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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)
Autoren: Barbara Krohn
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Augenblick lang verschwammen die Gezeiten, und sie erblickte ihren Ehemann, wie er vor über zwanzig Jahren – genau wie Umberto vor wenigen Wochen – mit ihr im Boot hinausgerudert war, spürte erneut sein Männergewicht auf ihrem runden Körper und den Haß, der sich damals in ihr aufzutürmen begann und reichen würde, um eine ganze Kompanie Männer zu ermorden – nur daß es dazu nie gereicht hatte, nie dazu gekommen war, und hoffentlich nie kommen würde, jetzt nicht mehr, denn jetzt war sie sich selbst so dicht auf den Fersen, daß sie sich mühelos berühren konnte.
    Die Tabakfrau berichtete weiter. Nach vielleicht zwanzig Minuten waren die Frauen stehengeblieben. Sie hatte sich näher herangeschlichen, Namen auf geschnappt, Namen europäischer Städte, einmal wurde auch New York genannt. Es ging, das hatte sie jedenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt verstanden, um irgendwelche Objekte, die irgendwohin verschickt werden sollten, und um andere, bei denen man noch warten mußte, bis eine Anfrage kam. Die eine Frau, die vorher Vorwürfe erhoben hatte und offenbar ängstlicher und weniger skrupellos war als die andere, hatte vorgeschlagen, nach einem anderen Depot zu suchen, was die andere Frau – die vom Kassettenrecorder – strikt abgelehnt hatte. Das unterirdische Neapel sei weit verzweigt, hatte sie gesagt, die Polizei würde nie auf die Idee kommen, die Gänge abzusuchen, allerhöchstens im Umkreis von zehn bis maximal zwanzig Metern.
    Es hatte eine Weile gedauert, bis die beiden Frauen mit dem fertig waren, was auch immer sie in diesem geheimnisvollen Depot taten. Die Tabakfrau hatte in dem Zwiespalt gesteckt, ihnen folgen zu müssen, um zu wissen, wo sich ein Ausgang aus dem unterirdischen Labyrinth befand. Andererseits wollte sie unbedingt mit eigenen Augen sehen, was in dem geheimnisvollen Raum versteckt wurde. So war sie auf die Idee verfallen, mit dem schönen neuen roten Lippenstift Kreuze an die Wände zu malen, um auf diese Weise später den Weg wiederzufinden. Außerdem war es nicht weit gewesen bis zur nächsten Treppe, die ans Tageslicht führte. Die Lippenstiftmarkierung hatte wunderbar funktioniert. Und als die Tabakfrau später denselben Weg zurück an die Oberfläche genommen hatte, war die Tür am Ende der Treppe zum Glück nicht verschlossen gewesen. Eine Frau in Schürzenkleid, die mit ziemlicher Sicherheit nicht mit einer der beiden Frauen identisch war, hatte gerade die Treppe im Treppenaufgang geputzt.
    Daß die Tabakfrau selbst bereits bei diesem ersten Mal zwei Gemälde an sich genommen hatte – das eine, weil es ihr auf Anhieb so gut gefiel, das zweite, um es in bare Münze umzusetzen und fortzugehen aus Neapel – das alles behielt sie wohlweislich für sich.
    Marlen und Livia waren auch so bereits perplex. »Wissen Sie noch, in welcher Straße das war?« fragte Livia aufgeregt.
    »Via Cavallerizza«, sagte die Tabakfrau.
    Marlen und Livia warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu. Dem Bericht der Tabakfrau war zu entnehmen, daß sich, ganz wie sie vermutet hatten, unter der Erde das Lager der Kunsträuber befand, in dem offenbar überwiegend Gemälde und Skulpturen, aber auch liturgische Objekte aufbewahrt wurden, bis sich ein Käufer fand, beziehungsweise ein Weg, die Werke außer Landes zu schaffen.
    »Dann sind Sie eine wichtige Zeugin«, sagte Marlen nachdenklich. »Wenn Sie sich bezüglich dieser Tonbandstimme ganz sicher sind – und Stimmen sind auf Band oft verzerrt, aber meine haben Sie ja schließlich auch erkannt, dann haben Fiorilla Cacciapuoti und Agnese di Napoli Umberto umgebracht…«
    »Oder es war Fiorilla allein«, unterbrach Livia sie. »Du hast ja gehört: Agnese hat ihr Vorwürfe gemacht.«
    »Möglich«, sagte Marlen langsam. »Aber was ist mit Salvatore?«
    »Wer ist Salvatore?« fragte die Tabakfrau. »Und woher kennen Sie Umberto und seine Frau und diese andere Frau, die Sie Agnese nennen?«
    Die Tabakfrau hatte recht. Sie hatte nach dieser offenherzigen Berichterstattung Anspruch auf den Rest der Geschichte. Marlen und Livia erzählten abwechselnd, wie sie in die Sache hineingeschlittert waren: angefangen bei der Begegnung Marlens mit Salvatore und der Entdeckung des toten Umberto über das Gespräch mit Fiorilla und den Verdacht, einige gestohlene Kunstwerke schmückten das Schlafzimmer der Cacciapuoti, bis hin zur Vermutung, die Spur des Kunstdiebstahls führe in das Labyrinth unter der Stadt. Schließlich war auch noch Salvatore tot aufgefunden worden,
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