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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan
Autoren: Debbie Macomber
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euer Leben eingemischt. Aber ich bitte dich jetzt, Raine die Wahrheit zu sagen. Die ganze. Sie ist nun volljährig und alt genug, ihre eigenen Urteile zu fällen
.
    Ich unterrichte an einer kleinen Schule in der Küstenstadt El Mirador auf der Halbinsel Yucatán. Du kannst mich telefonisch unter der Nummer am Ende des Briefes erreichen. Die Schule wird dafür sorgen, dass ich deine Nachricht erhalte
.
    Geht es dir gut, Ginny? Liegst du nachts wach und denkst an mich, so wie ich an dich denke? Bist du glücklich? Ich habe gebetet, dass du inneren Frieden findest
.
    Ich werde dich immer lieben.
    Thomas
    Drei Wahrheiten sprangen Lorraine geradezu an, sobald sie den Brief las. Zuerst, und am wichtigsten, trotz allem, was man ihr erzählt hatte, lebte ihr Vater, und es ging ihm gut. Zweitens, er liebte sie. Als Letztes – und das belastete sie am meisten – ihre Mutter hatte sie all die Jahre belogen.
    Ein lautes Klopfen an der Eingangstür riss Lorraine aus ihren Gedanken.
    Sie war nicht überrascht, Gary auf der anderen Seite der Fliegendrahttür zu entdecken. “Ich dachte mir, dass du hier bist.” Er blickte in den Wohnraum und sah das Durcheinander.
    “Wie spät ist es?”, fragte sie, obwohl offensichtlich Morgen war.
    “Du hättest bereits vor einer Stunde zur Arbeit gemusst.”
    “Ist es schon so spät?” Sie ging langsam durch den Raum, nahm Bücher, Zeitungen und Videokassetten auf und stapelte sie ordentlich auf einem Regal. Alles war besser, als Gary ansehen zu müssen. Sie wollte ihm nicht erzählen, was sie getan hatte.
    “Ich weiß nicht, was ich noch tun soll, um dir zu helfen”, sagte er und streckte in einer Geste der Hilflosigkeit die Hände aus. Als sie nicht antwortete, ging er in die Küche und nahm eine Dose Kaffee aus dem Schrank.
    Lorraine folgte ihm.
    “Es könnte eine gute Idee sein, wenn du dich anziehen würdest, damit du zur Arbeit gehen kannst”, drängte er nachdrücklich.
    Anstatt mit ihm zu streiten, tat sie wie vorgeschlagen, duschte schnell und zog ihre Schwesterntracht an, obwohl sie nicht vorhatte, sich in der Klinik zu zeigen. Als sie zurückkehrte, begrüßte sie der Duft von frisch gebrühtem Kaffee.
    “Reden wir”, bat Gary und deutete ihr mit einer Geste an, sich an den Tisch zu setzen.
    Wieder gehorchte sie, weil es zu viel Energie gekostet hätte, sich ihm zu widersetzen.
    Er nahm den Stuhl ihr gegenüber. “Liebes, ich weiß, wie schwer das alles ist, aber du musst weiterleben.”
    Sie tat nicht so, als würde sie ihn nicht verstehen. “Das ist mir klar, und ich werde weiterleben.”
    “Das ist ein guter Start.” Er nippte an seinem Kaffee und seufzte tief, als hätte er sich vor dieser Konfrontation gefürchtet. “Seit dem Treffen mit dem Anwalt deiner Mutter warst du nicht mehr du selbst.”
    “Ich weiß.”
    Er zögerte, als wisse er nicht genau, wie er weitermachen sollte. “Mir ist klar, dass dieser Brief dich sehr aufgewühlt hat. Zum Teufel, das hätte jeden geschockt, aber du musst mit der Realität klarkommen. Hier jede Nacht zu schlafen und dir immer wieder dieselben Videos anzusehen, bringt dich nicht weiter.” Er machte eine Pause und änderte die Taktik. “Es ist jetzt einen Monat her, und du hast den Tod deiner Mutter immer noch nicht besser verkraftet als am Anfang.”
    “Du hast recht, ich habe es nicht verkraftet”, stimmte sie zu und umfasste ihren Becher mit beiden Händen, so dass die Wärme in ihre Handflächen eindrang. Irgendwie gelang es ihr, täglich zur Arbeit zu gehen, aber sie hatte sich viele Male verspätet. Immer wieder saß sie vor dem Fernseher und flüchtete sich in alte Lieblingsfilme. Alles war besser, als an die Lügen zu denken, die Virginia ihr erzählt und beide Eltern ausgeheckt hatten.
    “Was treibst du hier jede Nacht?”, fragte Gary. “Abgesehen davon, dass du Humphrey-Bogart- und Cary-Grant-Filme siehst?”
    “Was ich hier treibe?” Er musste sich doch nur umsehen, um darauf eine Antwort zu finden.
    Er sah in den Wohnraum und zog die Stirn kraus.
    Lorraine versuchte, das Haus mit seinen Augen zu betrachten, und musste zugeben, es war schockierend. Eigentlich war sie ordnungsliebend und eine tadellose Hausfrau, jedoch hatte sie systematisch jedes Zimmer in Unordnung gebracht. Hier herrschte das reine Chaos.
    “Was versuchst du zu beweisen?”, fragte er.
    Sein Unverständnis verblüffte sie. “Ich versuche gar nichts zu beweisen. Ich hoffe zu finden, was meine Mutter sonst noch vor mir verborgen
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