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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad
Autoren: Edith Kneifl
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seine Position bei der Polizei beneidete. Er wäre gern ein beamteter Polizeikommissär gewesen. Doch aufgrund seiner Vorstrafe würde er niemals die Chance bekommen, im Staatsdienst zu landen. Trotz aller Rivalität und Eifersüchteleien hielt ihre typische Männerbeziehung, wie seine Tante diese Freundschaft zu nennen pflegte, schon seit über zwanzig Jahren allen Stürmen des Lebens stand.
    Gustav wusste, dass er seinem Freund blind vertrauen konnte. Dennoch erzählte er ihm nicht gleich von seinem neuen Fall, sondern fragte ihn über Herrn von Schwabenau aus, ohne die verschwundene Enkelin zu erwähnen.
    „Der Schwabenau ist einer der ganz großen Kapitalisten der Stadt. Er ist mehrfacher Millionär und ein schrecklicher Ausbeuter und Halsabschneider. Sein immenses Vermögen hat er vor dreißig Jahren gemacht, bei den großen Eisenbahnbauten. Er war berüchtigt dafür, dass er seinen Arbeitern extrem niedrige Löhne gezahlt hat. Kein Wunder, dass er so einen riesigen Profit gemacht hat. Menschenleben haben für ihn nie viel gezählt. Ich möchte nicht wissen, wie viele seiner Arbeiter jämmerlich zugrunde gegangen sind. Ja, der Schwabenau ist einer der Schlimmsten. Er hat überall seine schmutzigen Finger drin. Erinnerst du dich an den Bauskandal bei der Errichtung von ‚Venedig in Wien‘ vor drei Jahren?“
    „Dunkel. Ich war damals in Paris oder bereits in London.“
    „Wie immer ging es um Geld. Der Schwabenau hatte die Politiker bestochen und ist dem Steiner, das war der Bauherr, den kennst du doch, oder …?“
    „Wer kennt den nicht.“
    „Also, der Schwabenau ist dem Steiner in den Arsch gekrochen und hat tatsächlich den Auftrag bekommen, den künstlichen Canal Grande bis zur Rotunde auszubauen. Als er auch die Errichtung des Campanile an sich reißen wollte, haben die anderen Unternehmer ihre Krallen gezeigt. Es ist zu ernsthaften Auseinandersetzungen gekommen, die natürlich auf dem Rücken der Arbeiter ausgetragen wurden. Die täglichen Schlägereien zwischen den Arbeitstrupps sind eskaliert. Als schließlich einer der Poliere der Gegenseite bei lebendigem Leibe im Campanile eingemauert wurde, haben wir endlich eingreifen können. Einen der Galgenvögel hat das schlechte Gewissen geplagt. Er hat aus der Schule geplaudert. Sonst hätten wir dieses Verbrechen niemals aufgedeckt. Wir haben mehrere Verdächtige verhaftet, unter anderem Max Polanski, der in jener Zeit Schwabenaus Mann fürs Grobe war. Leider haben wir ihn wieder gehen lassen müssen, haben ihm nicht nachweisen können, dass er selbst mit Hand angelegt hatte. Es war eindeutig Mord. Aber der Schwabenau hat seinem Handlanger einen berüchtigten Rechtsverdreher als Anwalt verschafft, den Weiniger. Erinnerst dich an ihn? Er hat mit uns studiert, war uns ein paar Jährchen voraus.“
    Gustav nickte verlegen.
    „Ach ja, du warst ja sogar gut Freund mit ihm. Hatte der nicht die Betrügerei mit den Überschwemmungsopfern organisiert, für die du dann teuer bezahlt hast?“
    Gustav erinnerte sich ungern an diese üble Geschichte. Er war als Student in schlechte Gesellschaft geraten und hatte sich eines Abends in stockbetrunkenem Zustand von seinen trinkfesten Kommilitonen dazu überreden lassen, bei einem hundsgemeinen Coup mitzumachen. Sie hatten sich Briefpapier drucken lassen und Bettelbriefe an reiche Leute geschrieben, in denen sie um Spenden für die armen Opfer des Hochwassers baten. Der Wienfluss und die Donau hatten die Stadt überschwemmt, tausende Menschen waren obdachlos geworden. Das Großbürgertum zeigte sich mildtätig und spendete großzügig. Die Überschwemmungsopfer sahen keinen Heller. Der Betrug kam schließlich ans Licht. Gustav und einer seiner Mittäter, der dümmer als erlaubt war, wurden verhaftet. Ihnen wurde „Wohlstandsbetrug“ vorgeworfen. Obwohl diese Schurkengeschichte nicht ihre, sondern Weinigers Idee gewesen war – aber der hatte sich geschickt aus der Affäre gezogen – , landeten sie in Untersuchungshaft. Als Mann von Ehre hatte Gustav seinen Kommilitonen Weiniger nicht angeschwärzt, sondern die Strafe auf sich genommen. Allerdings hatte er nur drei Nächte in Untersuchungshaft verbracht, dann war er, ohne Erklärung, wieder freigelassen worden. Dem Dummkopf wurde der Prozess gemacht, obwohl auch er nur ein kleiner Mitläufer gewesen war. Gustav war nach diesem Skandal von der Universität verwiesen worden. Es war ihm nichts anderes übrig geblieben, als sich freiwillig zum Militär zu melden. Er
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