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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet
Autoren: Jean G. Goodhind
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Generation hielten sich nicht nur für zu fein, um Hausarbeit zu erledigen, es fehlten ihnen auch die Fähigkeiten dazu. Man hatte sie noch dazu erzogen, der Haushaltsvorstand zu sein, ins feindliche Leben hinauszugehen und das Brot zu verdienen, während die Frau zu Hause blieb. Erst hatten ihre Mütter sie versorgt, dann ihre Ehefrauen.
    Als sie so dem alten Sam zuhörte, kam ihr ein schrecklicher Gedanke: Wie lange würde es wohl dauern, bis ihre Mutter nicht mehr allein leben konnte, mit anderen Worten, bis sie bei Honey einzog? Wenn sie nur daran dachte, lief es ihr eiskalt über den Rücken. Hoffentlich würde dieser furchtbare Tag niemals kommen. Wer weiß, Gloria Cross,das Glamourgirl im Sechzig-Plus-Klub, eroberte vielleicht noch einen achtzigjährigen Millionär im Sturm und wurde von ihm an einen Ort wie Tampa oder Orlando entführt – einen dieser sonnigen Oasen, wo die Weißköpfchen überwinterten.
    »Aber es können doch nicht alle Nachbarn schrecklich sein?«, fragte Honey.
    »Nur einige.«
    Sam Trouts rotgeränderte Augen fielen auf einen Mann an der Bar, der ein Bier nach dem anderen hinunterstürzte. So viel Alkohol schien kaum angemessen, zumal erst Mittag war. Der Mann war im mittleren Alter und trug ein hellgrünes Polohemd mit beinahe farblich passender Hose und zweifarbigen Schuhen. Er hatte die Schultern hochgezogen und stützte sich mit den verschränkten Unterarmen auf der Bar ab. Er starrte in sein Bierglas wie ein Wahrsager, als wollte er darin einen Hinweis auf seine Zukunft finden.
    »Der schluckt ja ganz ordentlich«, meinte Honey.
    »Blöder Arsch«, antwortete Sam. »Hält sich für Wunder was für einen tollen Kerl und Weiberhelden. Blöder Arsch. Der sollte mal in den Spiegel gucken. Schauen Sie sich nur seinen Bierbauch an – und so wie der säuft, wird der bald noch größer. Weiß nicht, wo der das ganze Geld dafür hernimmt. Ehrlich erworben ist das nicht, denke ich. Der sieht mir wie ein Schurke aus.«
    Sam sprach nicht gerade leise. Der Mann an der Bar hatte einige, wenn auch vielleicht nicht alle seiner Bemerkungen gehört und wandte sich zu ihm um. Blonde Strähnen hingen ihm ins rosige Gesicht. Auf den Wangen hatte er hochrote hektische Flecken, die sich auszubreiten schienen.
    Seine trüben Augen richteten sich auf Sam.
    »Da gibt’s doch den Spruch, dass man in ein Dorf seineeigenen Idioten nicht mitbringen sollte. Die haben selbst schon genug davon, stimmt’s, Sam?«
    Das hatte gesessen. Mit entrüstet blitzenden Augen erhob sich Sam Trout halb von seinem Sitz und deutete mit einem knochigen Finger auf den anderen Mann.
    »Du bist viel schlimmer als jeder Dorftrottel, Peter Pierce«, brüllte er. »Peter der Perverse. So nennen sie dich hier.«
    Sams Stimme war immer lauter geworden. Die Messer und Gabeln der Speisegäste machten auf halbem Weg zu den geöffneten Mündern in der Luft halt. Alle Augen waren auf Sam Trout und den Mann an der Bar gerichtet.
    Honey war fasziniert. Unglaublich, was da unter der ruhigen Oberfläche eines Dorfes schlummert, dachte sie.
    Der Mann an der Bar war zornesrot im Gesicht, kleine Speichelbläschen hatten sich an seinen Mundwinkeln gebildet.
    »Wenn du nur ein paar Jährchen jünger wärst, Sam, dann würde ich mit dir vor die Tür gehen und dir die verdammten Lichter ausblasen!«, brüllte er.
    »Dann komm doch! Du würdest nicht mal davor zurückschrecken, einen alten Mann zu schlagen – nach allem, was man so hört«, schrie Sam zurück.
    Der Mann an der Bar machte einen schwerfälligen Schritt vorwärts, mit hochrotem Kopf, die geballten Fäuste dicht vor die Brust gehoben – wie ein Boxer, der zum tödlichen Schlag ausholt.
    Der Barmann, der alles gesehen und gehört hatte, schritt umgehend ein. Er hob die Klappe am Ende des Tresens, flitzte um die Ecke und packte den Ellbogen des Manns an der Bar mit starker Hand. »Für dich gibt’s nichts mehr, Peter. Zeit, nach Hause zu gehen. Wenn du jetzt nicht ganz ruhig verschwindest, brauchst du gar nicht mehr wieder herzukommen.«
    »Ich finde allein nach Hause«, blaffte der Mann, den er Peter genannt hatte, und schüttelte unwirsch die Hand des Barmanns ab. Er schien auf die Tür zuzugehen, tat dann aber plötzlich einen Schritt zur Seite, schlug um sich und krachte gegen den Tisch, an dem Honey und Sam saßen, dass ihre Gläser herunterfielen und klirrend am Boden zersprangen.
    »Dich krieg ich noch, Sam Trout«, nuschelte er und stieß mit einem Finger nach ihm, der nur etwa
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