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Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Titel: Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)
Autoren: Swantje Berndt
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weit durfte es nicht kommen. Lautlos schlich sie ins Bad. Dicke, weiche, purpurfarbene Handtücher stapelten sich auf einem zierlichen Tischchen mit Klauenfüßen und Marmorplatte. Sie wickelte die Bücher vorsichtig hinein.
    Kolja lag in den Laken unschuldig wie ein Heiliger. Dass er keiner war, hatte ihr diese Nacht gezeigt. Ein Berserker, der nicht einmal seine Uhr abgenommen hatte. Einig e der Kratzer stammten mit Sicherheit von dem Metallarmband und nicht nur von seinen Fingernägeln. Die Breitling war schick. Sie wäre das ideale Weihnachtsgeschenk für Ethan und hatte noch spielend Platz in ihrem Handgepäck.
    „Ruhe süß, Kolja. Und danke für die unfreiwillige Gabe.“ Ein letzter Kuss, dann streifte sie das rubinrote Seidenkleid über, hüllte sich in den Kaschmir m antel und tauschte die n adelspitzen Stöckelschuhe gegen pelzgefütterte Winterstiefel. Die schmale Umhängetasche verschwand unter dem Mantel und barg Lucys Beute. Igors Tipp war Gold wert gewesen und Gold würde sie dafür empfangen. Und zwar viel davon.
    D as verkohlte Scheit brach im Kamin zusammen. Es wurde Zeit, dass sie verschwand. Der Ring und die Uhr würden mit ihr fliegen, die Ikone und das Buch m orgen in einem kleinen schlichten Paket das Land verlassen. Viele unscheinbare Pakete verließen Moskau. Jeden Tag. Dieses würde nicht weiter auffallen. Die Stichproben würde es unversehrt überstehen, und dann landete es da, wo es hingehörte; bei Ethan Scarborough, Clerkenwell, London. Dem absoluten Geheimtipp für alle antikbesessenen Artefakt- und Kunstjäger. Nur ein wenig Glück. Das hatte sie immer besessen. Sie hatte sich angewöhnt, damit zu kalkulieren.
    Schlug sein Herz noch? Sie legte die Hand auf seine Brust. Irgendwo war da eine Bewegung, ein Puls. Das musste reichen. Armer Kerl. Er hatte eine Jana Kusnezow geliebt und wurde von einer Lucy Sorokin bestohlen.
    Für Gewissensbisse war keine Zeit. Das Mikrofasertuch war weich. Ihre Fingerabdrücke mussten weg. Das Champagnerglas, die Flasche, die Schale mit Erdbeeren. Der Bettrahmen? Für einen Moment hatte sie sich daran festgeklammert. Was noch? Das Bad! Lucy huschte durch die Suite, wischte über alles, was ihr sonst einen Strick drehen konnte. Die Schuhe würde sie in den Müllschlucker werfen. Ebenso die rote Perücke und das leere Fläschchen. Der Witz von Barockspiegel zeigte ihr deutlich den elenden roten Strich, den das Klebeband auf ihrer Stirn hinterlassen hatte. Gut, dass die Haarpracht überhaupt sämtlichen Belastungen standgehalten hatte. Ab und zu war es knapp geworden.
    Die kläglichen Reste des Scheites knackten in der Glut und dimmten das rot flackernde Halbdunkel noch dunkler. Lucy hauchte einen Kreis in die dicken Eisblumen der Fensterscheibe. Die Straße war leer. Träge vor Kälte schwappte die Moskwa an die Kaimauer. Komm schon, Igor. Lass mich nicht warten.
    Um die Ecke rollte etwas, das in seinem früheren Leben ein Auto gewesen sein mochte. Igor verprasste sein ergaunertes Geld für alles und jeden, warum legte er sich nicht ein ordentliches Auto zu? Lucy fädelte den Ring auf ein Lederband und hing ihn sich um den Hals. Die grüne Glut tief in ihm pulsierte im Feuerschein. Vor dem Einchecken würde sie ihn Peter überziehen. Als Edel-College-Ring mochte er durchgehen. Auf ihrer Haut wurde er sofort warm. Ein letztes Mal sah sie sich um. Alles gut, sie würde spurlos verschwinden.
    Über die Wände huschten Schatten, der Raum schwankte. Lucy blinzelte. Hatte sie zu wenig gegessen? Zu viel getrunken? Auf dem Weg zur Tür stolperte sie über die Teppichkante. Verfluchter Mist. Sie musste sich konzentrieren. Sie atmete ein paar Mal tief durch . Ihre Sicht wurde wieder klar und sie schlich aus dem Zimmer. Alle Utensilien, die sie verraten konnten, rutschten durch den Müllschluckerschacht und der Aufzug sauste mit ihr sechs Stockwerke nach unten.
    Der Wachmann an der Eingangstür sah nicht hoch. Er spielte mit seinem iPhone, sonst hätte er bemerkt, dass die Frau, die an ihm vorbeihuschte, eine andere war als die, die vorhin am Arm von Grigorjew an ihm vorbeigeschritten war. Es war wundervoll, die Identitäten zu tauschen wie ander e Frauen die Pumps.
    Nicht zu schnell und nicht zu langsam ging sie bis vor zur Ecke. Igor wartete bereits mit laufendem Motor, dessen Abgase die gesamte Kotelnitscheskaja-Uferstraße verseuchte n .
    „Lohnend?“ Er beugte sich über ein Monster von Handbremsengriff und küsste sie zur Begrüßung nass auf den Mund. Seine
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