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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)
Autoren: Barbara Krohn
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du das sagst, fällt mir ein, daß ich vor einer Woche im Büro die Dateien nach Abbildungen durchgegangen bin, um sicherzugehen, daß die Statue bei Jean auch wirklich die aus der Villa Cecilia in Portici ist, weißt du noch …«
    Marlen erinnerte sich vage.
    »… und da kam Roberto ins Zimmer und fragte, ob die Datei wieder auf getaucht ist …« Livia schnippte mit den Fingern. »Natürlich! Wieso ist mir das nicht eher aufgefallen. Augenblick.« Sie stürzte zum Telefon.
    »Das ist es«, rief sie, als sie zurück ins Zimmer kam. »Wir haben ihn. Ich habe gerade mit Pepe gesprochen, das ist der Kollege aus der Finanzabteilung, der mir immer hilft, wenn irgend etwas mit dem Computer schief läuft. Er hat mir auch damals geholfen, als die Dateien verschwunden waren. Und er hat mir versichert, daß er darüber mit niemandem auch nur ein einziges Wort gesprochen hat. Vor allem nicht mit Roberto, zu dem er ein angespanntes Verhältnis hat und mit dem er von sich aus nur das Nötigste spricht«, sagte sie. »Und weißt du, was das bedeutet? Das bedeutet, daß Roberto gar nicht wissen konnte, daß die Datei verschwunden war. Es sei denn…«
    »… er hat sie selbst verschwinden lassen«, ergänzte Marlen.

46
    Die letzte Sitzung, hatte die Malerin gesagt. Die Tabakfrau spürte, daß sie traurig, froh und wütend zugleich war. Porträt zu sitzen hatte ihr wider Erwarten gutgetan. Nie war sie sich selbst so nahe gewesen.
    So schlank würde sie allerdings nie werden, dachte die Tabakfrau mit Blick auf die Frauen auf dem Paravent in ihren türkisfarbenen, dunkelroten, weißen Kimonos, hinter dem sie nun verschwand. Sie verspürte kein Bedauern. Ich will keine andere Figur als meine eigene, dachte sie weiter, kein in zu enge Kleider gezwängtes Fleisch. Und wenn ich weiterhin so abnehme, muß ich mir jeden Monat neue Kleider kaufen. Ein teurer Spaß, aber was für ein Spaß. Mir wird alles zu weit. Die Welt wird weiter. Da soll noch mal jemand kommen und sagen, daß sich sowieso nichts verändern läßt. Ich lasse meine Sachen ändern, bei Vinsk , einer der letzten alteingesessenen Schneidereien in Neapel, die von den Damen der sogenannten besseren Gesellschaft frequentiert wird – und nun auch von mir. Außerdem werde ich mir morgen solch einen dunkelroten Kimono kaufen, oder einen türkisfarbenen…
    »Suchen Sie die Musik aus«, sagte Livia wie schon bei der vorigen Malsitzung. Sie wirkte immer noch ein wenig zerstreut und ging in die Küche, um etwas zu trinken zu holen. Die Tabakfrau zog eine der unordentlich auf einem Haufen liegenden Kassetten hervor und steckte sie in den Kassettenrecorder. Es würde schon das Richtige sein. Bisher hatte Livias Musik ihr immer gefallen. Sie drückte auf die Starttaste.
    » … interessiert sich eine deutsche Zeitung für den Tod meines Mannes ?« erklang eine weibliche Stimme in beinahe akzentfreiem Deutsch. » Sie sprechen deutsch ?« sagte eine andere weibliche Stimme.
    Die Tabakfrau blieb wie erstarrt stehen. Sie kannte diese Stimmen, beide Stimmen, auch wenn sie eine Sprache sprachen, die sie nicht verstand.
    » Sie haben meine Frage nicht beantwortet «, fuhr die erste Stimme, nun auf italienisch, fort. » Und da ich Ihnen vermutlich noch viele Fragen beantworten soll, dachte ich, auch ich hätte eine Frage gut .«
    » Natürlich «, sagte die zweite Stimme. » Ich schreibe unter anderem für die ›Frankfurter Rundschau‹ und für die ›Wochenpost‹ und bin interessiert an… «
    Die Tabakfrau ließ sich auf den Stuhl sinken, schloß konzentriert die Augen und rief die Situation in sich wach, in der sie die erste der beiden Stimmen schon einmal gehört hatte. Erst als die Malerin mit klapperndem Tablett hereinkam, schrak sie zusammen und öffnete die Augen.
    Livia blieb ihrerseits mit offenem Mund mitten im Atelier stehen und starrte die Tabakfrau an, ging dann zum Kassettenrecorder und wollte auf die Stoptaste drücken.
    »Nein, nicht!« rief die Tabakfrau erregt und erhob sich. »Bitte, lassen Sie das an. Diese Stimme kenne ich.«
    »Das ist Marlen«, sagte Livia. In dem Moment setzte ihre eigene Stimme ein. Dann die Stimme Fiorillas. Nicht zu fassen. Das war das Band mit dem Interview, das sie und Marlen mit Fiorilla Cacciapuoti geführt hatten. Wie zum Teufel war es in den Kassettenrecorder gelangt?
    »Die Kassette lag obenauf«, sagte die Tabakfrau zur Entschuldigung. Ihre Stimme zitterte. »Ich habe sie eingelegt. Ich dachte, es wäre eine Musikkassette. Aber –
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