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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz
Autoren: Peter Tremayne
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von Araglin werden soll oder nicht.«
    Fidelma streifte die Zuhörer in der Halle mit einem leidenschaftlichen Blick.
    »Morann von Tara sagte einmal, das Böse könne als winziges Samenkorn Eingang finden und, wenn man es nicht ausrotte, zu einem Eichbaum heranwachsen. Hier ist ein ganzer Wald entstanden. Die Hoffnung für Araglin liegt in der Unschuld junger Menschen wie Archú und Scoth.« Plötzlich lächelte sie Clídna an. »Und wenn die Moral noch eine Stätte an diesem Ort hat, dann in dieser Frau.«
    Clídna errötete und senkte den Kopf.
    Agdae erhob sich langsam.
    »Du beurteilst Araglin sehr hart, Schwester«, sagte er ruhig. Mit einem verlegenen Blick auf die schweigende Cranat und ihre Tochter fügte er hinzu: »Aber du bist nicht ungerecht. Doch sag uns, wie hast du Pater Gormán als Täter ermittelt? Du hattest auch gute Gründe gegen Cranat angeführt.«
    »Daß Cranat als Mörderin kaum in Frage kommen konnte, wußte ich aus einem einfachen Grund: Wäre sie es gewesen, hätte sie nicht von meinem Bruder in Cashel einen Brehon zur Untersuchung der Vorfälle angefordert.«
    »Und warum tat sie es?« fragte Eadulf.
    »In erster Linie fühlt sie sich, wie wir gehört haben, als eine Prinzessin der Déisi. Sie wollte nicht, daß auch nur der leiseste Verdacht auf ihr Haus fällt. Sie meinte, die Anwesenheit eines Brehon würde der Untersuchung moralisches Gewicht verleihen. Ich nehme an, sie glaubte wirklich, daß Móen der Schuldige sei, nachdem sie die Wahrheit über seine Geburt erfahren hatte.
    Es gab außerdem einen Punkt, der den Verdacht gegen Cranat widerlegte, den ich absichtlich etwas undeutlich vortrug, damit Gormán nicht merken sollte, worauf ich hinauswollte. Niemand griff ihn auf. Das war gut so, denn sonst wäre Gormán auf der Hut gewesen, aber es überrascht mich, daß keiner von euch ihn bemerkt hat.«
    »Welcher Punkt war das?« fragte Agdae.
    »Ihr habt nicht an die Worte summa sedes non capit duos gedacht: auf den höchsten Sitz passen nicht zwei. Noch vor der Ermordung ihres Vaters war Crón Tanist geworden. Muadnat war nicht mehr Tanist, also konnte Cranat nicht Eber getötet haben, in der Hoffnung, die Frau des neuen Fürsten zu werden.«
    »Was lenkte dann deinen Verdacht auf Gormán?« fragte Gadra.
    »Das ist leicht zu erklären«, meinte Fidelma. »Schon in Lios Mhór hörte ich, daß Gormán ein fanatischer Anhänger der römischen Kirche ist. Wie sich herausstellte, ist er einfach ein Fanatiker, ein unduldsamer Eiferer, an was er auch immer glauben mag. Ich erfuhr, er habe in Ard Mór eine Kapelle erbaut und großen Reichtum auf ihre Ausstattung verwendet. Seine Kapelle hier, Cill Uird, ist genauso üppig eingerichtet. Im Gegensatz zu den meisten Priestern verfügt er über ein Reitpferd.«
    »Reichtum beweist noch keine Schuld«, murmelte Cranat.
    »Das hängt davon ab, woher der Reichtum stammt. Gormán war Muadnats Partner bei dem geheimen Goldbergwerk geworden. Wie und warum es zu dieser Partnerschaft kam, werden wir wohl nie erfahren. Ich vermute, daß Muadnat die Mine ausbeuten wollte, ohne einen Anteil an Eber zu zahlen, und meinte, Gormán biete die Möglichkeit, die Herkunft des Goldes zu verschleiern. Gormán konnte vorgeben, er habe es als Spenden von seinen Anhängern erhalten. Das Gold wurde in den Reichtum verwandelt, der sich in den Kapellen von Ard Mór und Cill Uird befindet. Was Muadnat übersah, war die angeborene Gier des Menschen. Daß Gormán Priester ist, bedeutet nicht, daß er nicht auch ein Mensch ist.«
    »Aber warum hat er Eber und Teafa umgebracht?« fragte Crón, die ihren Ärger wegen Fidelmas Enthüllungen über ihr Verhältnis mit ihrem Vater überwunden hatte.
    »Wie ich schon sagte, er ist ein unduldsamer Fanatiker. Als er erfuhr, daß Eber der Vater von Móen war, empörte er sich gegen die Unmoral, die darin lag. Eber mußte in das geschickt werden, was Gormán sich als die Hölle vorstellte, und Móen als Frucht von Ebers Inzest sollte bestraft werden, indem ihm der Mord angelastet wurde. Ich habe schon erklärt, daß Teafa getötet wurde, damit sie nichts über den Ogham-Stab verriet. Das Motiv für den Mord an Eber lag einfach in Gormáns übereifriger Moralauffassung.«
    »Aber wie hat er erfahren, daß Móen Ebers Sohn war?« fragte Crón. »Selbst ich wußte das nicht, bis du es uns gesagt hast.«
    »Ich glaube, diese Frage kannst du uns beantworten, Cranat. Vor zwei Wochen beobachtete Dubán, wie du dich mit Teafa gestritten hast.
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