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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin
Autoren: Philippa Gregory
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sie das tief donnernde Dröhnen einer Armee in vollem Galopp hören. Die Armeen der Stanleys stürmen auf sie zu, die Lanzen gesenkt, die Piken vor sich, die Schwerter bereit. Frische Pferde preschen auf sie zu, als wären sie gierig auf Blut, und als sie aufeinanderprallen, durchtrennt eine Streitaxt mit einem einzigen Hieb Richards Standartenträger die Beine. Als Richard herumwirbelt, lässt sein Schwertarm ihn im Stich, plötzlich ist er verhängnisvoll schwach, in diesem einen Augenblick, in dem er viertausend Männer gegen sich vorrücken sieht, bevor er unter einem Wirbel namenloser Hiebe untergeht. «Verrat!», brüllt er. «Verrat!»
    «Ein Pferd!», schreit jemand verzweifelt für ihn. «Ein Pferd! Ein Pferd! Holt dem König ein Pferd!»
    Doch der König ist tot.
    ***
    Sir William Stanley zieht Richard den Helm von dem baumelnden Kopf, bemerkt, dass das dunkle Haar des Königs noch feucht ist vom warmen Schweiß, und überlässt es anderen, sich um den Rest seiner prächtigen Rüstung zu streiten. Mit der Spitze einer Pike trennt er das goldene Rund der Königswürde vom Helm, schreitet zu Henry Tudor, kniet im Schlamm nieder und bietet ihm die Krone von England dar.
    Henry Tudor nimmt sie, noch unter dem Schock taumelnd, mit blutbeschmierten Händen entgegen und setzt sie sich auf den Kopf.
    «Gott schütze den König!», brüllt Stanley seiner Armee zu, die frisch und unberührt näher kommt. Einige der Soldaten lachen über die Schlacht, die sie in solch entschlossener Herrlichkeit gewonnen haben, ohne ihre Schwerter zu beschmutzen. Stanley ist der erste Engländer, der diese Worte zu dem gekrönten Henry Tudor sagt, und er wird dafür sorgen, dass der König sich daran erinnert. Lord Thomas Stanley steigt an der Spitze seiner Armee, die den Ausgang der Schlacht im letzten, ja, im allerletzten Augenblick herumgerissen hat, von seinem keuchenden Pferd und lächelt seinen Stiefsohn an. «Ich habe gesagt, ich würde kommen.»
    «Ihr werdet belohnt», sagt Henry. Er ist grau vor Schreck und glänzt vor kaltem Schweiß und vom Blut eines anderen. Er sieht zu – ohne etwas zu begreifen –, als sie König Richard die prächtige Rüstung und sogar die Unterwäsche ausziehen und seinem humpelnden Pferd den nackten Leichnam über den Rücken werfen. Es lässt den Kopf hängen, als schämte es sich. «Ihr alle, die Ihr heute für mich gekämpft habt, werdet reich belohnt.»
    ***
    Ich knie in meiner Kapelle und bete, als sie mir die Nachricht bringen. Ich höre das Schlagen der Tür und die Schritte auf dem Steinfußboden, doch ich wende nicht den Kopf. Ich öffne die Augen und richte den Blick fest auf die Statue des gekreuzigten Christus, und ich frage mich, ob auch ich gleich meinen Leidensweg einschlagen werde. «Wie lautet die Nachricht?», frage ich.
    Christus schaut auf mich herab, ich schaue zu ihm auf. «Bring mir gute Nachrichten», sage ich zu ihm wie zu der Hofdame, die hinter mir steht.
    «Euer Sohn hat die Schlacht gewonnen», sagt sie mit zitternder Stimme. «Er wurde noch auf dem Schlachtfeld zum König von England ausgerufen.»
    Ich schnappe nach Luft. «Und Richard, der Usurpator?»
    «Tot.»
    Ich begegne Jesus’ Blick, und beinahe hätte ich ihm zugezwinkert. «Gott sei Dank», sage ich, als würde ich einem Verschwörer zunicken. Er hat seinen Teil getan. Jetzt werde ich den meinen tun. Ich erhebe mich, und meine Lady hält mir einen Brief hin, einen Fetzen Papier, von Jasper.
    Unser Junge hat seinen Thron erobert, wir können unser Königreich betreten. Wir kommen sofort zu Dir.
    Ich lese es noch einmal. Ich habe das seltsame Gefühl, als wäre mein größter Wunsch erfüllt worden und als würde von diesem Tag an alles anders werden. Ich werde herrschen.
    «Wir müssen Gemächer für meinen Sohn vorbereiten, er wird mich sofort besuchen kommen», sage ich kühl.
    Die Lady hat gerötete Wangen, sie hat wohl gehofft, wir würden einander in die Arme fallen und vor Freude über den Sieg tanzen. «Ihr habt gesiegt!», ruft sie aus. Sie hofft, ich werde mit ihr weinen.
    «Ich bin endlich zu meinem Recht gekommen», verbessere ich sie. «Ich habe meine Bestimmung erfüllt. Es ist der Wille Gottes.»
    «Es ist ein glorreicher Tag für Euer Haus!»
    «Ich sah die Mühe, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie darin geplagt werden.»
    Sie macht einen kleinen Knicks. «Ja, Mylady.»
    «Ja, Euer Gnaden», verbessere ich sie. «Ich bin jetzt ‹My Lady, Königinmutter›, und Ihr werdet vor mir
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