Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
anstelle einer zerfallenden alten Stadt meinte er lediglich einen riesigen blubbernden Kessel zu erkennen, in dem tanzende, lachende Dämonen herumsprangen. Er erschauerte und blickte nicht mehr über die Schulter.
    Gegen Abend waren sie alle viel zu erschöpft, um sich noch Gedanken darüber zu machen, ob Ar-Roojinn ihnen vielleicht mit einem Dutzend seiner rachsüchtigen Vettern auf den Fersen sein mochte oder nicht. Mudge und Roseroar entfachten ein Feuer, während die anderen sich zu Boden sinken ließen.
    »Ich glaube, jetzt sind wir in Sicherheit«, meinte Jon-Tom. Er strich sich mit beiden Händen durch das lange Haar. Plötzlich fuhr er auf. »Die Medizin! Was ist mit der...«
    »Immer mit der Ru'e, Kumpel.« Mudge holte den Behälter aus der Tasche. »Da 'aben wir sie ja, 'übsch ordentlich verpackt.«
    Jon-Tom untersuchte das Fläschchen. Für einen Gegenstand, auf dessen Beschaffung man solche Mühe hatte verwenden müssen, war sie reichlich klein, kaum drei Zentimeter hoch, und ihr Durchmesser betrug knapp die Hälfte. Sie bestand aus schlichtem weißen Kunststoff und besaß einen Schraubdeckel von unvertrauter Konstruktion.
    »Was das wohl sein mag?« Er machte sich daran, das Fläschchen aufzuschrauben.
    »Einen Moment mal, Kumpel«, sagte Mudge in scharfem Ton und wies mit einem Nicken auf das Behältnis. »Meinst du wirklich, daß das klug ist? Ich weiß ja, daß du 'n Bannsänger bist und so, aber vielleicht gibt es einen guten Grund dafür, daß diese kleine Flasche so fest verschlossen ist.«
    »Jede Medizin wird normalerweise fest verschlossen«, erwiderte Jon-Tom. »Wenn es gefährlich wäre, hätte Clodsahamp mich davor gewarnt, sie zu öffnen.« Eine weitere Drehung, und der Verschluß löste sich, was jede weitere Diskussion überflüssig machte.
    Jon-Tom starrte den Inhalt an, dann hielt er sich das Fläschchen unter die Nase und schnüffelte daran.
    »Na«, fragte Drom vorsichtig, »weißt du jetzt, was es ist?«
    Jon-Tom beachtete das Einhorn nicht. Mit gefurchter Stirn drehte er das Fläschchen um und ließ eine der Tabletten in seine Handfläche rutschen. Er musterte sie unsicher, und bevor ihn die anderen aufhalten konnten, leckte er auch schon daran. Dann setzte er sich wieder und schmatzte nachdenklich mit den Lippen.
    Plötzlich verzerrten sich seine Gesichtszüge und nahmen einen entsetzlichen Ausdruck an: Die Augen traten hervor, und eine haßerfüllte Verzerrung umzuckte seinen Mund. Als er sich erhob, zitterten seine Hände, und er umklammerte das Fläschchen so heftig, daß das Weiße an seinen Knöcheln hervortrat.
    »Es hat ihn erwischt!« Wahnwitz wich taumelnd in das Gestrüpp zurück. »Irgendwas hat ihn erwischt!«
    »Roseroar!« schrie Mudge. »'alt ihn fest! Ich 'öl 'n paar Schlingpflanzen, um ihn zu fesseln!« Er rannte auf die Bäume zu.
    »Nein«, knurrte Jon-Tom mit gepreßter Stimme. »Nein.« Sein Gesicht verdüsterte sich, als er das Fläschchen anstarrte. Dann zog er die Hand zurück und wollte den Plastikbehälter schon samt seines unschätzbaren Inhalts tief in den Wald fortschleudern. Im letzten Augenblick beherrschte er sich noch. Nun lächelte er die Tablette in seiner Hand böse an.
    »Nein. Wir nehmen es mit zurück. Wir nehmen es zurück, damit Clodsahamp es sehen kann. Damit er sehen kann, wofür wir um die halbe Welt gereist sind und mehrmals beinahe den Tod gefunden hätten.« Er musterte seine beunruhigten Gefährten. »Das ist die Medizin. Sie wird ihn heilen. Davon bin ich überzeugt. Und dann, wenn sein Körper wieder schmerzfrei ist, wenn er wieder gesund und wohlauf ist, dann werde ich ihn mit bloßen Händen erwürgen!«
    »Ich versteh dich nicht, Jon-Tom. Was is'n los, wenn das doch die richtige Medizin ist?«
    »Was los ist? Ich werde euch sagen, was los ist.« Er hielt Roseroar das Fläschchen unter die Nase und schüttelte es. »Das ist Azetylsalizylsäure, da s ist los!« Plötzlich wich die Wut von ihm und er setzte sich mit schwerem Plumpsen auf einen umgestürzten Baumstamm. »Warum bin ich nicht von selbst darauf gekommen? Warum nicht?«
    Mudge strengte sich an, das seltsame, fremdweltliche Wort auszusprechen, doch mit äußerst kläglichem Erfolg. »Willst du damit sagen, daß du das verdammte Zeug kennst?«
    »Ob ich es kenne?« Jon-Tom richtete seine müden Augen auf den Otter. »Erinnerst du dich noch an den Tag, als ich in diese Welt kam, Mudge?«
    »Also den Tag kann man wohl nicht so leicht vergessen, Kumpel. Schließlich 'ätte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher