Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht
Autoren: L Griffin
Vom Netzwerk:
Nathan schaute Fiona an. Erneut fixierte sie seinen Partner. Diesmal durchaus beeindruckt, aber immer noch misstrauisch.
    Sie wandte sich wieder an Nathan. »Also, nach dem, was sie gesagt hat, und vor allem nach dem, was sie
nicht gesagt hat, hat deine Zeugin für mich ein Glaubwürdigkeitsproblem.«
    Fantastisch! Das war genau, was er brauchte. Eine hoch angesehene Richterin mit Glaubwürdigkeitsproblem. Er freute sich schon auf die Schlagzeilen, wenn das publik wurde.
    Er beschloss, den Advocatus diaboli zu spielen. »Wie steht es mit ihren Verletzungen? Sie behauptet, sie wurde niedergeschlagen, und hat auch eine Gehirnerschütterung, die das belegt.«
    »Ich habe keine Ahnung, wer sie niedergeschlagen hat«, entgegnete Fiona. »Das kann genauso gut ein Bekannter gewesen sein.«
    Nathans Schläfen begannen zu pochen. Er musste einen Mord aufklären, sich daneben mit Politik befassen und noch einen Grünschnabel ausbilden. Der Fall verhieß Ärger, so viel stand jetzt schon fest.
    Fiona nahm einen großen braunen Briefumschlag aus ihrer Mappe, steckte die Zeichnung hinein und gab sie ihm. Zumindest vom Format her passte sie also in einen Aktenordner. Fiona achtete auf solche Einzelheiten.
    »Ruf mich an, wenn du was brauchst.« Sie drehte sich zu Hodges um: »Willkommen in Austin. Vielleicht sehen wir uns mal wieder.«
    Als sie im Aufzug verschwand, wandte Nathan sich Hodges zu, der noch immer am anderen Ende des Zimmers stand.
    »Alles mitbekommen?«
    Er nickte kaum merklich.
    »Und, stimmst du ihr zu?«

    Wieder Nicken. Wohl einer von der schweigsamen Sorte.
    Nathans Handy klingelte. »Devereaux.«
    »Wir haben einen Notruf im Zilker Park.«
    »Ich bin zur Vernehmung von Richterin Goodwin im Seton. Geben Sie’s Webb.«
    »Der ist noch bei Gericht. Sie und Hodges übernehmen.«
    Als ob der Tag noch nicht schlimm genug wäre. Nathan zog sein Notizbuch hervor und kritzelte ein paar Stichworte hinein, ehe er auflegte. Danach bestellte er telefonisch einen einfachen Streifenpolizisten her, falls die ehrenwerte Richterin auf die Idee kam, sich selbst aus dem Krankenhaus zu entlassen. Und schließlich informierte er seinen Partner.
    »Im Zilker gab’s einen Schusswechsel.« Damit warf er den Rest seines Schokoriegels in den Mülleimer. »Ich fahre.«
    Zehn Minuten später waren sie in ihrem Zivilfahrzeug auf dem Weg zum größten Park von Austin. Hodges hatte seit dem Krankenhaus noch kein Wort gesagt. Nathan musterte ihn wieder. Hodges’ kurzes Haar ließ ihn vermuten, dass sein Partner vor nicht allzu langer Zeit beim Militär gewesen war. Vielleicht sollte er sich doch etwas mehr Mühe geben.
    »Hast du vorher schon in einem Morddezernat gearbeitet?«
    »Drogenfahndung.«
    »Okay, bei uns gibt es am Tatort drei Regeln: Nichts anfassen. Nichts anfassen. Und nichts anfassen.«
    Hodges hielt den Blick auf die Fahrbahn geheftet.

    »Aber du kannst deinen Arsch darauf wetten, dass so ein Trottel vom Dienst, der von nichts Ahnung hat, als Erster am Tatort ist. Das ist immer so. Erst recht an Tagen wie heute.
    Nathan bog in die Barton Springs Road ein, die eine vierspurige Schneise durch den Park schlug. Schon sah er den kleinen Stau vor ihnen, weil ein Streifenpolizist den Verkehr von dem Parkplatz für den parallel zum Town Lake verlaufenden Wander- und MountainbikePfad ableitete. Nathan fuhr ein paar hundert Meter auf dem Seitenstreifen und zeigte dem Beamten an der Straßensperre seinen Ausweis. Er begann die Sperre beiseitezuräumen, aber Nathan fuhr einfach daran vorbei und sparte ihm die Mühe. Der schmale Zubringer wand sich weiter zum Wasser hinab und endete auf dem gekiesten, von dichtem Laubwerk umschlossenen Parkplatz.
    Nathan ging hier manchmal joggen, daher kannte er die Umgebung ganz gut. Trotz der Hitze wären jetzt normalerweise Leute hier. Doch die einzigen Autos waren Polizeiwagen, ein Kleinbus der Spurensicherung und ein Krankenwagen. Fernsehteams waren noch keine zu sehen, aber die würden sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen. Nathan hielt neben dem Krankenwagen und winkte dem Sanitäter, den er flüchtig kannte.
    Sie parkten und gingen zum bereits mit einem Band abgesperrten Tatort. Auf dem Kies innerhalb des markierten Bereichs standen ein tattriger blauer Buick und ein schwarzer Porsche Cayenne unter Bäumen. Beide waren mit der Front einem Dickicht aus Maulbeer- und
Mesquite-Bäumen zugewandt. Die Türen des Cayennes waren geschlossen, beim Buick standen beide linken Türen offen, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher