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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit
Autoren: Christian Jacq
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Papyrus.
    Sobald das Boot Fahrt aufgenommen und sich entfernt hatte, zerriß Chenar Isets Brief und ließ die Schnipsel im Wind davonflattern.
    Es war eine warme, von Düften getränkte Sommernacht. Kaum zu glauben, daß Sethos sein Volk verlassen hatte und ganz Ägypten den Tod eines Königs beklagte, der den Pharaonen des Alten Reichs ebenbürtig war. Für gewöhnlich herrschte abends fröhliches Treiben, auf den Dorfplätzen und in den Straßen der Städte wurde getanzt und gesungen, und man erzählte sich Geschichten, vor allem Fabeln, in denen Tiere die Stelle der Menschen einnahmen und sich zumeist weiser als sie verhielten. Doch in dieser Zeit der Trauer, während der königliche Leichnam einbalsamiert wurde, war jedes Lachen und Scherzen verstummt.
    Wächter, der goldgelbe Hund von Ramses, schmiegte sich im Schlaf an die Flanke Schlächters, des gewaltigen Löwen, der den Garten des Regenten bewachte. Der Hund und der Löwe hatten sich, kaum daß die Gärtner mit dem Bewässern der Pflanzen fertig waren, im kühlen Gras niedergelassen.
    Unter den Gärtnern befand sich ein Grieche, ein Soldat des Menelaos, der sich bei ihnen eingeschlichen hatte. Ehe er sich nach getaner Arbeit zurückzog, hatte er in einem Lilienbeet vergiftete Fleischbällchen ausgelegt. Die gefräßigen Tiere würden ihnen bestimmt nicht widerstehen können. Selbst wenn es mehrere Stunden dauern sollte, bis die Raubkatze verendete, so vermochte doch kein Tierarzt, sie zu retten.
    Wächter witterte als erster einen ungewohnten Geruch.
    Er gähnte, streckte sich, hielt seine Schnauze schnuppernd in die Nachtluft und trottete zu den Lilien. Sein Spürsinn führte ihn zu den Fleischbällchen, die er lange beschnüffelte. Darauf kehrte er zum Löwen zurück. Wächter war nicht selbstsüchtig, er wollte sich nicht allein an einem so schönen Fund gütlich tun.
    Die drei Soldaten, die auf der Gartenmauer hockten, beobachteten zufrieden, wie der Löwe sich aus seiner Trägheit erhob und dem Hund folgte. Noch ein wenig Geduld, dann war der Weg frei. Dann konnten sie unbehelligt zum Gemach des Regenten vordringen, ihn im Schlaf überwältigen und auf das Schiff des Menelaos bringen.
    Seite an Seite blieben der Löwe und der Hund stehen und steckten die Schnauzen in das Lilienbeet.
    Übersättigt, wie sie waren, legten sie sich direkt auf die Blumen.
    Eine Weile danach sprang einer der Griechen von der Mauer herunter. In Anbetracht der Menge und Stärke des Gifts mußte der Löwe bereits gelähmt sein.
    Der Späher winkte seine Gefährten heran, und gemeinsam schlichen sie den Weg entlang, der zu Ramses’ Gemächern führte. Sie waren gerade im Begriff, den Palast zu betreten, als sie ein Knurren vernahmen und sich umdrehten.
    Hinter ihnen standen Schlächter und Wächter und ließen sie nicht aus den Augen. Zwischen den umgeknickten Lilien lagen noch immer die Fleischbällchen, die der Hund noch einmal beschnüffelt und dann verschmäht hatte. Der Löwe hatte sich vom Instinkt seines Freundes leiten lassen und den vergifteten Köder zertrampelt.
    Die drei mit Messern bewaffneten Griechen drängten sich eng aneinander.
    Da streckte Schlächter seine Krallen aus und stürzte sich mit aufgerissenem Maul auf die Eindringlinge.
    Der griechische Offizier, dem es gelungen war, sich in die Leibwache von Ramses aufnehmen zu lassen, schritt langsam durch den im Schlummer liegenden Palast auf die Gemächer des Regenten zu. Ihm oblag es, die Gänge zu überprüfen und jedes ungewöhnliche Vorkommnis zu melden, deshalb ließen ihn die Wachsoldaten, die ihn gut kannten, ungehindert vorbei.
    Er näherte sich der Türschwelle aus Granit, auf der Serramanna schlief. Behauptete der Sarde nicht immer, man müßte, um zu Ramses vorzudringen, erst ihm die Kehle durchschneiden? Sobald er aus dem Weg geräumt war, hatte Ramses seinen wichtigsten Beschützer verloren, und die gesamte Wache würde zu Chenar überlaufen, zum neuen Herrn von Ägypten.
    Der Grieche blieb stehen und lauschte.
    Bis auf die regelmäßigen Atemzüge eines schlafenden Mannes war kein Laut zu hören.
    Trotz seiner körperlichen Robustheit brauchte auch Serramanna einige Stunden Schlaf, aber womöglich war er wie eine Katze, die aufwachte, sobald Gefahr drohte. Der Grieche mußte ihn überrumpeln und durfte seinem Opfer keine Gelegenheit geben, sich zu wehren.
    Besonnen lauschte der Söldner noch einmal. Kein Zweifel: Serramanna war ihm ausgeliefert.
    Der Grieche zog seinen Dolch aus der Scheide und
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