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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut
Autoren: Colin Cotterill
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für dich. Jede Frau, die bereit ist, in diesem Kleid vor die Tür zu gehen, nur weil du so nett warst, es ihr zu kaufen, muss dich sehr lieben.«
    Sein Gesichtsausdruck wechselte von Verwirrung zu reiner Freude. Er lachte, und ich drückte ihn auf einen Stuhl. Opa Jah mixte ihm einen Drink. Als Mair und sein Mädchen wiederkamen, waren sie beste Freundinnen. Wahrscheinlich kannten sie beide dieselben alten Popsongs, verwendeten dieselbe Arthritis-Creme. Aber vielleicht bin ich nur gemein. Arny stand auf, um seine Liebste in Empfang zu nehmen. Sie trug ein hübsches, glänzendes Top, das ihre gebräunten Schultern zeigte, und figurbetonte Hosen. Offenbar hatte sie sich auch nach ihrer aktiven Zeit nicht gehen lassen. Ich fand sie selbst ganz attraktiv, aber das hätte ich Eds Schwester gegenüber niemals zugegeben. Sie hieß – wie man uns mitteilte – Kanchana Aromdee, Spitzname Gaew, und sie war eine der interessantesten Frauen, der ich in einem Leben voller Begegnungen je begegnet war. Sogar Opa Jah fand Gefallen an ihr. Sie unterhielt uns mit ihren Anekdoten und lauschte aufmerksam den unseren. Und die ganze Zeit hielt sie Arnys Hand und lächelte ihn von der Seite an, wenn er sprach.
    Von unserem Whisky war nur noch ein Fingerbreit übrig. Wir hatten gegessen, und die Zeit war nur so verflogen, aber trotzdem schien niemand nach Hause gehen zu wollen. Befeuert vom Geschmack des Whiskys auf ihren Lippen gab Mair einige ihrer zweideutigeren und haarsträubenderen Geschichten zum Besten. Hin und wieder entfuhr ihr ein Fluch, was die Zensur in Form von Opa auf den Plan rief und Fassungslosigkeit auf den billigen Plätzen auslöste. Wir sprachen über unser Gulf Bay Lovely Resort und wie wir das Glück wenden, wie wir es schaffen konnten, in sechs Monaten zum Club Med am Golf zu werden. Zwischendurch bekam Chompu einen Anruf von Major Suvit, der ihm mitteilte, dass Mika Mikata tatsächlich mit ihrem eigenen Reisepass in Thailand eingereist war, um an einem internationalen Foto-Symposium in Haad Yai teilzunehmen. Unser Pak Nam lag fast auf den Punkt genau direkt zwischen Haad Yai und Bangkok. Wir tranken auf Opa Jah und ernannten ihn für den Abend zum Police Major General ehrenhalber. Chompu ließ ihn seine Mütze tragen. Gaew malte ihm mit Lippenstift ein Abzeichen auf sein korallenweißes Unterhemd, und er wehrte sich nicht.
    Es war schon fast Mitternacht, als ich den Anruf bekam, auf den ich gehofft hatte. Ich taumelte zum Wasser, um den Lärm der Party hinter mir zu lassen. Ich setzte mich in den Sand und lauschte. Ich hörte, wie man mich rief, ich solle wieder an den Tisch kommen, aber ich ignorierte sie. Krebse taxierten mich, aber es war mir egal. Ich lauschte und weinte und bedankte mich und kehrte an den Tisch zurück, wo Gaew gerade eine todsichere Grifftechnik am Lieutenant demonstrierte. Mair fragte mich, wieso ich geweint hatte, und alle Aufmerksamkeit wandte sich mir zu. Während des Essens waren wir kurz auf die Ermordung des Abts und die darauf folgenden Ermittlungen zu sprechen gekommen, und jetzt hatte ich das, von dem ich hoffte, dass wir damit zum entscheidenden Schlag ausholen konnten.
    Durch undurchdringliche Firewalls und unsichtbare Wurmlöcher … und diverse andere Fachbegriffe, die ich nicht verstand, war Sissi in Mika Mikatas Website eingedrungen. Dort hatte sie eine grausige Galerie von Morden gefunden, die sich als Kunst ausgaben: der Swimmingpool-Mord an dem Arbeiter mit dem orangefarbenem Helm auf Guam; ein Unterwassermord am Great Barrier Reef inmitten farbenprächtiger Korallen und anderen Meeresgetiers; der Vogelhausmord in Taiwan; und die erst kürzlich gepostete Ermordung eines Abts in Thailand. Im beigefügten Blog stand irgendein kunstsinniger, pseudopoetischer Quatsch über das Schicksal. Ein umkringelter Ort auf der Karte. Eine vage Ahnung, dass das Orange der Mönche nach ihr rief. Dass ihre Seele und der Spleen mit dem orangefarbenen Hut schließlich die perfekte Leinwand für ihre Kunst bildeten. Mika Mikata war geliefert. Die Familie Juree hatte sich ihre erste Kerbe verdient.
    Als ich in dieser Nacht die Details in meine Story einfügte, nahm ich mir einen Moment, über das Opfer nachzudenken. Abt Winai hätte es zweifellos als sein Karma betrachtet. Wahrscheinlich hatte er den Augenblick schon während der Meditation vorausgesehen, war den Blumenpfad entlanggelaufen, genau in dem Moment, als Mika Mikata in ihrem Mietwagen vorüberkam. Vermutlich wusste er es schon,
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