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Der Stierkampf

Der Stierkampf

Titel: Der Stierkampf
Autoren: Yasushi Inoue
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vergangen, aber weil man in der gesamten typographischen Technik auf die Einrichtungen der B-Zeitung zurückgriff, wurde sie von der Öffentlichkeit nicht selten als eine auch in ihrem Kapital von der B-Zeitung abhängige Tochtergesellschaf angesehen. Doch allem Anschein zum Trotz war die tatsächliche Geschäfsführung vollkommen selbständig. Der versierte Vergnügungsmanager Tashiro hatte sich vor Vertragsschluß über die wirtschaftliche Lage der Neuen-Osaka-Abendzeitung gut orientiert, überschätzte aber bei dem Problem der Investition einer so großen Geldsumme die Bedeutung der im Hintergrund befindlichen B-Zeitung und war überzeugt, daß bei eventuellen Schwierigkeiten keinerlei Schaden für ihn entstehen könne. Er überschätzte die Finanzkraf der kleinen, ja erst ein Jahr alten Zeitung und schlug nun allen Ernstes ein so riesiges Projekt von etwa einer Million Yen noch zusätzlich vor: darin zeigte sich auch die Selbstüberschätzung dieses Mannes, der eben doch nur ein Vergnügungsmanager aus der Provinz war, und auch seine abstoßende Frechheit, mit der er, kaum daß man sich in Geschäfe mit ihm einließ, sofort sein wahres Wesen und den ihm eigenen Stil offenbarte.
    Aber Tsugami fühlte sich darüber, daß er nun mit Tashiro zusammenarbeitete, nicht eigentlich beunruhigt. Er glaubte, Tashiros Eigenschafen, seine Durchtriebenheit, Unverschämtheit und seine in Gelddingen manchmal recht bedenkenlose Art vom ersten Tag an mehr oder weniger erkannt zu haben. Er war nicht besorgt, bei einer Zusammenarbeit mit ihm übers Ohr gehauen zu werden. Seine Geringschätzung für Tashiro war so groß, daß er überzeugt war, bei nur einiger Achtsamkeit, diesen stets sofort bis auf den Grund durchschauen zu können. Andererseits jedoch war Tashiro bei seiner Arbeit von so verblüffend reiner Leidenschaf, daß sich Tsugami selbst weniger wertvoll vorkam.
    »So ist das! Ja, ja! So ist das!«, stieß Tashiro hervor und sah völlig abwesend drein, was zu der Kraf, mit der er diese Worte hervorstieß, gar nicht paßte. Sein Blick richtete sich, als ob er etwas in weiter Ferne betrachtete, auf einen festen Punkt im Raum und bewegte sich langsam nach oben. Man hätte meinen können, es würde irgendeine mystische, nur ihm sichtbare Blume sein Herz aus ungeheurer Weite zu sich rufen. Seine Gedanken beschäfigten sich in diesen Augenblicken offenbar nicht im mindesten mit irgendwelchen finanziellen Erwägungen. Während Tsugami den geradezu irren Ausdruck im Gesicht dieses Vergnügungsmanagers, der sich jetzt weder über Gewinn noch Verlust irgendwelche Gedanken machte, fast hämisch musterte, dachte er plötzlich an sein eigenes eiskaltes Herz, dem jede Begeisterung längst fremd geworden war.
    »Falls meine Zeitung die Stiere nicht kauf …«, sagte Tsugami, doch Tashiro unterbrach ihn: »Ich weiß bereits einen Interessenten!«
    Das klang, als habe er Tsugamis Reaktion erwartet, und er fuhr fort:
    »Ich möchte Sie um etwas bitten: würden Sie nicht mit diesem Mann zusammentreffen? Von mir aus können Sie beide auch gemeinsam das notwendige Kapital zur Verfügung stellen, aber selbst wenn Sie sich überhaupt nicht beteiligten, wäre diese Begegnung für uns alle von Vorteil. Der Mann heißt Yata Okabe. Kennen Sie ihn? Er ist eine ungewöhnlich tüchtige Persönlichkeit!«
    Als Tsugami aus Tashiros Mund die Worte »unge-
    wöhnlich tüchtig« vernahm, stiegen in ihm Zweifel auf, aber er hatte sich vorgenommen, Tashiros Selbstgefühl nicht zu verletzen und zunächst auf ihn einzugehen. Daß er nun jedenfalls diese Zeitungsanzeige über den Stierkampf erreicht hatte, erfüllte ihn mit Befriedigung und auch mit Zuversicht.
    »Okabe stammt aus meiner Heimat und ist mein ›Senior‹ – obgleich er etwas jünger ist als ich, aber es gibt keinen tüchtigeren Mann! Er ist Chef der Firma ›Osaka-Kobe-Industrie-AG‹ und besitzt noch drei, vier weitere Unternehmen. Unter den Geschäfsleuten aus dem Iyo-Land ist er zweifellos der bedeutendste!«
    Nachdem Tashiro damit alles gesagt hatte, was er sich vorgenommen hatte, beugte er seinen Körper wie einen Wandschirm leicht nach vorn und ging so mit großen Schritten weiter.

    Sutematsu Tashiro hatte vor etwa zwei Monaten mit einer großformatigen Visitenkarte, worauf der merkwürdige Titel »Chef der Umewaka-Vergnügungs-Agentur« stand, zum ersten Mal in Tsugamis Privatwohnung in Nishinomiya vorgesprochen. Grundsätzlich empfing Tsugami zwar nie beruflichen Besuch bei sich zu
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