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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin
Autoren: Philippa Gregory
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donnern über den Grund, setzen hier und da über Leichen oder pflügen mitten durch sie hindurch. Ein Vorreiter wird vom Pferd gerissen, doch die Hauptformation schießt dicht aneinandergedrängt wie ein Pfeil um die Armee Tudors herum, die die Gefahr jetzt erkennt und wankt und sich umzudrehen versucht. Doch sie kann nichts anderes tun, als dem galoppierenden Angriff auf ihren Anführer zuzusehen. Die yorkistischen Reiter fliegen unaufhaltsam auf Henry Tudor zu, die Schwerter gezückt, die Lanzen nach vorn gerichtet, gesichtslose Reiter mit spitzgezackten Helmen, grauenerregend und schnell wie der Donner. Da bemerken die Pikeniere den Angriff, brechen aus den Reihen aus und laufen nach hinten. Richard, der sie davonlaufen sieht, glaubt, sie würden fliehen, und brüllt noch einmal: «Für York! Und England!»
    Im nächsten Augenblick sitzt Tudor ab. Warum tut er das?, überlegt Richard, der sich schwer atmend über die Mähne seines Pferds beugt. Warum sitzt er ab? Jetzt prescht Tudor zu seinen Pikenieren, die ihm entgegenstürmen. Er hat das Schwert gezückt, sein Standartenträger läuft neben ihn. Henry ist jenseits von Vernunft, jenseits von Angst in dieser seiner ersten Schlacht als Erwachsener. Er spürt den Boden beben, als die Pferde wie eine hohe Welle auf ihn zugedonnert kommen. Er ist ein Kind, das sich am Strand dem Gewitter stellt. Er sieht, wie Richard sich mit ausgestreckter Lanze im Sattel weit vornüberbeugt, er bemerkt das Schimmern des goldenen Runds über den silbernen Helm. Keuchend vor Angst und Aufregung, brüllt Henry den französischen Pikenieren zu: «Jetzt!
À moi! À moi!
»
    Sie sausen zu Henry, und dann drehen sie sich um, lassen sich auf die Knie fallen und richten ihre Piken nach oben. Die zweite Reihe stützt die Piken auf die Schultern ihrer Kameraden, die dritte Reihe hält die Piken nach vorn, wie eine Wand von Dolchen, auf die heranbrausenden Pferde. Darin eingeschlossen, wie in einem menschlichen Schild, ist Henry Tudor.
    So etwas hat Richards Kavallerie noch nie gesehen. Niemand hat so etwas in England je gesehen. Sie können ihren Ansturm nicht abbremsen, sie können ihn auch nicht mehr abwenden. Einer oder zwei Kavalleristen in der Mitte zerren ihre Pferde zur Seite, doch ihre galoppierenden Hintermänner reißen sie nieder, in einem Chaos aus Stolpern, Schreien und gebrochenen Knochen, reißen sie unter die Hufe ihrer eigenen Pferde. Die anderen pflügen weiter, zu schnell, um anzuhalten, und werfen sich den erbarmungslosen Klingen entgegen. Die Pikeniere taumeln unter dem Aufprall, doch sie stehen zu dicht: Sie halten stand.
    Richards Pferd stolpert über einen Toten und geht in die Knie. Richard wird kopfüber abgeworfen, kommt taumelnd wieder auf die Füße und zieht das Schwert blank. Die anderen Ritter werfen sich auf die Pikeniere, und das Dröhnen der Schwerter auf hölzernen Heften, vorgestoßener Klingen und zerbrochenen Piken ist wie das Hämmern in einer Schmiede. Richards Getreue versammeln sich in Schlachtordnung um ihn, zielen auf das Herz der Formation, und nach und nach gewinnen sie an Boden. Die Pikeniere in der ersten Reihe können nicht aufstehen, denn sie werden von dem Gewicht der anderen niedergedrückt. Sie werden da, wo sie knien, niedergestochen. Die mittlere Reihe fällt gegen den wilden Angriff zurück, sie verliert unweigerlich an Boden. Henry Tudor, in ihrer Mitte, steht immer schutzloser da.
    Richard, das Schwert rot von Blut, kommt ihm näher, weiß er doch, dass die Schlacht vorbei ist, sobald Tudor fällt. Die beiden Standarten sind nur wenige Schritte voneinander entfernt; Richard rückt weiter vor, durch eine Mauer aus Männern kämpft er sich auf Tudor zu. Aus dem Augenwinkel bemerkt er das Rot des Drachens, und wütend schlägt er in einem gewaltigen Hieb auf den Drachen und den Standartenträger, William Brandon, ein. Es sieht aus, als würde die Standarte fallen, doch einer aus Henrys Leibgarde springt vor, packt den zerbrochenen Stiel und hält sie hoch. Sir John Cheney, ein Riese von einem Mann, wirft sich zwischen Henry und Richard. Richard schlitzt ihm die Kehle auf, und der Tudorritter geht mit einer klaffenden Wunde zu Boden. Er weiß, dass sie geschlagen sind, und ruft Henry zu: «Flieht, Sir! Bringt Euch in Sicherheit!» Seine letzten Worte ersticken im Blut.
    Henry hört die Warnung, er weiß, dass er sich umdrehen und davonlaufen muss. Es ist vorbei. Doch dann hören sie es. Beide – Richard und Henry – heben den Kopf, als
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