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Der Tote im Kofferraum

Der Tote im Kofferraum

Titel: Der Tote im Kofferraum
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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weggefahren war, wandte sich Delia an den Inspektor. »Aber warum ausgerechnet Minnie? Von allen harmlosen Leuten die...«
    »Wir wissen noch nicht, warum. Offensichtlich hatte sie ihn erkannt. Sie war die Schlüsselfigur, um dieses Rätsel zu lösen. Ich meine jene seltsame Verbindung. Auf jeden Fall können wir sagen: Entweder war der Mann verrückt, was ich bezweifle, oder er war ein kaltblütiger Mörder. Wenn der Hund nicht die Tasche gebracht hätte, wenn Jim nicht sofort begriffen hätte und zu Hilfe geeilt wäre, wenn Keith nicht mit dem Seil in der Nähe gewesen wäre... Das brauchen wir nicht weiter zu erörtern. Aber Sie werden zugeben, daß keiner von uns jemals diese Fragen gestellt hätte. Wir wären überzeugt gewesen: Die arme Frau hat das Gleichgewicht verloren und ist abgestürzt, und keinem hätte es mehr leid getan als unserem lieben Onkel Doktor. Nein, nein, Miss Hunt, sagen Sie nicht >der arme Mann<. Das Schlimme ist, daß solche Leute die menschliche Wertordnung zerstören. Wenn ein Mensch erst einmal das Leben eines anderen genommen hat, hält er sich für Gott. Wenn ihm irgend jemand in den Weg tritt, hält er es für richtig, auch den zu töten. Und für einen Arzt fällt ein solches Verbrechen doppelt ins Gewicht, weil er gelobt hat, das Leben zu bewahren.«
    Seltsamerweise waren es fast die gleichen Worte, die Richard Shaw in seinem Abschiedsbrief gebraucht hatte, den der Inspektor im Schreibtisch des Arztes entdeckte. Er las den Brief dem Sergeanten vor und sagte dann: »Nun, ich glaube nicht, daß er einen anderen für sein Verbrechen büßen lassen wollte. Er war bereit, als er das hier schrieb, für seine Tat einzustehen — und trotzdem versuchte er einen zweiten Mord zu begehen, um den ersten zu vertuschen.«
    »Ich glaube nicht, daß er auf den zweiten Mord vorbereitet war«, sagte der Sergeant nachdenklich. »Ich meine eher, daß es ein plötzlicher Impuls war, der ihn dazu trieb. Als er sich schon in Sicherheit glaubte, tauchte Miss Pink auf. Er erkannte sofort, wie gefährlich sie ihm werden konnte. Sie konnte das Glied in der Kette liefern, das ihn als Warwick-Smith’ Mörder auswies. Und er war außer sich vor Zorn, daß ein so brillanter Kopf wie er ausgerechnet an einer kleinen dummen Frau scheitern sollte.«
    »Ja, aber die kleine dumme Frau hat dasselbe Recht zu leben wie irgendein anderer. Der Mord an Warwick-Smith ist vielleicht zu verstehen. Wie Miss Hunt sagte, hat er bekommen, was er verdiente. Aber nicht der Mordversuch an Miss Pink. Das brandmarkt Shaw als gemeinen Mörder, aufgeblasen von Eitelkeit und Egoismus, bereit, jeden zu zerstören, der ihm in die Quere kommt. Aber jetzt Schluß damit. Morgen früh fahren wir nach Sunset Lodge, um den Fall abzuschließen.«
    »Das wird ein schwerer Schlag für Mrs. Warwick-Smith sein. Sie hatte großes Vertrauen zu Dr. Shaw, genau wie wir alle. Übrigens hatte ich gedacht — oder besser: meine Frau hatte gedacht, daß sie am Ende vielleicht...«
    »Dr. Shaw geheiratet hätte? Seien wir dankbar, daß ihr dieses Schicksal erspart blieb. Es besteht kein Zweifel, daß er sie sehr gern hatte, aber er würde vielleicht gezögert haben, die Witwe des Mannes zu heiraten, den er ermordet hat. Auf jeden Fall...«
    Auf jeden Fall, dachte Wright, würde sich jemand um Grace kümmern müssen. Delia dachte das gleiche, als sie zögernd das Haus betrat, nachdem ihr der Inspektor mitgeteilt hatte, daß Richard Shaw sich selbst gerichtet hatte. Wie konnte sie es Grace schonend beibringen?
    Diese Frage fand durch Tracy Gibbs ihre Antwort. Der Anwalt war in die Eingangshalle gekommen, und Delia überfiel ihn sofort mit der Neuigkeit. Er sagte: »Es ist schwer zu glauben. Wie können wir erwarten, daß Grace es glaubt? Aber ich werde es ihr natürlich sagen. Sie ist eine sehr tapfere Frau, und so wird sie es auch tragen. Es wird leichter sein, wenn wir wissen, was geschehen ist. Hatte Shaw erraten, was der Mann vorhatte? Und wenn es so war, warum hat er nicht versucht, ihn daran zu hindern, ohne ihn zu töten? Warum auch dieser letzte Mordversuch?«
    Delia sagte: »Ich weiß es nicht. Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Aber ich bin sicher, der Inspektor wird es uns sagen, sobald er es herausgefunden hat. Soweit ich weiß, tappt auch er noch ziemlich im dunkeln. Aber irgend etwas müßte man Mrs. Warwick-Smith sagen, Mr. Gibbs. Nur — ich kann es nicht.«
    Er sah sie lieb an. »Das verlangt doch niemand von Ihnen. Sie waren sehr tapfer und
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