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Der Tod ist mein Beruf

Der Tod ist mein Beruf

Titel: Der Tod ist mein Beruf
Autoren: Robert Merle
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Schande, der Strick. .."
    "
    Werden sie dich denn hängen ?"
    sagte Georg mit bestürztem Gesicht. "
    Was denkst denn du? Aber das ist mir gleichgültig, verstehst du? Der Tod bedeutet mir nichts. Aber was mich rasend macht, ist, zu denken, daß er. .."
    Ich packte Georg am Arm. "Verstehst du denn das nicht? Er hat sich gedrückt. ..Er, den ich wie einen Vater verehrte. .."
    "Na ja", sagte Georg mit einem Zweifel. "Er hat sich gedrückt. Aber wenn er am Leben geblieben wäre, hätte das dir deines auch nicht gerettet."
    Ich schüttelte ihn wütend. "Wer spricht vom Leben ? Es ist mir völlig gleichgültig, ob man mich hängt. Aber ich wäre mit ihm gestorben. Mit meinem Führer! Er hätte gesagt: ,Ich habe Lang den Befehl gegeben, die Juden umzubringen.' Und niemand hätte etwas sagen können."
    Ich konnte nicht weitersprechen. Schmerz und Scham würgten mich. Weder Exodus noch der Zusammenbruch hatten eine solche Wirkung auf mich ausgeübt.
    In den folgenden Tagen beklagte sich Georg, daß ich noch schweigsamer geworden sei als vorher. In Wirklichkeit war ich sehr mit mir beschäftigt, weil die Krisen, die ich ehemals nach Vaters Tod durch. gemacht hatte, plötzlich wieder aufgetreten waren; sie folgten einander in immer kürzeren Abständen, sie wurden mit jedem Male heftiger, und selbst wenn ich mich völlig normal fühlte, lastete eine dumpfe Angst auf mir. Ich bemerkte auch, daß ich außerhalb meiner Anfälle oft die Worte verwechselte, manchmal sogar stotterte, oder es blieb mir ein ganzer Satz in der Kehle stecken. Diese Störungen machten mir beinahe mehr Angst als die Krisen, denn ich hatte sie bis dahin nicht gespürt, wenigstens nicht in diesem Grade, und ich befürchtete, daß sie sich verschlimmern würden und daß meine Umgebung es merken könnte.

    Am 14. März saß ich mit Georg und seiner Frau beim Mittagessen, als wir ein Auto in den Gutshof einfahren hörten. Georg hob die Nase und sagte: "Geh mal und sieh, wer es ist!"
    Ich stand auf, ging rasch um das Gebäude herum und prallte fast gegen zwei amerikanische Soldaten, einen Blonden mit einer Brille und einen kleinen Braunhaarigen. Der kleine Braune lächelte und sagte auf deutsch: "Nicht so schnell, mein Herr!"
    Er schwenkte eine Pistole in der Hand. Ich blickte ihn an, dann den Blonden an und sah an ihren Schulterstücken, daß es zwei Offiziere waren. Ich stand stramm und sagte: "Was wünschen Sie?"
    Der Blonde mit der Brille stellte sich nachlässig hin, zog eine Fotografie aus der Tasche, betrachtete sie und reichte sie dem kleinen Braunen. Der kleine Braune warf einen Blick darauf, sah den Blonden an und sagte: "Yes."
    Danach kniff er die Lippen zusammen, schwenkte seine Pistole und sagte: "Rudolf Lang?"
    Es war aus. Ich nickte, und eine seltsame Erleichterung überkam mich. "Sie sind verhaftet", sagte der kleine Braune. Es entstand ein Schweigen, und dann sagte ich: "Kann ich meine Sachen holen?"
    Der kleine Braune lächelte. Er sah wie ein Italiener aus. "Gehen Sie voran."
    Auf der Schwelle zur Küche gab mir einer von ihnen plötzlich einen Stoß, ich stolperte ein paar Schritte und wäre hingefallen, wenn ich mich nicht am Tisch festgehalten hätte. Als ich den Kopf hob, sah ich den Offizier mit der Brille hinter Georg stehen, eine Pistole in der Hand. Ich fühlte die Mündung einer Waffe im Rücken und begriff, daß der kleine Braune hinter mir stand.

    Der Offizier mit der Brille sagte: "Georg Pützler?"
    "Ja", sagte Georg. "Lassen Sie beide Hände auf dem Tisch liegen, mein Herr!"
    Georg legte seine Hände flach neben seinen Teller. "Ihre Frau auch."
    Georgs Frau sah mich an, dann sah sie Georg an und gehorchte langsam. "Gehen Sie voraus", sagte der kleine Braune. Ich ging die Treppe hinauf in mein Zimmer. Der kleine Braune lehnte sich ans Fenster und fing an zu pfeifen. Ich zog meine SS-Uniform an. Als ich fertig war, nahm ich meinen Koffer, legte ihn auf mein Bett und holte meine Wäsche aus dem Schrank. Als ich den Schrank öffnete, hörte der kleine Braune zu pfeifen auf. Ich legte die Wäsche auf das Bett und packte sie in den Koffer. In diesem Augenblick erinnerte ich mich an die Pistole. Sie lag unter meinem Kopfkissen, kaum einen Meter von mir entfernt, sie war entsichert. Ich stand eine Sekunde unbeweglich da, und eine namenlose Mattigkeit überfiel mich. "Fertig?"
    sagte der kleine Braune hinter mir. Ich klappte den Kofferdeckel herunter und drückte mit beiden Händen die Schlösser zu. Es knackte zweimal hart. Der Klang
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