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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch
Autoren: Martin Schueller
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einer chinesischen
Porzellanvase, daneben ein kleiner Teller mit Petit Fours. Das Bett hatte zwei
mal zwei Meter und war mit schneeweißem Leinen bezogen, darüber hing eine teure
Mark-Rothko-Reproduktion.
    Das Fenster bot den Blick über die von der
Schneeschmelze wild reißende Loisach auf die Kramerspitz.
    Kant öffnete das Fenster, und das Rauschen des Flusses
drang herein.
    »Ganz schön laut«, sagte er und schloss das Fenster wieder.
    »Die Zimmer nach hinten haben nicht diese Aussicht«,
sagte Magdalena freundlich, »aber wenn Sie möchten …«
    »Danke«, sagte Kant. »Oder: Passt schon. So sagt man
doch bei Ihnen?«
    Sie wusste das Lächeln in seinen Mundwinkeln nicht zu
deuten. Entweder war Kant ein Riesensnob, oder er nahm sie auf den Arm. Beides
konnte sie nicht besonders leiden, obwohl ein sehr großer Prozentsatz ihrer
Gäste zu der ersten Kategorie zählte.
    » W-LAN ?«,
fragte Kant.
    »Selbstverständlich«, antwortete Magdalena. »Wenn Sie
Probleme haben sollten, wenden Sie sich jederzeit an den Empfang.«
    Kant nickte einigermaßen wohlwollend.
    »Frühstück gibt es, wann immer Sie mögen, aber leider
verfügen wir über kein eigenes Restaurant.«
    »Welches können Sie empfehlen?«
    »Wir haben eine Liste, damit Sie nach Ihrem Geschmack
auswählen können. Ich werde sie Ihnen bringen.«
    »Lassen Sie mal … Einen Stern werde ich hier wohl
nicht finden, oder?« Wieder lächelte Kant sie auf seine undurchsichtige Art an.
    »Da müssten Sie ins St. Benoît nach Oberammergau. Das
ist nicht besonders weit. Wenn Sie möchten, reservieren wir Ihnen dort einen
Tisch.«
    Kant nickte zufrieden. »Ein andermal gern. Heute werde
ich mir erst mal Garmisch anschauen.«
    »Wenn Sie keine weiteren Wünsche haben …« Mit einem
Nicken zog Magdalena sich zurück und schloss die Tür hinter sich. Sie blieb,
die Klinke in der Hand, einen Moment stehen und runzelte die Stirn. Aus dem
Mann wurde sie nicht schlau.
    Plötzlich bewegte sich die Klinke in ihrer Hand, und
die Tür öffnete sich. Magdalena merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss,
aber Kant sah sie an, als sei es völlig selbstverständlich, dass sie immer noch
vor seiner Tür stand.
    »Noch etwas«, sagte er. »Es wäre schön, wenn mein Name
Außenstehenden gegenüber nicht erwähnt würde.«
    »Das werden wir einrichten«, sagte Magdalena und ließ
sich keine Verwunderung anmerken. »Wenn der Kunde gestiefelte Maiglöckchen
will, bekommt der Kunde gestiefelte Maiglöckchen«, hatte ihr Chef in Augsburg
immer gesagt, und sie hatte oft genug gestiefelte Maiglöckchen geliefert.
    Kant ließ ein Lächeln aufblitzen und schloss die Tür
wieder.
    Magdalena ging die Treppe hinunter. Unten an der
Rezeption stand immer noch Andi. Er sah sie an, als laste alle Verantwortung
für den Zechpreller auf seinen Schultern. Gernot, der die Tagschicht machte,
tippte mit betretener Miene auf dem Laptop herum und versuchte, nicht
aufzufallen.
    Magdalena lächelte Andi traurig an und hob dann
theatralisch hilflos die Arme. Andi sah betreten zu Boden.
    »Jetzt komm mal mit«, sagte sie und ging in die Bar.
Andi trottete hinter ihr her.
    »Mach die Tür zu.«
    Andi gehorchte. Um diese Tageszeit war die Hotelbar
leer. Magdalena trat hinter den Tresen. Sie nahm eine Flasche Fernet-Branca aus
dem Kühlschrank, schenkte zwei Doppelte ein und reichte Andi einen.
    Er sah sie zweifelnd an. »Ist das nicht was früh? So
am Tag, meinte ich. Also noch morgens. Wegen Alkohol?«
    Magdalena stieß mit ihm an. »Pfeif drauf«, sagte sie
und stürzte den Bitter hinunter. Andi tat es ihr nach, und beide schüttelten
sich in dem wohligen Schauer, den das Zeug ihre Rücken hinunterjagte.
    »Es gibt so Tage …«, sagte sie.
    »Alles Scheiße, was?« Andi sah sie von unten her an
wie ein Hund, den man in den Regen geschickt hat.
    »Andi, vergiss es einfach. Du kannst nichts dafür. Ich
bin doch selber auf ihn reingefallen. Der Mann war gut. Ein Profi.« Magdalena
stellte die Flasche in den Kühlschrank zurück und spülte die Gläser.
    »Ich kann mich ja beteiligen. Also an dem Schaden,
mein ich«, sagte Andi leise.
    Magdalena sah ihn kurz an, dann bückte sie sich und
holte die Flasche wieder hervor. Eigentlich wollte sie gar nicht trinken, aber
sie wusste nicht, wie sie anders aus Andis Blick kommen konnte, um die Träne
fortzuwischen, die ihr urplötzlich in den Augenwinkel geschossen war. Sie
drehte sich von Andi weg, nahm geräuschvoll neue Gläser aus dem Regal und zog
dabei
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