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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
Autoren: Shana Abé
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zusätzlicher Kapuzenumhang«, bot der Mann an.
    »Ja, gut«, erwiderte Christoff und wandte sein Gesicht direkt in Rues Richtung.
    Sie zog sich zurück, floh, so schnell sie es wagte, vorbei an den Bäumen und wurde eins mit der undurchdringlichen, tintenschwarzen Nacht.
     
    Eine der Scheiben ihres Schlafzimmerfensters war zerbrochen, das Glas zerschlagen. Bedeutsamer aber war, dass das Fenster selbst offen stand und den Wind hineinließ, der nun, kurz vor Sonnenaufgang, aufgefrischt war.
    Kit sah es als eine Einladung an. Es war höchst unwahrscheinlich,
dass sie einfach vergessen hatte, das Fenster zu schließen.
    Er fand sie auf ihrem Bett sitzend, die Beine hochgezogen und die Bettdecken über ihre Füße gelegt. Sie trug ein Hemd, sonst nichts. Sie musterte ihn mit ernstem Blick, als er Gestalt annahm; ihr Gesicht war umrahmt von zerzausten Haaren, ihre Augen betrachteten ihn von oben nach unten, nur ein Mal, dann senkte sie ihren Blick und starrte auf ihre Knie. Auf der Kommode stand eine Vase mit frischen Rosen, und ihr Duft erfüllte das Zimmer.
    »Ich habe nicht gepackt«, sagte Rue.
    »Das sehe ich.«
    »Und du schuldest mir ein neues Kleid«, fuhr sie fort, immer noch mit Blick auf ihre Knie. »Das grüne war mein Lieblingskleid. Ich würde es gerne hier ersetzen lassen.« Sie verzog ihren Mund. »Es gibt keinen Modiste in Darkfrith, bei dem ich gerne Stammgast wäre.«
    »Wir stehen doch wohl ein bisschen jenseits vom Rand der feinen Gesellschaft.«
    »Das ist mir durchaus bewusst«, erwiderte sie düster.
    Christoff ging zu den Rosen hinüber. Sie waren rosafarben und korallenrot und erinnerten ihn an ihre Lippen. Er berührte eine, fühlte die festen, seidigen Blütenblätter, und während er die Augen schloss, stellte er sich vor, dass er stattdessen sie anfasste.
    »Wirst du es dort so sehr hassen?«, fragte er.
    Als sie nicht antwortete, blickte er hoch, erst auf das Spiegelbild von Farben und Himmel auf der Fensterscheibe, dann zurück zu ihr. Sie hatte ihr Kinn gesenkt, sodass ihr Haar nach vorne gefallen war, ein dunkler Schleier über ihren Wangen. Ihre Finger umklammerten ihre bloßen Arme und waren beinahe blutleer.

    »Ich habe den Läufer nicht umgebracht«, sagte er.
    »Habe ich gesehen.« Ihr Griff lockerte sich ein wenig. Sie fuhr sich mit ihren Handflächen die Schienbeine hinab. »Die Pistole war nicht geladen. Ich habe es überprüft, um sicher zu sein.«
    »Trotzdem hat er dich bedroht, Rue.«
    »Hättest du in seiner Lage anders gehandelt?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er ehrlicherweise. »Ich konnte mir nie den Luxus leisten, die Dinge zu hinterfragen.«
    Dafür hatte sie keine Antwort parat, und sie ärgerte sich deswegen. Sie zog ihr Hemd straff über ihre Beine, blickte finster hinunter und ließ es wieder los. Sie wollte ihn nicht ansehen, weil alles, was sie dann vor Augen haben würde, Kit wäre, der goldblonde Kit, nackt und warmherzig lächelnd. Und dann würde sie es ihm leicht machen, weil sie sich nicht würde beherrschen können. Er würde sie mit süßen Worten und Küssen überschütten, wie sie es sich in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatte, und sie würde dahinschmelzen wie Schnee in der Sonne. Aber sie wollte nicht, dass er so leichtes Spiel hatte. Er war dabei, ihr etwas Wertvolles zu nehmen, gleichgültig, wie viel er ihr als Ausgleich anbot, und sie wollte nicht, dass es leicht war.
    »Rue-Liebling … ich gebe dich frei.«
    Es dauerte einen Moment, bis die Worte ihren Weg in ihr Gehirn gefunden hatten. Ungläubig blickte sie auf. »Was hast du eben gesagt?«
    »Ich gebe dich frei, Rue Hawthorne.« Er warf ihr einen Blick zu, den sie nicht deuten konnte, kühl und verschwommen vor dem Hintergrund des helleren Fensters. »Du bist nicht länger gebunden.«
    Einen Augenblick lang starrte sie ihn nur an. Irgendwo draußen begann ein Hund zu bellen.

    »Soll das ein Scherz sein?«
    »Nein.«
    »Was sagst du da?« Sie setzte sich aufrechter hin und spürte Zorn in sich aufsteigen.
    »Du sagst, dass ich frei bin? Und ich muss nicht nach Darkfrith zurück?«
    »Ja.«
    »Oh - sehr amüsant, Lord Langford. Ich soll also glauben, dass der Rat mir vergeben hat? Dass nach allem, was passiert ist, diese verrückten alten Männer mir nur ein herzliches Adieu wünschen?«
    »Der Rat«, sagte er mit mildem Lächeln, »wird das tun, was ich sage. Schließlich ist das unsere Natur. Nebenbei gesagt: Keiner von ihnen weiß, wo du lebst, und ich werde es ihnen ganz
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