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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: P. D. James
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und fünf Minuten später schlenderten sie über den Rasen zum Uferweg. Beide schwiegen, bis sie die Brücke überquert hatten, die an einer Schmalstelle des Flusses zu einer Bank führte. Lady Anne hatte sie aufstellen lassen, während sie ihr erstes Kind erwartete, um einen schönen Rastplatz zu haben. Der Blick fiel über das Wasser hinweg auf Pemberley House – eine Aussicht, die sowohl Darcy als auch Elizabeth liebten und zu der sie fast immer ihre Schritte instinktiv lenkten. Der Tag hatte dunstig begonnen, was der Obergärtner stets als Anzeichen für große Hitze wertete. Die Bäume hatten ihre ersten zarten Triebe an die lindgrünen Frühlingsblätter verloren und waren nun üppig belaubt, während sich die mit Sommerblumen bestandenen Ufer und der glitzernde Fluss zu einem lebendigen Fest der Schönheit und Erfüllung vereinten.
    Zur großen Erleichterung aller war der ersehnte Brief aus Amerika endlich in Longbourn eingetroffen und eine von Kitty angefertigte Abschrift an diesem Morgen zugestellt worden. Wickham hatte nur einen kurzen Bericht verfasst, dem Lydia ein paar krakelige Zeilen hinzugefügt hatte. Beide waren von der Neuen Welt grenzenlos begeistert. Wickham schrieb hauptsächlich über die prachtvollen Pferde und über Mr. Cornbinders Vorhaben, Rennpferde zu züchten, während Lydia verkündete, dass Williamsburg im Vergleich zum langweiligen Meryton in jeder Hinsicht eine Verbesserung darstelle und sie sich bereits mit einigen der in der nahe gelegenen Garnison stationierten Offiziere und deren Gattinnen angefreundet habe. Es sah ganz danach aus, als hätte Wickham endlich eine Arbeitsstelle gefunden, die er behalten würde; von der Frage, ob er auch seine Frau würde behalten können, trennte die Darcys ein dreitausend Meilen breiter Ozean, und dafür waren sie dankbar.
    »Ich habe über Wickham nachgedacht und über die Reise, die deine Schwester und er gewagt haben«, sagte Darcy. »Ich kann ihm nun zum ersten Mal und in aller Aufrichtigkeit alles Gute wünschen. Vielleicht führt ja die Tortur, die er durchlitten hat, tatsächlich zu der Läuterung, von der Reverend Cornbinder so überzeugt ist, und ich glaube, die Neue Welt wird auch weiterhin all seine Hoffnungen erfüllen. Doch weil mich die Vergangenheit so sehr geprägt hat, wünsche ich mir nur mehr, ihn niemals wiederzusehen. Sein Versuch, Georgiana zu verführen, war so widerwärtig, dass ich nie ohne Abscheu an ihn denken kann. Ich bemühte mich, diese Erfahrung zu vergessen, als hätte ich sie nie gemacht, und glaubte, dies würde mir leichter fallen, wenn zwischen Georgiana und mir nie darüber gesprochen würde.«
    Elizabeth schwieg eine Weile. Wickham warf keinen Schatten auf ihr gemeinsames Glück und vermochte auch nicht das ausgesprochene oder unausgesprochene Vertrauen zwischen ihnen zu erschüttern. Wenn diese Ehe nicht glücklich war, halfen auch Worte nichts. Eine von beiden empfundene Scheu hinderte sie daran, jemals über Wickhams einstige Freundschaft mit Elizabeth zu sprechen. Doch sie waren sich einig in der Bewertung seines Charakters und seiner Lebensweise, und Elizabeth hatte den Entschluss ihres Mannes, Wickham niemals in Pemberley zu empfangen, immer geteilt. Aus derselben Scheu heraus hatte sie nie mit Darcy über die von Georgiana geplante Flucht gesprochen, hinter der er Wickhams Absicht vermutete, an Georgianas Vermögen heranzukommen und sich für frühere, eingebildete Kränkungen zu rächen. Ihr Herz war so erfüllt von der Liebe zu ihrem Mann und von dem Vertrauen in sein Urteil, dass sich kein Platz für Kritik fand. Sie konnte nicht glauben, dass er Georgiana gegenüber gedankenlos oder gleichgültig gewesen war, doch vielleicht war es nun an der Zeit, sich der noch immer schmerzlichen Vergangenheit zu stellen und als Geschwister darüber zu sprechen.
    »Ist dieses Schweigen zwischen dir und Georgiana nicht vielleicht doch ein Fehler, mein Liebster?«, sagte sie sanft. »Immerhin ist ja nichts Schlimmes geschehen. Du warst rechtzeitig in Ramsgate, und Georgiana gestand alles, und es erleichterte sie. Wir wissen nicht einmal, ob sie wirklich mit ihm davongelaufen wäre. Du solltest bei ihrem Anblick nicht immer an das zurückdenken, was für euch beide so schmerzlich war. Sie sehnt sich danach, dass du ihr vergibst.«
    »Ich selbst bedarf der Vergebung«, erwiderte Darcy. »Dennys Tod hat mir meine Verantwortung bewusstgemacht, und Georgiana ist nicht der einzige Mensch, den ich durch Unachtsamkeit
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