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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila
Autoren: Ulrich Hefne
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lassen. Auf weiteren Streit hatte er keine Lust. Morgen war auch noch ein Tag.
    Er setzte den Teekessel auf den Herd. Es war kurz vor sechs Uhr. Er öffnete den Kühlschrank. Paula hatte eingekauft. Alles war an seinem Platz. Er griff nach einem Joghurtbecher. Als der Kessel zu pfeifen begann, nahm er ihn von der Platte und goss heißes Wasser in eine Tasse. Just in diesem Augenblick klingelte das Telefon. Wahrscheinlich jemand, der Paula sprechen will, dachte er. Als das Klingeln überhaupt nicht enden wollte, ging er schließlich in den Flur und nahm den Hörer ab.
    »Wo bleibst du nur?«, sagte die weibliche Stimme am anderen Ende. »Zuerst führst du Dauergespräche und dann lässt du es einfach durchklingeln.« Seine Kollegin Monika Sander war in der Leitung.
    »Ich dachte, es wäre für Paula«, entschuldigte er sich. »Was treibt dich so spät am Abend noch aus dem Haus?«
    »Arbeit, was sonst?«, erwiderte Monika.
    Trevisan schluckte.
    Monika sprach genau das aus, was er befürchtet hatte: »Komm bitte sofort zur Dienststelle, wir haben eine Leiche.«
    In der letzten Zeit war es ruhig gewesen. Nur hier und da ein Selbstmord, doch das war meist reine Routine. Das letzte Tötungsdelikt hatte es vor einem Dreivierteljahr gegeben. Und selbst dabei hatte es sich nur um Totschlag gehandelt. Ein Mann hatte im Alkoholrausch seine Frau erschlagen.
    »Ich komme sofort, bis gleich!« Trevisan legte auf. Dann ging er hinauf zu Paula. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, nun musste er mit ihr sprechen.

 
     
3
    »Hallo, Martin, wo bleibst du denn?«, begrüßte ihn Monika, als er in ihr Dienstzimmer kam. Er warf ihr einen entschuldigenden Blick zu und strich sich über seine widerspenstigen Haare. Monika Sander war seit zehn Jahren bei der Kripo und Trevisans Stellvertreterin. Sie war verheiratet und hatte zwei Töchter.
    »Du siehst etwas mitgenommen aus«, stellte sie fest, nachdem sie ihren Kollegen eingehend gemustert hatte. Er trug wie meistens einen Anzug in gedeckten Farben, korrekt und gepflegt. Aber um die Augen herum zeigte sich Müdigkeit. »Geht es dir gut?«
    »Ärger mit Paula und etwas Kopfweh, aber es geht schon.«
    Monikas älteste Tochter war im gleichen Alter wie Paula. So wusste sie, wovon Martin Trevisan sprach, als er ihr sein Leid klagte. »Mädchen in diesem Alter sind alle gleich«, kommentierte sie Trevisans Erzählung.
    »Was liegt eigentlich an?«, fragte Trevisan nach einem kurzen Moment des Schweigens.
    »Eine Leiche, männlich, Alter etwa sechzig, mit durchschnittener Kehle. Das Polizeiboot wird uns rüberbringen. Sie warten schon im Hafen.«
    »Eine Wasserleiche?«
    »Nein, der Tote liegt auf Wangerooge in den Dünen.«
    »Wangerooge?«, sagte er entgeistert. »Auch das noch.« Ausgerechnet der nördlichste Punkt ihres Zuständigkeitsbereichs. Das warf seinen ganzen Plan für das Wochenende über den Haufen. Er blickte auf die Uhr. Es war kurz nach sieben. Er griff nach Monikas Telefon.
    »Besetzt. Verdammt, ich habe ihr doch gesagt, dass ich noch anrufe. Immer dasselbe.« Er warf den Hörer zurück auf die Gabel.
    Monika schaute ihn fragend an.
    »Paula«, sagte er. »Ich dachte, ich bin bis Mitternacht wieder zurück.«
    Monika warf ihm einen mitleidigen Blick zu, dann griff sie in ihre Jackentasche und kramte ein Handy hervor. »Versuch es eben später noch mal.«
    »Okay, dann los. Wo sind die anderen?«
    »Dietmar ist mit Alex und Tina schon aufgebrochen.«
    Das Polizeiboot nahm die beiden am Handelshafen an Bord und legte sofort in Richtung Wangerooge ab. Die Überfahrt dauerte knapp zwei Stunden und trotz der relativ ruhigen See war es Trevisan nicht ganz wohl im Magen.
    »Vielleicht eine Grippe«, dachte er. Er war froh, als das Boot im kleinen Yachthafen von Wangerooge festmachte. Mit unsicheren Schritten betrat er die Mole. Zum Glück trug er den warmen Trenchcoat über seinem dunklen Einreiher, denn inzwischen war ein kalter Wind aufgekommen, der heftig von Norden über die Insel fegte.
    Ein alter Mann, wohl schon an die siebzig, erwartete sie. Er stellte sich als Joost vor und sagte, dass er vom Ortspolizisten den Auftrag habe, die Herren aus Wilhelmshaven an den Fundort der Leiche zu bringen. Sein Blick streifte Monika und eine Spur spitzbübischer Neugier lag in seinen Augen.
    »Das ist meine Kollegin, Frau Sander«, stellte Trevisan klar, und ein Lächeln huschte über das Gesicht des Alten.
    Joost verbeugte sich. »Entschuldigen Sie, aber Herbst sprach von ein paar Herren.
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