, was er gerade dachte, aber seine Haltung machte es ihr klar. Er bereitete sich auf einen Kampf vor.
    Rue machte vorsichtig einen kleinen Schritt nach vorne; sie wollte nicht, dass Zane sich bewegte. »Ich dachte, ich könnte mir damit meine Freiheit erkaufen. Der Rat verlangte mindestens einen von uns beiden, und zum damaligen Zeitpunkt war ich mir sicher, dass Sie das sein sollten. Jetzt bedauere ich das. Ich habe begriffen … es spielt keine Rolle. Bedauern, Gewissensbisse, alle Entschuldigungen der Welt.« Rue machte noch einen Schritt. »Sie benutzen ein Kind als Schutzschild. Ist Ihnen das nicht klar? Sie können hier nicht bleiben. Sie sind eine Gefahr für sich selber und für den Stamm. Sie müssen mit nach Hause kommen.«
    Eine besonders grelle Explosion ließ den Himmel jenseits der Bäume hell werden. Der harte Schatten des Laubs senkte sich über Rue, Zane und den Läufer und tauchte die Borkenstücke, das Gras und die Steine in gleißendes Licht, ehe diese wieder in der Schwärze versanken.
    »Ich werde nicht mitkommen«, stieß Williams hervor. »Sie verstehen das nicht.«
    »Um ehrlich zu sein, ich verstehe es sehr wohl.«

    »Für Sie ist es so leicht. Sehen Sie sich an. Aber wenn man anders als die Übrigen dort ist, wenn man schon von Geburt an anders ist - wenn man arm und sonderbar ist, wenn man nicht so denkt wie der Rest von ihnen -, die Dinge, die sie einem dann antun …«
    »Erklären Sie es ihnen«, erwiderte sie. »Erklären Sie ihnen, wie sehr sie im Unrecht sind.«
    Zitternd holte er Atem. »Gott bewahre. Ich würde es lieber jetzt hier beenden.«
    »Wenn das Ihr Wunsch ist«, sagte Christoff, der geräuschlos zwischen den Blättern hervortrat. »Ich kann das sicherlich für Sie
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