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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad
Autoren: Edith Kneifl
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alten Schwabenau ab. Sinn für Humor und feine Zwischentöne schienen ihm völlig fremd zu sein.
    „Sie trauen sich also zu, meine Enkelin aufzuspüren? Wie werden Sie vorgehen? Damit eines von Anfang an klargestellt ist: Ich will keine Polizei. Verstehen wir uns richtig, Herr Karolli.“
    „Von Karoly!“
    „Ungar, eh?“
    „Mein Großvater, Albert von Karoly, war Stallübergeher beim Kaiser.“
    Tatsächlich wurde der Alte daraufhin eine Spur freundlicher.
    „Karoly …, Karoly …? Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.“ Er griff nach einem Monokel, das an einer goldenen Kette von seiner Weste herab bis auf seinen dicken Bauch hing, und musterte Gustav durch das Glas.
    „Sind Sie etwa der Bankert von dieser Soubrette?“, fragte er mit einem breiten Grinsen.
    Am liebsten hätte Gustav ihm mit seiner gefährlichen Rechten eine aufs Maul gegeben. Mühsam beherrscht sagte er: „Ja, die bekannte Operettensängerin war meine Mutter. Ich würde es übrigens vorziehen, über Ihre Enkelin zu sprechen. Ihre Tochter erwähnte, dass die Baronesse schon einmal für ein paar Tage von zu Hause weggelaufen ist.“
    „Das geht Sie nichts an.“
    „Wenn ich diesen Fall übernehmen soll, muss ich möglichst alles über sie wissen.“
    Bevor von Schwabenau ablehnend reagieren konnte, fuhr Gustav fort: „Angeblich interessiert sie sich sehr für Pferde.“
    „Ja, am liebsten treibt sie sich auf der Rennbahn herum.“
    „Ich werde also mit meinen Nachforschungen in der Freudenau beginnen.“
    „Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich gebe Ihnen drei Tage. Wenn Sie bis dahin meine Enkelin nicht gefunden haben, Gnade Ihnen Gott!“
    Obwohl Gustav diese Drohung nicht ernst nahm, erboste sie ihn sehr.
    „Wenn Sie mit Ihren Informationen nicht so geizen würden, stünden die Chancen, dass ich sie finde, wesentlich besser.“
    Überrascht blickte ihn der Alte an.
    „Nicht unverschämt werden, Bürschchen!“
    „Ich nehme an, Sie haben ausgezeichnete Beziehungen zu den Geschäftsleuten im Prater. Haben Sie sich bei diesen Herrschaften bereits umgehört?“
    „Ich bin froh, seit der Beendigung des Baus von ‚Venedig in Wien‘ mit diesem Gesindel nichts mehr zu tun zu haben. Habe mich lange genug mit der Prater-Bagage abgeben müssen.“
    „Haben Sie die Presse informiert?“
    „Ich bin doch nicht verrückt. Was glauben Sie, was das für einen Skandal gäbe? Wehe, Sie hängen das Verschwinden meiner Enkelin an die große Glocke!“
    „Eine Notiz in der Zeitung wirkt manchmal Wunder. So manche Ausreißerin wurde dadurch aufgespürt.“
    „Ich warne Sie zum letzten Mal: Keine Presse, keine Polizei!“
    „Wie Sie wollen. Ich werde mein Bestes tun. In drei Tagen bekommen Sie meinen ersten Bericht.“
    „Sie werden mir täglich über die Ergebnisse Ihrer Nachforschungen Bescheid geben!“
    „Wie Sie wünschen. – Danke, ich finde allein hinaus.“
    Herr von Schwabenau traf ohnehin keine Anstalten, ihn zur Tür zu begleiten.
    Wütend lief Gustav die flachen Marmorstufen hinunter. Als er fast bei der Haustür angelangt war, hörte er Margaretes Stimme: „Bitte warten Sie, Herr von Karoly!“
    Er blieb stehen, drehte sich um.
    Sie hatte ihn fast eingeholt. War völlig außer Atem und sah noch bezaubernder aus als vorhin. Ihre Wangen waren gerötet und ihr Busen hob und senkte sich bei jedem ihrer Schritte.
    „Was hat er gesagt?“
    „Leider nichts von Bedeutung. Ich fürchte, er wird uns keine große Hilfe sein. Am liebsten wäre es ihm, glaube ich, wenn ich keinen Finger rühren würde.“
    „Ich habe Sie engagiert, nicht er. Sie müssen Leonie finden, bevor es zu spät ist!“, beschwor sie ihn.
    „Ehrlich gesagt, habe ich noch bei keinem meiner Fälle so wenige Informationen bekommen wie dieses Mal. Ich werde mein Bestes tun, aber es wird sehr schwierig werden.“
    „Vielleicht sollten Sie wissen, dass ich mit Leonies Vater nicht verheiratet war. Ich glaube, das könnte wichtig sein.“
    Gustav bemühte sich, nicht allzu schockiert dreinzuschauen.
    „Ich habe natürlich als Erstes mit Leonies leiblichem Vater Kontakt aufgenommen. Er hat sie seit Wochen nicht gesehen.“
    „Wer ist der Vater?“
    „Das darf ich Ihnen leider nicht sagen.“
    Ehe er sie festnageln konnte, eilte sie mit gerafften Röcken wieder die Treppe hinauf. Fasziniert starrte Gustav auf die hohen Absätze ihrer schwarzen Wildlederstiefeletten.
    3
    Gustav beschloss, zu Fuß nach Hause zu gehen. Beim Gehen kamen ihm immer die besten
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