Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht
Autoren: Bruno Morchio
Vom Netzwerk:
erreicht; als ich jedoch auf der abfallenden Straße hinunterraste, schlugen mir auf einmal dicke Rauchschwaden entgegen, sodass ich die Geschwindigkeit drosseln musste, weil ich fast nichts mehr sah. Auf der mit Sträuchern bewachsenen Böschung oberhalb der Straße schwelte ein Feuer, das gerade erst ausgebrochen sein musste. Die Flammen schlugen schon hoch, hatten sich aber noch nicht weit ausgebreitet. Mitten auf der Straße standen ein alter Transporter und ein weißer Fiat Uno quer auf der Fahrbahn und behinderten den Verkehr in beiden Richtungen, sodass ich mit der Vespa nicht durchkam. Zwei wie Schafhirten gekleidete Männer mittleren Alters mit grau melierten Schnurr- und Backenbärten hatten am Berghang ein paar Lentiskenzweige abgerissen und versuchten, damit die Flammen auszuschlagen. Einer der beiden war dick und stämmig, der andere hager und gut einen Meter achtzig groß. Sie fluchten auf Sardisch. Ich hielt etwa zehn Meter vor dem Transporter. Ohne den Helm abzunehmen, stieg ich ab, ließ den Motor der Vespa aber laufen.
    »Kommen Sie, wir brauchen jede Hand!«, schrie mir der Dicke zu.
    »Das war sicher wieder so ein Vollidiot, der seine Zigarettenkippe aus dem Auto geworfen hat«, rief der andere.
    »Das schaffen Sie allein«, rief ich. »Hören Sie, könnten Sie kurz den Transporter zur Seite fahren? Ich muss ganz dringend nach Sarrala. Es geht dabei um Leben und Tod!«
    »Je eher wir das Feuer gelöscht haben, desto eher kommen wir hier alle weg«, antwortete der andere nur trocken.
    Da nahm ich auf einmal neben dem stechenden Rauch noch einen anderen unverwechselbaren Geruch wahr. Für einen kurzen Augenblick wehte er aus der brennenden Böschung zu mir herüber. Kein Zweifel – das war Benzin. Das Fahrzeug auf der Straße war aber zweifellos ein Diesel. Ich runzelte die Stirn und ging auf den Transporter zu.
    Kaum bemerkten die beiden es, sprangen sie herunter auf die Straße.
    »He, mein Freund«, brüllte der Dicke, »so geht das nicht!«
    »So was Verantwortungsloses. Hier brennt die Macchia, und Sie kümmern sich einen feuchten Kehricht darum!«, fluchte der andere.
    Ich war nicht stehen geblieben, sodass ich nun einen Blick in das Führerhaus des Transporters werfen konnte. Und wie ich’s mir gedacht hatte: Auf der Beifahrerseite lag am Boden ein leerer Kanister, und aus dem Seitenfenster schlug mir Benzingeruch entgegen. Auf einmal spürte ich den Druck einer Hand auf der rechten Schulter.
    »Hat Ihnen keiner beigebracht …«
    Ich ließ ihn nicht ausreden. Ich ballte die Fäuste, spannte Bein- und Beckenmuskeln an, vollführte eineblitzschnelle Drehung mit dem Oberkörper und hieb ihm wie mit einem Vorschlaghammer eine rein. Es war der kleine Dicke, den ich an der linken Schläfe traf. Er prallte mit dem Kopf heftig gegen den Laderaum des Transporters und geriet ins Taumeln wie ein Betrunkener.
    Ohne mich weiter darum zu scheren, riss ich die Wagentür auf und setzte schon einen Fuß auf das Trittbrett, um auf den Fahrersitz zu klettern, als ich von hinten am Poloshirt gepackt wurde. Ich drehte mich um – und sah gerade noch rechtzeitig, wie der Dünne mit seinen knochigen Pranken ausholte. Zum Glück war er langsam, sodass ich mich wegducken konnte und seine Gerade meinen Kiefer nur streifte. Reflexartig ließ ich meine Faust vorschnellen, die genau auf seiner Nase landete. Er schwankte kurz und fiel dann nach hinten, während ihm das Blut schon in Strömen über Mund und Kinn lief.
    Schnell kletterte ich auf den Fahrersitz des Transporters. Ich musste nur auf die Kupplung treten und die Handbremse lösen, schon rollte er ein paar Meter zur Seite und ließ genügend Platz frei für meine Vespa. Ich zog die Handbremse wieder an, doch als ich aussteigen wollte, sah ich, dass der Dicke auf einmal von irgendwoher einen kurzen, dicken Stock besorgt hatte, mit dem er nun erneut auf mich losgehen wollte. Kurz wartete ich, bis er nahe genug war, dann stieß ich mit einem Ruck die Fahrertür auf, sodass er voll dagegenrannte. Sein Reaktionsvermögen war jedoch deutlich besser ausgeprägt als das seines hageren Kameraden, denn irgendwie konnte er sich im Fallen mitden Armen abstützen, weshalb er keine allzu großen Blessuren davontrug. Ich sprang aus dem Führerhaus und wollte zurück zu meiner Vespa rennen, da hatte er sich schon wieder aufgerappelt und schwenkte bedrohlich den Knüppel.
    Unterdessen hatte sich der Brand ungestört weiter ausgebreitet, und der weiße Rauch um uns herum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher