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Der Toeter und andere Erzaehlungen

Der Toeter und andere Erzaehlungen

Titel: Der Toeter und andere Erzaehlungen
Autoren: Veijo Meri
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schwenkte links ab.
    – Kennen die Frau Baronin die Taappola? – Ich kenne die Frauen meiner Scharwerker. Die Taappolasche ist eine stolze Person.
    Der schmale Feldweg schlängelte sich in vielen Kurven zum Wald hin. Einen Werst weiter begannen wieder Felder. Die Kutsche kam an ein Gattertor. An den Grenzzaun der Gutsländereien. Ein zehnjähriger Junge, barfuß, in einem bis zu den Knien reichenden Hemd, öffnete das Tor. Die Baronin gab ihm fünf Pfennig. Der Junge verbeugte sich tief und scharrte einen Kratzfuß, daß der Sand rasselte. – Wer hat dich das Danken gelehrt? fragte die Baronin.
    Der Junge sah die Baronin an, als spreche sie eine ihm unbekannte Sprache. Die Baronin wartete eine Weile. Schließlich gab sie ihm einen Pfennig und beobachtete, wie er ein zweites Mal mit dem Fuß scharrte. – Warum sprechen die Kinder hier nicht? fragte die Baronin verwundert.
    – Die lernen erst sprechen, wenn sie fünfzehn sind, sagte der Kutscher.
    Die Baronin sah ihn von der Seite an.
    – Warum hältst du einen alten Menschen zum Narren?
    – Das dürfen mir die Frau Baronin nicht übelnehmen. Ich habe mir erlaubt zu scherzen.
    Die Baronin lachte ihr schon bis zur Lautlosigkeit verbrauchtes Altweiberlachen. Der Wagen ruckte wieder an. Das große Gehöf kam unaufaltsam näher. Bei den schräg an den Wegrand gebauten Vorratshäusern, vor der ersten Speicherecke hielt der Kutscher.
    – Fahr nur zu, bis auf den Hof, sagte die Baronin forsch.
    Im Schritt lenkte der Kutscher die eingeschüchterten Pferde durch die schmale Einfahrt zwischen Wohngebäude und Stallungen auf den Hof. Die Pferde wandten die Köpfe und äugten zurück.
    Heta Taappola erstarrte zur Salzsäule, als die schwarzen, blankgestriegelten Tiere im Hofgeviert erschienen. Sie stand in der Mitte des Hofs und blickte mit offenem Mund zur Kutsche hinüber. – Ich komm mich erkundigen, wie es der Hedvig geht! rief die Baronin fröhlich hinter dem Wagenschlag.
    Heta machte einen tiefen Knicks, aber ihr Mund stand starr und machte ihr die Zunge steif. Der Kutscher sprang vom Bock herunter, öffnete den niedrigen Wagenschlag und half der Baronin aus der Kutsche. Die Baronin reichte ihm nicht einmal bis zur Schulter. In ihrem schwarzen Rock, der bis zur Erde reichte und ihre Füße und Schritte verhüllte, steuerte sie über den Hof auf Heta Taappola zu. Die Kätnerin war fast ebenso groß wie der Kutscher. Eine massive Person. Ihr Gesicht verbreiterte sich an den Kinnbacken. Ihr gelbes Haar war hinten in einen Knoten geschlungen, von der Größe zweier gegeneinandergepreßter Männerfäuste. Sie blickte die Baronin an und machte einen zweiten Knicks. – Wie ist es der Hedvig ergangen? Ist die Hedvig gesund gewesen? Hat die Hedvig wieder Kinderchen bekommen? Wohin geht die Hedvig jetzt? – In den Speicher, sagte Heta Taappola. – Was macht die Hedvig im Speicher? – Mehl holen.
    – Was macht die Hedvig mit dem Mehl? – Das Schwein füttern.
    – Aber warum füttert die Hedvig das Schwein mit Mehl?
    Es wurde einen Augenblick lang still. – Damit das Schwein fett wird.
    – Füttert die Hedvig das Schwein nicht mit Kar-
toffeln?
– Doch.
    – Darf ich wohl mit der Hedvig in den Speicher mitkommen?
    Heta Taappola kam auf einmal unheimlich in Schwung.
    – Natürlich, aber die Gnädige werden jetzt doch nicht in den Speicher gehn. Was machen die gnädige Frau jetzt im Speicher. Da ist es doch schmutzig. – Ich werd mit der Hedvig in den Speicher gehn, Heta Taappola ging mit schweren Schritten voraus. Sie zog unter der Schürze ein großes Schlüsselbund hervor und wählte den größten Schlüssel, von zwei Spannen Länge, fast wie ein Schürhaken. Sie öffnete die doppelte Balkentür zum fensterlosen dunklen Speicherraum.
    Die Baronin stieg flink über die hohe Schwelle und verschwand in der dunklen Öffnung. Sie war so klein, daß sie sich nicht zu bücken brauchte. Während Heta Taappola den Kopf einziehn und den Rücken krümmen mußte. Jedesmal mußte sie sich bücken, wenn sie in den Speicher wollte. Als sie über die Schwelle trat, verdunkelte sich der Speicher; sie füllte den ganzen Türrahmen aus. Der Kutscher, der wieder auf seinen Bock geklettert war, sah ihr mächtig ausladendes Hinterteil im Speicher verschwinden. Er starrte ihr nach und eine jähe Leidenschaf erwachte in ihm, wie ihre Masse über der Schwelle auf die Seite rutschte, der Rock sich über der doppelten Wölbung spannte. Er holte die Pfeife aus der Rocktasche hervor und
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