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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: P. D. James
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Leben meines Großvaters einen Schatten auf die Familie geworfen hatte, war mir schon als kleinem Kind beigebracht worden, dass große Besitztümer große Verantwortung mit sich bringen und dass die Sorge um Pemberley und um die vielen Menschen, deren Lebensglück und Lebensunterhalt darauf beruhen, eines Tages auf meinen Schultern lasten würde. Dass persönliche Wünsche und privates Glück hinter dieser nahezu heiligen Pflicht stets an zweiter Stelle zu stehen haben …
    Die Überzeugung, etwas Falsches zu tun, führte mich zu jenem ersten, schändlichen Antrag und zu dem noch schlimmeren Brief, der ihm folgte und in dem ich mein Verhalten wenigstens teilweise zu rechtfertigen versuchte. Mit voller Absicht formulierte ich den Antrag so, dass keine Frau, die ihrer Familie auch nur mit einem Hauch von Wohlwollen oder Ergebenheit zugetan ist oder Stolz und Achtung für sich selbst empfindet, ihn hätte annehmen können, und war angesichts deiner verächtlichen Zurückweisung und meines Rechtfertigungsbriefs überzeugt, alle Gedanken an dich für immer abgetötet zu haben. Doch es sollte nicht sein. Auch nachdem wir auseinandergegangen waren, bliebst du in meinem Herzen und in meinen Gedanken, und als du mit Tante und Onkel in Derbyshire unterwegs warst und wir uns unverhofft in Pemberley wiedersahen, wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass ich dich immer noch liebte und immer lieben würde, und begann, wenngleich ohne große Hoffnung, dir zu zeigen, dass ich mich geändert hatte, um der Mann zu sein, den du für würdig halten könntest, dein Gatte zu werden. Ich war wie ein kleiner Junge, der stolz sein Spielzeug vorzeigt, weil er unbedingt Anerkennung erfahren will.«
    Er schwieg einige Sekunden lang. »Der jähe Wandel seit dem schändlichen Brief, den ich dir in Rosings überreicht hatte, meine Unverschämtheit, der ungerechtfertigte Groll, das dünkelhafte Beleidigen deiner Familie, so kurz darauf gefolgt von meiner Begrüßung der drei Besucher in Pemberley – mein Bedürfnis, Wiedergutmachung zu leisten und deinen Respekt zu erlangen, ja sogar ein tieferes Gefühl zu erhoffen, war so dringlich, dass es jede Besonnenheit überstieg. Doch wie solltest du meiner Veränderung Glauben schenken? Wie hätte irgendein vernünftiges Wesen sie für wahr halten können? Selbst Mr. und Mrs. Gardiner mussten wissen, dass ich im Ruf stand, stolz und überheblich zu sein, und sie mussten sich über meine Veränderung gewundert haben. Und wie ich mich Miss Bingley gegenüber benahm, muss dir verwerflich erschienen sein. Du hast es miterlebt, als du nach Netherfield kamst, um die kranke Jane zu besuchen. Warum machte ich Caroline Bingley Hoffnungen, indem ich mich so oft im Kreis ihrer Familie aufhielt, obgleich ich ihr gegenüber keinerlei Absichten hegte? Meine Unhöflichkeit muss sie zuweilen geradezu als erniedrigend empfunden haben. Und Bingley, der rechtschaffene Kerl, hoffte auf eine Verschwägerung. Für keinen von ihnen erwies ich mich damals als Freund oder Gentleman. In Wahrheit aber erfüllte mich solcher Selbstekel, dass ich für den Umgang mit Menschen nicht mehr taugte.«
    »Ich denke nicht, dass sich Caroline Bingley schnell erniedrigt fühlt, wenn sie ein Ziel verfolgt, aber wenn du unbedingt glauben willst, dass Bingleys Enttäuschung über das Nichtzustandekommen einer engeren Verbindung schwerer wiegt als die unangenehme Situation, mit seiner Schwester verheiratet zu sein, will ich dich nicht eines Besseren belehren. Man kann dir nicht vorwerfen, sie oder ihn getäuscht zu haben – deine Gefühle standen nie in Zweifel. Und was dein verändertes Benehmen mir gegenüber betrifft, so darfst du nicht vergessen, dass ich dich damals nach und nach kennenlernte und mich in dich verliebte. Vielleicht glaubte ich an die Veränderung, weil ich unbedingt und von ganzem Herzen daran glauben wollte. Und war es nicht richtig, mich mehr von meinem Gefühl als von kalter Vernunft leiten zu lassen?«
    »O ja, es war richtig, Liebste, so richtig!«
    »Ich habe ebenso viel zu bedauern wie du, und zumindest brachte dein Brief mich erstmals auf den Gedanken, ich könnte mich in George Wickham getäuscht haben. Damals erkannte ich, wie unwahrscheinlich es war, dass der Gentleman, den Mr. Bingley zu seinem besten Freund erkoren hatte, sich so benahm, wie Mr. Wickham behauptete, die Wünsche seines Vaters so verriet und von solcher Arglist getrieben war. So hat der Brief, den du heute missbilligst, doch etwas Gutes
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