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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Autoren: Alexandra Grote
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selbst zwar keine Jungen. Doch angesichts der enormen Geldspenden für seine Einrichtung war ihm das Schicksal eines Waisenjungen, nach dem niemand fragte, offenbar völlig gleichgültig.
    So gleichgültig, dass er nicht davor zurückschreckte, einen Jungen als vermisst zu melden, der ihm anvertraut worden war und den er selbst an seine Peiniger ausgeliefert hatte.
     
    Eine Minute später erreichte LaBréa die Stelle, wo der schmale Gang von dem etwas breiteren abzweigte. Gebückt hastete er voran. Die Decke war so niedrig, dass er schon nach wenigen Metern mit dem Kopf dagegenstieß. Das würde eine kräftige Beule geben, doch egal, hier ging es um Leben und Tod.
    Jetzt wurde der Lichtstrahl der Taschenlampe etwas schwächer. LaBréa hoffte inständig, dass sie nicht ausfiel. Nach etwa fünfzig Metern endete der Gang in einem Rondell, dessen Decke sich ein wenig höher wölbte. Auf der feuchten Erde bemerkte LaBréa eine notdürftige Lagerstatt. Ein paar alte Decken lagen da, daneben stand ein angeschlagener Teller mit einem Kanten Brot. In einer Art Hundenapf befand sich ein Rest Wasser, eine trübe, schmutzige Brühe. An einem Haken an der Wand hing ein Seil. Es war schmutzig, dennoch erkannte LaBréa die weißblaue Farbe. Ein Seglerseil aus Nylon. Von der gleichen Art wie das, mit dem der tote Junge aus der Seine gefesselt worden war. Gleich daneben stand ein Blecheimer, aus dem es bestialisch stank. Er war bis zum Rand voll mit Fäkalien.

    LaBréa nahm den Brotkanten, er war halb verschimmelt.
    Es gab keinen Zweifel: Hier war Joseph Croix gefangen gehalten worden. In der ewigen Dunkelheit eines feuchten Gewölbes, bei Wasser und Brot, angebunden wie ein Stück Vieh, damit er nicht davonlaufen konnte. Wohin hätte er schon flüchten können? In die Finsternis des unterirdischen Gangsystems, aus dem er nicht entkommen wäre. So oder so hätten seine Peiniger ihn wieder eingefangen. Vermutlich hatten sie ihn nur angebunden, weil es Teil ihres Rituals war, ihres sadistischen Machtspiels mit einem unschuldigen, jungen Leben.
    LaBréa blickte sich um. Der Gang setzte sich fort, und LaBréa folgte ihm. Kurz danach stieß er zu seiner völligen Überraschung auf eine Steintreppe, die nach oben führte. Er hielt inne und lauschte angestrengt. Erklang da nicht die Choralmusik aus der Kirche? Er hörte das Rauschen seines eigenen Blutes im Ohr und versuchte, sich zu konzentrieren. Nein, er täuschte sich nicht. Das war die Musik, die vor wenigen Minuten wie von Geisterhand angeschaltet worden war, als er durch den Luftschacht geblickt hatte.
    Erneut musste er sich unterhalb der Klosterkirche befinden.
    Vorsichtig schlich er die Stufen hinauf, die nach einer ersten Biegung in eine kleine Wendeltreppe übergingen. Er stieg sie empor und erreichte eine kleine Tür. Sie war mit zwei wuchtigen Eisenriegeln versehen, die nach rechts geschoben waren: Die Tür war nicht verschlossen. Mit ziemlicher Gewissheit führte diese Tür in die Apsis. Auf diesem Weg war der Junge in die Kirche gebracht worden.

    Deutlich vernahm LaBréa jetzt die Musik. Es gab keine Möglichkeit, ins Kircheninnere zu blicken. Was geschah dort in diesem Moment? Hatten die Männer ihr grausames Ritual bereits begonnen? Was machten sie mit Joseph Croix?
    LaBréa eilte die Stufen ein Stück hinunter und fingerte sein Handy aus der Tasche. Wie durch ein Wunder hatte er plötzlich ein ganz schwaches Funksignal. Er drückte eine Kurzwahlnummer und presste den Hörer ans Ohr. Nach einer Weile vernahm er ein leises Freizeichen. Er konnte sein Glück kaum fassen und ballte voller Anspannung die Faust.
    »Ja?«, meldete sich wie von weit her eine Männerstimme.
    »Hier LaBréa. Ich bin in einem unterirdischen Gang unterhalb der Kirche. Sie haben einen kleinen Jungen zum Altar geschafft.«
    Es rauschte in der Leitung. LaBréa verstand nur Wortfetzen, doch er erkannte die Stimme von Major Tourin, dem Einsatzleiter des SEK.
    »… hat uns Franck schon … unterwegs zur Kirche … Zugriff … zwei Minuten …«
    »Okay«, sagte LaBréa leise und hoffte, dass Tourin ihn hören konnte. »Ich warte, bis ihr hier seid und stoße dann dazu.«
    Ein Stein fiel ihm von der Seele. In wenigen Minuten war dieser Alptraum endlich zu Ende. LaBréa lief wieder nach oben, legte sein rechtes Ohr an die Tür und lauschte.

31. KAPITEL
    A uf einmal ging alles sehr schnell.
    Von irgendwoher vernahm er dumpfe Geräusche. Das Splittern von Holz und Glas. SEK und Polizei drangen offenbar von
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