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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm
Autoren: Krystyna Kuhn
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konnte nicht wissen, wozu Forster tatsächlich in der Lage war.
    Die Lampe in der Hand des Professors schwenkte hin und her. Chris konnte seine Erregung und Wut spüren. Er sank tiefer in den Schnee, fürchtete, jeden Moment würde der Dozent ihn entdecken.
    »Vielleicht änderst du deine Meinung, wenn ich dir erzähle, dass es dein Vater war, der meinen Bruder umgebracht hat, dort oben auf dem Berg.«
    Debbie stieß einen erschreckten Schrei aus.
    Chris konnte Julias Gesichtsausdruck nicht sehen, doch im Schein der Lampe erkannte er, dass sie am ganzen Körper zitterte.
    War das das Geheimnis, das Julia mit sich herumtrug? Über das sie nicht reden konnte?
    Nein, ihre Stimme klang ganz ruhig, als sie nun erwiderte:
    »Wie gesagt, Sie müssen mich verwechseln. Der Name meines Vaters ist Colin. Colin Frost. Er arbeitet in einer Bank in London und war noch nie in Kanada.«
    »Ich rede ja auch von deinem richtigen Vater.«
    »Ich auch.«
    Forster packte Julias Arm. Plötzlich schien er seine Rolle fallen zu lassen. »Was habt ihr dort oben auf dem Ghost herausgefunden?«
    »Nichts!«
    »Lüg mich nicht an! Ich hasse es, wenn man mich anlügt. Katie West, sie hat mir E-Mails geschickt. Immer wieder Fragen über diesen Jungen, der sich als Paul ausgegeben hat. Immer wieder Anspielungen. Was habt ihr entdeckt?«
    Chris war größer und kräftiger als Forster. Er musste einfach nur losrennen...
    Im nächsten Moment hatte Forster Debbie gepackt, zwang sie in die Knie und drückte ihren Kopf tief in den Schnee, bis er völlig verschwunden war. Und in diesem Moment erkannte Chris auch die Waffe in seiner Hand.
    Julias Stimme bebte, als sie schrie: »Lassen Sie sie in Ruhe. Sie hat nichts damit zu tun. Sie war nicht mit auf dem Ghost! Sie weiß nichts.«
    »Sie weiß was nicht?«
    Debbie strampelte mit den Beinen.
    Julia machte einen Schritt vor. »Lassen Sie sie los und ich erzähle es Ihnen.«
    Der Griff um Debbies Nacken lockerte sich. Sie hob den Kopf und rang nach Luft.
    Forster ließ von ihr ab und wandte sich wieder Julia zu, während Debbie auf allen vieren durch den Schnee kroch und einige Meter entfernt schluchzend liegen blieb.
    »Also, was willst du mir erzählen?«
    »Ja, wir haben die Leiche Ihres Bruders gefunden«, sagte Julia. »Die Leiche eines Paul Forster.«
    »Und?«
    »Er liegt dort oben in einer Gletscherhöhle.«
    Sie sprach nicht weiter. Verschwieg, was Katie gesehen hatte. Der Eispickel, der in der Brust des Mannes gesteckt hatte und der davon zeugte, dass Paul Forster nicht eines natürlichen Todes gestorben war.
    Chris holte Luft. Er brauchte einen Plan. Es hatte keinen Sinn, einfach auf Forster zuzurennen. Er stand etwa zwanzig Meter vor ihm und hielt die Waffe direkt auf Julia gerichtet.
    Chris holte tief Luft und schob sich geduckt nach links durch das Unterholz. Die ausladenden Äste der Fichte stießen aneinander und jedes Mal, wenn er dagegenkam, fiel der Schnee in großen Wolken herab. Verdammt! Wenn er nicht aufpasste, würde Forster ihn jeden Moment entdecken!
    »Ihr habt seine Leiche gefunden und kein Wort darüber gesagt?« Forsters Stimme war nun wieder leise, aber die Langeweile in seinem Tonfall war verschwunden. »Wir hätten ihn dort oben herunterholen können. Ich hätte ihn begraben können und ihr habt einfach geschwiegen?«
    »Ich wusste es nicht«, schrie Debbie. »Ich wusste nichts davon! Ich war nicht dabei!«
    Forster achtete nicht auf sie, sondern zog Julia mit sich.
    »Spring!«, sagte er.
    Der Lichtkegel fiel nun auf die Grube direkt neben dem Grabstein.
    Chris schob sich durch den Schnee zwischen den Bäumen hindurch. Schneller! Verdammt, er musste schneller sein!
    »Spring!«
    Julia tat es nicht, sie wehrte sich mit aller Kraft, sprach einfach weiter: »Woher wollen Sie wissen, dass Ihr Bruder umgebracht wurde? Vielleicht ist er einfach nur abgestürzt? Oder waren Sie dort oben dabei? Gehörten Sie auch zu den Studenten?«
    »Ich?« Forster lachte auf. »Nein! Mich wollten sie nicht dabeihaben. Sie haben gesagt, sie würden sich genau hier treffen, aber sie sind nicht gekommen. Stattdessen haben sie ein Grab für mich gegraben. Genau wie das hier. Haben ein Kreuz aufgestellt mit meinem Namen.«
    Chris hatte es geschafft. Er war außerhalb von Forsters Blickfeld. Jetzt musste er schnell sein!
    Er wollte gerade losrennen, als der Dozent sagte: »Was für ein Zufall, dass du ausgerechnet mit Christopher Bishop zusammen bist. Bishops Sohn. Professor John Bishop. Ihr Gott!
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