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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer
Autoren: James P. Hogan
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mit den Studien und Experimenten zu beschäftigen, die auf seine eigenen Launen zurückzuführen waren oder den Erfordernissen seiner Forschungen entsprachen. Der Titel, den man ihm gegeben hatte, war ein wenig irreführend: In Wirklichkeit war er die Abteilung Theoretische Studien. Es war ihm gelungen, eine klare Einordnung seiner Position in die Direktionshierarchie des Unternehmens zu vermeiden. Abgesehen vom Geschäftsführer Sir Francis Forsyth-Scott unterstand er keinem Vorgesetzten, und er hatte es auch nicht nötig, Untergebenen gegenüber zu prahlen. Im Organisationsdiagramm der Gesellschaft stand das Kästchen ›Theoretische Studien‹ allein und abseits der Stablinienverbindungen, so als sei es nachträglich hinzugefügt worden. Im Innern des Kästchens stand nur ein einzelner Name: Dr. Victor Hunt. Das war es, was er mochte – eine symbiotische Beziehung, in der Metadyne ihm Geräteausstattung, Anlagen, Service und das Geld, das er für seine Arbeiten brauchte, zur Verfügung stellte. Andererseits überließ er Metadyne erstens das Prestige, eine weltweite Kapazität auf dem Gebiet nuklearer Infrastruktur auf den Lohnlisten zu führen, und lieferte zweitens – was aber ganz sicher nicht von zweitrangiger Bedeutung war – einen beständigen Ideenstrom.
    Gray war der Ingenieur. Er war das Sieb, das den Ideenstrom filterte. Er hatte die besondere Fähigkeit, jene Prachtstücke unter den noch nicht ganz ausgegorenen Ideen ausfindig zu machen, die ein Verwendungspotential besaßen. Er verwandelte die Ideen in entwickelte, getestete, absatzfähige Produkte und Produktverbesserungen. Wie Hunt hatte er die Tücken und Gräben der pubertären Unvernunft unbeschadet überstanden und war als Mittdreißiger, unverheiratet zwar, aber glücklich, wieder zum Vorschein gekommen. Er teilte sich mit Hunt die Begeisterung für die Arbeit, als Gegengewicht dazu einen gesunden Widerwillen den meisten Todsünden gegenüber und sein Adreßbuch. Alles in allem kamen sie gut miteinander aus und waren ein fähiges Team.
    Gray nagte an der Unterlippe und rieb das linke Ohrläppchen. Er nagte immer an der Unterlippe und rieb das linke Ohrläppchen, wenn er zu fachsimpeln begann.
    »Eine Ahnung, was los ist?« fragte er.
    »In dieser Borlan-Sache?«
    »Mhm-hm.«
    Hunt schüttelte den Kopf, bevor er sich eine Zigarette anzündete. »Keinen blassen Schimmer.«
    »Nun ... Angenommen, Felix hat ein heißes Ding in Sachen Skop-Verkauf aufgetan ... vielleicht hat er einen dieser dicken Yankee-Kunden angespitzt. Und jetzt plant er so 'ne Superdemo oder was in der Art.«
    Hunt schüttelte erneut den Kopf. »Nein, Felix würde nicht wegen so was Metadynes Kosten in die Höhe treiben. Nun, wie dem auch sei, es ergibt keinen Sinn. Im Normalfall wird der Kaufinteressierte dorthin geflogen, wo sich das Skop befindet, und nicht umgekehrt.«
    »Mmmm ... Ich nehme an, so ähnlich verhält es sich auch mit der anderen Idee, die mir gekommen ist – eine Art Blitz-Teachin für alle IDCC-Angestellten.«
    »Stimmt, da läuft's genauso.«
    »Mmmm ...« Als Gray erneut sprach, hatten sie weitere zehn Kilometer zurückgelegt. »Wie ist das überhaupt mit der Überführung? Das ganze Skop ist verdammt groß – und Felix will, daß es in die Staaten geschafft wird.«
    Hunt dachte über diese Vermutung nach. »Ich glaube, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er achtet Francis zu sehr, um eine solche Kraftprobe wirklich durchzuziehen. Er weiß, daß es bei Francis gut aufgehoben ist. Außerdem, das ist nicht seine Art – diese Heimlichtuerei, meine ich.« Hunt schwieg, um eine blaue Dunstwolke auszuatmen. »Allerdings glaube ich auch, da tut sich etwas hinter den Kulissen, von dem wir noch nichts ahnen. Ich hatte den Eindruck, daß nicht einmal Felix ganz sicher war, worum es eigentlich geht.«
    »Mmmm ...« Gray dachte noch etwas länger nach, bevor er seinen Ausflug in die Sphären deduktiver Logik fortsetzte. Er betrachtete die immer weiter anwachsende Strömung aus menschlichen Leibern, die in Richtung C-Deck-Bar wogte. »Mein Magen ist auch ein bißchen durcheinander«, bekannte er. »Ich fühle mich, als hätte ich gestern abend die Bierkiste mit runtergespült. Kommen Sie, lassen Sie uns einen Kaffee trinken.«
     
    In dem sternübersäten, samtenen Schwarz des Alls einige tausend Kilometer höher beobachtete der Kommunikationssatellit Sirius Vierzehn mit kalten, allwissenden elektronischen Augen den Skyliner, der über die marmorierte
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