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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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befehlen, sie sollen nicht auf mich schießen, wenn ich zum Vorschein komme.«
    »Komm schon, komm, verdammt!« rief Monsieur de Vic mit Donnerstimme. »Aber wer ist das, zum Teufel, der da hinter dem anderen Flügel hervorlugt?«
    »Das ist Caboche, der Koch vom Herrn Bahuet«, sagte Pissebœuf. »Er hinkt auf einem Bein, darum konnt er nicht über die Mauer springen nach der Rue du Chantre, wie’s alle anderen nach dem Aufruf von Monsieur de Siorac gemacht haben.«
    »Der Koch von Bahuet! Schockschwerenot, den hängen wir!« brüllte Vic.
    »Mit Verlaub, nein, Monsieur de Vic«, rief Pissebœuf. »Er war unbewaffnet, und ich hab ihm das Leben versprochen! Man kann den armen Caboche doch nicht hängen, bloß weil er nicht auf die Idee kam, dem Bahuet Gift in die Suppe zu streuen.«
    Der kleine Witz in gascognisch gefärbtem Französisch (was hoch in Mode war, seit Navarra in Paris den Ton angab) ergötzte die Leute an den Fenstern, zumal sie sehr erleichtert waren, daß die Geschichte ohne Schießerei, ohne Sprengung und zerplatzte Scheiben ausging.
    »Gnade bewilligt!« entschied Monsieur de Vic, worauf er sich mir zuwandte. »Was bin ich froh, Siorac, daß ich diese Kiste erledigt habe! Zu Eurer Zufriedenheit und der Seiner Majestät. Ich werde ihm alles berichten.«
    »Habt vielen Dank, Herr Vize-Admiral!«
    »Auf meine Kosten«, setzte Pissebœuf auf okzitanisch hinzu, aber sehr leise für den Fall, daß der sich entfernende Vic, der aus der Guyenne stammte, unsere Sprache verstand.
    »Herr Marquis«, sagte neben mir »Hauptmann« Tronson, »sind das alle Eure Möbel?«
    »Ich glaube, ja«, sagte ich, nachdem ich die beiden Karren umrundet hatte.
    »Tja«, meinte Tronson, »dann habt Ihr nicht nur Euer Eigentum wieder, sondern macht obendrein schöne Beute mit diesen zwei Karren und den vier Pferden, die Euch ja keinermehr nehmen kann, wo Bahuet auf der Flucht ist und außerstande, sie jemals zurückzufordern.«
    »Kann sein«, sagte ich kühl, weil ich sah, worauf er hinauswollte, »kann sein, daß ich schöne Beute mache, sofern mein Haus durch die Wirtschaft dieses Schufts nicht allzu großen Schaden genommen hat.«
    Hiermit trat ich ein und unterzog die Räume einen nach dem anderen der genauesten Prüfung, wobei Tronson mir nicht von der Seite wich, noch auch Miroul, meine zwei Arkebusiere und wer, Leser, wer noch? Natürlich Guillemette, die mit ihrem noch immer leeren Henkelkorb überm Arm hinter dem dicken Poussevent hereingeschlüpft war und nun mit gespitzten Ohren und großen Augen flink wie ein Eichhörnchen in alle Ecken und Winkel spähte.
    »Das Haus«, sagte ich endlich, »ist furchtbar schmutzig, aber wirklich beschädigt ist nichts.«
    »Da seht Ihr’s«, sagte »Hauptmann« Tronson, »die Beute ist ganzer Profit für Euch, und der kann sich bei den Pferden, die jung und gut gebaut sind, auf tausend Ecus belaufen und bei den beiden Karren auf fünfhundert. Im ganzen bringt Euch das an fünfzehnhundert Ecus in den Beutel.«
    »Gevatter«, sagte ich lächelnd, »willst du mein Schatzmeister werden?«
    »Wie käme ich dazu?« sagte Tronson. »Nein, ich bleibe bei meinem Schreinergewerbe. Aber Ihr, Herr Marquis, beliebt Euch doch zu erinnern, daß ich bei Bahuet ein Sümmchen offen habe.«
    »Das ich«, sagte ich frostig, »nicht verpflichtet bin, dir zu erstatten, schließlich bin ich nicht Erbe des Besagten und gelange in seinen Besitz durch Kriegs- und Beuterecht.«
    »Das ist wahr«, sagte Tronson, seinen Speichel schluckend, »andererseits aber hatte ich mit Euer Gnaden während der Belagerung doch ehrbaren und freundschaftlichen Umgang, welcher Tatsache der Herr Marquis, wie ich ihn kenne, Rechnung tragen wird.«
    »Und ob du mich kennst, Tronson«, sagte ich. »Also, nenn deine Forderung!«
    »Zweihundert Ecus.«
    »Zweihundert Ecus, beim Ochsenhorn! Auf einmal sind es zweihundert! Dein Sümmchen hat binnen Stundenfrist ja tüchtigzugenommen, Meister Schreiner. Vorher waren es noch hundert.«
    »Das kommt, Herr Marquis, weil ich die Zinsen nicht mitgerechnet hatte, die in drei Jahren aufgelaufen sind.«
    »Pest verdammte! Die Zinsen sollen das Kapital in drei Jahren verdoppelt haben? Es gibt keinen Juden, der zu solchem Wucherzins zu leihen wagte! Und erzähle mir nicht, Bahuet habe dem zugestimmt!«
    »Herr Marquis, werd ich Euch mit Bahuet vergleichen? Wo ich für Euch so unterwürfige, dankbare und achtungsvolle Freundschaft hege?«
    »Sankt Antons Bauch, deine Freundschaft kommt mich
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