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Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)

Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)

Titel: Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)
Autoren: Eberhard Feuchtenbeiner
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verschafft hatte, zahlte ihm bis zu fünfzig Gulden dafür, je nach Stand und Vermögen. Und natürlich zeigten sich auch die Herren der Schöpfung erkenntlich.
    Das Procedere war folgendermaßen: Johanns erste Aufgabe bestand darin, sich von der Diskretion der Personen zu überzeugen, denen er das Album vorlegte. Hatte ein Herr sein Vertrauen erlangt, konnte er nach Belieben in den Fotos gustieren. War die Wahl getroffen, gab der Mann Johann eine Abbildung von sich selbst, die der umtriebige Zimmerkellner der erwählten Lebedame vorlegte. Diese fällte dann die Entscheidung, ob sie zum gewünschten Treffen erscheinen würde oder nicht.
    Bei Hermann lief die Sache etwas anders ab, denn er war sowohl Johann über Jahre ein treuer Kunde gewesen als auch der Damenwelt namentlich bekannt; auch ohne ein Foto von ihm gesehen zu haben war jede der begierigen Schönheiten nur zu gern bereit, dieses Bild von einem Mann in die Arme zu schließen. Tatsächlich hatte sich der Baron schon einige Male im Schlafgemach von Frauen eingefunden, die er bereits aus der Gesellschaft gekannt hatte, und beide Teile empfanden stets die zugleich anrüchige und überaus diskrete Art ihrer Zusammenkunft als besonders anregend und köstlich amüsant.
    „Bitte, Herr Baron, das Album. Im hinteren Teil befinden sich Fotografien, die Ihnen bereits bekannt sind, die Neuerwerbungen sind vorne zu betrachten.“
    Hermann griff rasch nach dem Buch, blätterte es durch und warf schnelle Blicke auf die dargebotene Weiblichkeit.
    Engelhafte, so unschuldig aussehende Gesichter junger Elfen gab es da zu sehen, kaum der Schule entwachsen und bereits vollends einem ganz und gar nicht unschuldigen Verlangen verfallen; reife, üppige Schönheiten schienen ihn mit ihren begehrlichen Blicken regelrecht anzubetteln, doch sie zu erwählen für eine lustvolle Begegnung ohne die üblichen Hemmnisse von Stand und Gesellschaft. Dunkelhaarige mit schwarzer Glut in den Augen streckten ihm ihre Brüste entgegen, Blondinen lächelten verrucht in die Kamera, die geschminkten Lippen um einen Zigarettenspitz geschmiegt, den sie in ihrer in Glacéhandschuhe gehüllten Rechten hielten. Hermann wurde heiß und kalt zugleich. Er verspürte eine wachsende Erregung und beinahe Schwindel, als er von Schönheit zu Schönheit wanderte und sich ausmalte, jede einzelne dieser Frauen besitzen zu können. Ganz besonders erhitzte ihn die Gewissheit, dass er hier ausschließlich seinesgleichen begegnete – nur Damen von Stand und Welt, Frauen aus der besten Gesellschaft, fanden Eingang in Johanns Album. Kein Anblick einer gewöhnlichen Hure, keine Aussicht auf eine Begegnung mit einer Dirne, die für etwas Geld für jedermann die Beine öffnete, hätte Hermanns Feuer derart schüren können. Darin unterschied er sich nicht von anderen Männern – gerade die süßesten Früchte, die am schwersten zu erlangen waren, weckten das größte Verlangen. Und hier waren sie alle versammelt, zum Greifen nah. Noch dazu kannte er die meisten von ihnen, er hatte sie zumindest in Gesellschaften gesehen oder sogar bei langweiligen Soireen ein wenig Konversation mit ihnen getrieben, ohne die geringste Ahnung zu haben, sie eines Tages in Johanns besonderem Album wiederzufinden – mit der Aussicht, gänzlich andere und gar nicht langweilige Dinge mit ihnen zu treiben.
    „Sieh an“, rief er vergnügt, „die schöne Anita, Tochter des Rechtsanwaltes F., und ihre Cousine – wenn deren Bankiersvater wüsste, was seine Tochter für ein geiles Luder ist. Dann haben wir da die dicke Büstenvoll, auch die alte Gerichtsrätin glänzt noch inmitten all der jungen Schönheit. Und hier, die Witwe Lara, was für ein Prachtweib! Achtundzwanzig ist sie, jung noch und zugleich schon sehr erfahren, bestens geschult und immer bereit, geil wie eine rollige Katze. Den Herrn Geheimrat, ihren verblichenen Gatten, hat sie wahrscheinlich zu Tode gevögelt.
    Ach, und die Gräfinnen R., die göttlichen Schwestern. An die dreißig sind sie, aber immer noch wie Mädchen; die beiden sind sogar weitschichtig verwandt mit mir. Die Gräfin Szusapicsa, auch noch attraktiv; die Arme hat ja, wie man so hört, gehörig unter ihrem Gatten zu leiden, diesem greisen Idioten.
    Meine Güte, so viele bekannte Gesichter. Na wartet nur, ihr geilen Weiber, ich will euch alle der Reihe nach vernaschen. Aber jetzt mal zu den Neuen, los, Johann, zeig schon was sich getan hat in deiner illustren Sammlung.“
    Johann blätterte einige Seiten des
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