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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns
Autoren: Eugen Freund
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Ruhe gelassen. Jasmin wusste, dass dieser Zustand nicht mehr lange aufrechtzuhalten war. Sie setzte sich an ihren Platz, öffnete die hellrote Mappe und nahm wieder ein paar Blätter heraus.
    Von: [email protected]
An: [email protected]
    Nach dem kurzen Telefongespräch lief David Krimnick die Stiegen nach oben. Eleanor hatte sich nach dem Duschen nur ein großes Handtuch umgebunden, ihre Haare hingen nass herunter, sie hasste es, wenn man sie bei der Morgentoilette störte. David wusste das nur allzu gut, darum verabschiedete er sich auch nur kurz – „see you tonight“ – und verließ das Haus. In der Einfahrt stand sein Acura, damit fuhr er nach D.C. Vorbei an der Defense Mapping Agency – ein riesiger Komplex für Geheimdienstagenten, die nichts anderes taten, als Satelliten-Fotos auszuwerten. Vor allem nach den Angriffen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 waren die Computer der DMA heißgelaufen: Irak und Afghanistan wurden genau ins Visier genommen, Saddam Husseins Waffenlager, oder was man dafür hielt, wurde bis ins kleinste Detail observiert. Und danach hatte Außenminister Colin Powell vor aller Welt im UNO-Sicherheitsrat Fotos von genau dieser Agentur vorgelegt, die beweisen sollten, dass der Irak Fahrzeuge mit biologischen Waffen in Stellung gebracht hatte. Es waren jene Dokumente, die auch die letzten Zweifel unter den Alliierten ausräumen sollten, dass Saddam Hussein tatsächlich Böses im Schilde führte.
    Sie trafen sich in Georgetown. Er hatte die P-Street an der Ecke zur 33. Straße gut in Erinnerung: Jedes Mal, wenn er mit seinem Wagen nach D.C. fuhr, fürchtete er sich vor dem Stau in der 36. Straße – dann bog er meist links ab und kam auf das Kopfsteinpflaster mit den schmalen Straßenbahnschienen, die schon vier Jahrzehnte keine Tramway mehr gesehen hatten. Doch aus unerfindlichen Gründen wollten die Bewohner in ihren kostbaren Einfamilienhäusern daran nichts geändert haben. Weniger aus sentimental-historischen Gründen, eher weil dadurch weniger Autos durchrasten. Von „rasen“ war ohnehin keine Rede, denn jedes nur ein wenig ältere Fahrzeug wurde so durchgerüttelt und durchgeschüttelt, dass man Sorge haben musste, am Ende, wenn es endlich wieder auf Asphalt weiterging, wie Hänsel und Gretel anhand der verlorenen Schrauben den Weg zurückverfolgen zu können.
    David war schon ein paar Minuten vor dem vereinbarten Termin angekommen, er hatte sogar einen Parkplatz gefunden, hier konnte man noch zwei Stunden stehen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Er hatte eine blaue Mappe in der Hand, und er weil noch ein wenig Zeit hatte, spazierte er gemütlich einmal um den Block. An einer Ecke fiel ihm ein geparktes, dunkelblaues Mustang-Cabrio auf. Er erkannte es sofort als Baujahr 1968, die Schnauze war schon ein wenig abgerundet, ebenso die Heckflosse. Das Stoffdach war noch in gutem Zustand, wahrscheinlich ohnehin schon mindestens einmal ersetzt, dachte David. Er kannte sich da gut aus, Oldtimer waren eine seiner Leidenschaften. Auch wenn er selbst noch keinen in der Garage hatte, mit dem hier könnte er einen Anfang machen, er musste nur noch den häuslichen Widerstand überwinden: Eleanor hatte ihm immer gedroht auszuziehen, sollte er einmal mit so einem „Gerümpel“, wie sie es nannte, aufkreuzen.
    Er schrieb sich die Nummerntafel auf (für ihn war es kein Problem, im Motor Vehicle Department anzurufen und herauszufinden, wem das Kennzeichen gehörte), machte noch eine Runde um den Wagen und ging dann wieder zurück zur P-Street. Schon aus einiger Entfernung sah er Peter etwa in der Mitte des Blocks stehen: Er trug einen grauen Anzug, ein weißes Hemd mit einer einfarbigen, blauen Krawatte, und sein Gesicht wurde von einer dunklen Sonnenbrille halb abgedeckt. Selbst wenn man es nicht wusste, Peter sah aus, wie man sich einen CIA-Agenten vorstellte: Vor allem das kurzgeschnittene Haar ließ keinen Zweifel daran. Die beiden kannten einander noch aus College-Tagen, sie spielten damals beide im selben Football-Team und nach den hitzigen Kämpfen entspannten sie sich gemeinsam in derselben Bar. Einmal stand die Freundschaft auf der Probe, als Peter David ein Mädchen ausspannte, mit dem David schon ein halbes Jahr zusammen war. Samantha war eine attraktive, blonde Schönheit, nur – das fand David dann bald heraus, und nicht aus einem „Saure-Trauben-Komplex“ – legte sie mehr Wert auf Äußerlichkeiten als auf akademische Fortschritte. Aber auch
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