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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch
Autoren: Martin Schueller
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Magdalena sah ihn an und schüttelte den Kopf.
    »Andi …«, sagte sie nur.
    »Was denn?«, fragte er.
    Er war noch so blass wie heute Morgen. Ein kleiner
roter Punkt zwischen Unterlippe und Kinn zeigte, dass er sich beim Rasieren
geschnitten hatte. Er trug ein beiges Hemd mit einer dunkelroten Krawatte.
    Und er kam eine ganze Stunde zu früh.
    »Ich konnte nicht schlafen«, sagte er.
    »Na dann …« Magdalena machte eine Sicherungskopie und
schloss die Datei.
    »Wie war der Abend?«, fragte Andi.
    »Ruhig. Aber nach dem Morgen kam es mir
vielleicht auch nur so vor. Soll ich dir einen Espresso machen?«
    »Nein, nein. Ich hab so viel Kaffee heute. Mein
Magen.«
    »Du siehst eigentlich nicht aus, als würdest du die
Nacht durchstehen. Es hat keiner was davon, wenn du zusammenklappst. Geh nach
Hause, Andi.«
    Aber Andi Weidinger sah zu Boden und bewegte den Kopf
hin und her wie ein trotziger kleiner Junge. Magdalena lächelte, aber er sah es
nicht.
    »Na schön. Wahrscheinlich wird es ruhig bleiben. Also:
Wenn du einschläfst, mach dir keine Vorwürfe.«
    »Tu ich nicht«, sagte Andi, und sie wusste, dass er
das Einschlafen meinte und nicht die Vorwürfe. Eigentlich gehörte es zum
Konzept des »Lenas«, den Gästen einen echten Vierundzwanzig-Stunden-Service zu
bieten, aber das ging mit nur einer Person am Empfang nicht wirklich, und es
war keine leichte Entscheidung für Lena gewesen, auf eine zweite Kraft zu
verzichten. Aber es wäre bei zwölf Zimmern einfach nicht zu finanzieren, selbst
bei den deftigen Preisen, die ihre Klientel zu bezahlen bereit war.
    Und es würde wohl kaum ein Schaden entstehen, wenn
Andi während der Nachtschicht mal einduselte. Magdalena war sich sicher, dass
seine Kollegen das regelmäßig machten. Aber Andi war eben Andi.
    »War was mit dem … diesem Düsseldorfer?«, fragte er.
    »Wieso?« Sie sah auf. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich hab nachgedacht über den heute. Irgendwie
komisch, weiß nicht, der Mann.«
    »Ja … Und stellt komische Fragen.«
    »Fragen?« Andi nestelte an seiner Krawatte.
    Magdalena griff nach dem Knoten und richtete ihn. »Hab
ich dir mal von der alten Fehde zwischen den Meixners und den Schedlbauers
erzählt?«, fragte sie und ärgerte sich sofort, das Thema überhaupt angerissen
zu haben.
    »Nein«, antwortete Andi. »Du nicht. Aber andere
haben.«
    Sie runzelte die Stirn. Klar, wenn ein Auswärtiger
hier für eine Meixner arbeitete, bekam er viel zu hören. Und nicht besonders
viel Wahres. Den Angestellten der Schedlbauers dürfte es ähnlich gehen, nur
eben andersherum.
    »Dieser Herr Kant weiß jedenfalls davon«, sagte sie.
»Ich meine, bis Düsseldorf sollte sich das doch eigentlich noch nicht rumgesprochen
haben.«
    Andi stieß ein kleines Lachen aus. »Dahin nicht«,
sagte er. »Vielleicht kennt er wen hier.«
    »Bestimmt sogar. Aber keinen Meixner. Er muss
irgendwas mit den Schedlbauers zu tun haben.«
    »Ist doch alt, die Geschichte, oder?« Andi sah sie mit
seinen traurigen Augen an.
    »Ja«, seufzte Magdalena. »Alt genug hoffentlich.«
    »Und?«, fragte Andi.
    »Was, und?«
    »Ich meine: Er weiß davon, der Düsseldorfer. Und?«
    »Ach so. Ja … Ich konnte ja schlecht an der Bar
darüber reden, ich weiß also nichts Genaues … Er wollte mich morgen Abend zum
Essen einladen. Ins St. Benoît.«
    Andi senkte unstet den Blick.
    »Aber morgen hab ich Spätschicht«, sagte sie.
    »Die haben einen Stern«, sagte Andi, ohne sie
anzusehen.
    »Ich weiß.«
    »Und du bist doch neugierig …?«
    »Aufs St. Benoît? Schon. Aber das rennt ja nicht weg.«
    »Nein, auf ihn . Den Düsseldorfer.«
    »Ich wüsst halt gern, wieso er nach der
Schedlbauer-Geschichte gefragt hat.«
    »Dann geh doch«, sagte Andi, den Blick immer noch
gesenkt.
    »Spät-schicht« ,
wiederholte sie singend.
    »Kann ich doch«, sagte Andi.
    »Klasse, und wer macht die Nacht?«
    »Ich eben.«
    »Andi, hör auf«, sagte sie ärgerlich. »Guck mal in den
Spiegel. Du kannst keine Doppelschicht fahren.«
    »Doch«, sagte er. Trotzig hob er den Blick und sah sie
an. »Er hat nur für drei Tage reserviert. Dann ist er weg.« Er sah wieder zu
Boden und kaute auf der Unterlippe. »Chancen nutzen. Sagst du doch immer«,
sagte er leise.
    Magdalena sah ihn irritiert an, aber Andi starrte
weiter auf seine Füße.
    »Na schön«, sagte sie. »Wenn du unbedingt willst.«
    Andi grinste schief, als wisse er selbst nicht, was
ihn zu diesem Angebot veranlasst hatte.
    Magdalena lächelte, aber plötzlich
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