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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Autoren: Margaret Weis
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Herz jubelte. Elfen lernen von Kindesbeinen an, ihre Gefühle zu verbergen, damit sie das Leben anderer nicht stören oder sich aufdrängen. Dieser Brauch ließ sie in den Augen der Menschen, die ihrerseits ihre Gefühle Amok laufen und alle Arten von Schaden anrichten lassen, häufig kalt und gefühllos wirken. Die Elfen halten es jedoch für falsch, sich einer anderen Person auch nur durch einen Blick ins Gesicht aufzudrängen und somit dazu zu zwingen, die eigene Freude, den Kummer, Glück oder Verzweiflung zu teilen. Nur jene, die einem Elfen am nächsten stehen – Seelengefährten zum Beispiel, oder die ehrenwerten Eltern –, dürfen es sich erlauben, die Bürde eines geteilten Lebens auf sich zu nehmen.
    Der Grund für diese Beherrschung und Disziplin ist einfach zu erklären: Es geht ums Überleben. Elfen leben dreihundert Jahre und länger. Sie verfügen nur über wenige, dicht bevölkerte Städte. Elfen sind nicht auf Abenteuer aus, sie entfernen sich selten weit von ihrem Zuhause und dem Schrein ihrer Beratenden Ahnen, und auch nur dann, wenn sie einen herausragenden Grund dafür haben. Sie sind das vollkommene Gegenteil der Zwerge, die nie länger als zwei Tage an einem Ort verweilen. So wenig sie auch von den Menschen verstehen mögen, die Zwerge verstehen Elfen noch viel weniger.
    Die Geburtsrate bei Elfen ist hoch, die Sterberate niedrig (es sei denn, einige oder alle der sieben großen Häuser befinden sich im Krieg). Elfenfamilien bleiben zusammen, und daher wird es in Elfenhaushalten und Elfenstädten eng. Ein Elf befindet sich beinahe ununterbrochen in Sicht-, Hör- und Riechweite anderer Elfen. Nur durch die Aufrechterhaltung strengster Disziplin und Selbstbeherrschung gelingt es den Elfen, unter solchen Umständen zu überleben und bei Verstand zu bleiben.
    Ein Mensch, der in einen Elfenhaushalt gerät, mag über die Ruhe, die Stille, den Frieden dort staunen, und er wird verblüfft sein zu hören, dass diese winzige Behausung vielleicht dreißig Bewohner beherbergt, von den Ururgroßeltern über die Urgroßeltern, Großeltern, Eltern, Kinder, Kindeskinder bis zu den Dienern, dem Beratenden Ahnen, dazu Tanten, Onkeln und Vettern. Im Gegenzug ist ein Elf in einem Menschenhaushalt überwältigt von dem Lärm, dem Gestank, der Verwirrung, und wird kaum glauben wollen, dass nur so wenige Menschen – Eltern, ein Kind und vielleicht ein oder zwei Diener – dort wohnen.
    Je höher der Rang eines Elfen ist, desto größer ist sein Haus, obwohl dieser Umstand dadurch relativiert wird, dass eine größere Anzahl seiner Verwandten dort lebt als sonst üblich, außerdem die Ältesten des Hauses und die direkten Angehörigen und durchreisende Adlige. Gäste werden für gewöhnlich in Gästehäusern untergebracht, die nahe dem Torhaus liegen. In einem solchen Haus hatte Silwyth die Nacht verbracht. Das Heim seiner Familie befand sich nördlich von Lovod, der Stadt des Schildes. Silwyth war einen Tag und eine Nacht lang unterwegs gewesen und hatte einmal die Pferde gewechselt, um dem Ruf des Schildes so rasch wie möglich folgen zu können.
    Nun stieg er die unzähligen gepflasterten Stufen vom vierten Garten zum neunten empor und zügelte seine Eile, um den angemessenen Abstand zwischen sich und dem Diener zu wahren. Die Gärten waren in Terrassen entlang eines Berghangs angelegt. Ziergebüsch und Teiche umgaben kleine, gluckernde Springbrunnen. Orchideen und Rosen und Kletterpflanzen überzogen steinerne Torbögen. Pfade zwischen sorgfältig in kunstvolle Formen geschnittenen Hecken führten zu schattigen Grotten. Die Gärten waren allerdings nicht nur schön, sondern auch zweckdienlich. Sie informierten den Besucher darüber, dass der Mann, dem sie gehörten, wohlhabend und mächtig war, denn er konnte sich die Diener leisten, die es brauchte, um sie zu pflegen, und ihre Schönheit half dem Besucher zu vergessen, dass er tausend Stufen hinaufklettern musste, um das Haupthaus zu erreichen – immer vorausgesetzt, er hatte überhaupt das Glück, bis hierhin vorgelassen zu werden. Viele Besucher des Schilds kamen nie über den vierten Garten hinaus, einige sahen nie mehr als den ersten. Silwyth widerfuhr eine große Ehre.
    Die Gärten dienten auch einem militärischen Zweck und halfen, das Haus zu verteidigen. Silwyth, selbst Soldat, konnte die sorgfältig von der Bepflanzung verborgenen tödlichen Fallen nicht erkennen, aber er wusste, dass sie vorhanden waren. Er bemerkte, dass die in den Felsen gehauenen
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