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Der Staubozean

Titel: Der Staubozean
Autoren: Bruce Sterling
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nach dem Produkt; das Eingeweideöl konnte nicht verbrannt werden, und die Nullaquaner lehnten es als Nahrungsmittel ab, da sie es für giftig hielten. Ganz schön hirnrissig, dachten wir.
    Am siebzehnten Tag des zehnten Monats im Jahr klopfte Andaru an die Tür, und ich öffnete ihm.
    »Es ist Andaru«, sagte ich laut zu den anderen, die in der Küche beim Essen waren.
    »Gut … Wunderbar … Phantastisch«, sagten alle neun. Ihre Zungen versagten bei der Aussicht auf eine neue Gallone nie, wenn es darum ging, sich gegenseitig zu übertreffen.
    »Und er bringt jemanden mit«, fuhr ich leiser fort, als hinter dem Nullaquaner ein junger Mann mit scharfgeschnittener Nase und blondem Schopf, der wie verschlungene Nylonfäden wirkte, hereintrat und die Hand ausstreckte. Ich schüttelte sie.
    »Hallo, ich heiße Dumonty Calothrick - sagen Sie einfach Monty zu mir«, verkündete er aufgeräumt. »Bin gerade auf dem Planeten eingerauscht, habe von den Aussichten hier gehört …« Dabei zwinkerte er mir unmißverständlich zu und machte mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand reibende Bewegungen, ohne daß Andaru es sehen konnte. »Hab' mich 'n bißchen umgehört, Ihren Freund hier kennengelernt und gedacht, ich komme am besten mal vorbei und bitte vielleicht« - ein Blick geschickter Verlegenheit - »… vielleicht um Ihren Rat?«
    »Kommt bitte rein und nehmt Platz«, sagte ich. »Moment … habt ihr schon gegessen?«
    »Ja«, erwiderte der Nullaquaner.
    »Nein, keinen Bissen«, sagte Calothrick.
    »Geradeaus durchgehen, bitte«, bat ich, »nehmen Sie sich einen Teller und machen Sie sich mit dem Rest der Wohngemeinschaft bekannt, während ich mit unserem gemeinsamen Bekannten über das Geschäftliche rede.«
    »Danke, Mister … ääh …«
    »Newhouse«, sagte ich und winkte ihn weiter.
    »Wollen Sie nichts essen, John?« fragte Andaru.
    »Ich habe schon gegessen«, log ich. Agathina Brant war mit Kochen dran, und es schadete meiner Verdauung, Zeuge der Häresie zu werden, mit der diese Frau Nahrungsmittel behandelte. Ich habe mich stets meiner Kennerschaft in Sachen le good cuisine, wie die Terraner dies zu nennen pflegten, gerühmt.
    »Wieviel haben Sie mitgebracht?« fragte ich.
    »Ungefähr 'ne Gallone, wie gewöhnlich. Fürchte, das wird die letzte sein, die Sie bekommen.«
    »Nanu«, sagte ich. »Das ist ein Schock, Andaru. Steigen Sie aus dem Geschäft aus?«
    »Muß ich wohl. Es ist jetzt ungesetzlich.«
    Bei diesen Worten wuchs Eis in meinen Adern. »Wer sagt das?« erkundigte ich mich.
    »Die Konföderation sagt das - gestern hab ich's erfahren.«
    »Ja, die Konföderation: Sie wissen doch, knausrige kleine Burschen, die zwischen den Sternen herumschwirren und den Leuten vorschreiben, wo es lang geht.«
    »Aber in Fragen, die nur den Planeten betreffen, können sie doch keine Anordnungen geben.«
    »Tja, sie haben an Nullaqua mehr so etwas wie eine höfliche Bitte gerichtet …«
    »Und Nullaqua hat ihr entsprochen.«
    »Warum nicht? Wir haben nichts zu verlieren, wenn wir nett zur Konföderation sind, nicht wahr?«
    Ich sah einen schwachen Hoffnungsschimmer. »Aber Sie persönlich haben doch etwas zu verlieren.«
    »Klar, das schon«, gab er zu, »aber stellen Sie sich vor, Sie gehen hin und sagen, ein paar Leute hätten das Gedärmeöl verwendet, um Drogen daraus zu machen.«
    »Nein! Was Sie nicht sagen!« sagte ich. Die Heile-Welt-Nullaquaner haben tatsächlich keine Vorstellung vom Drogenmißbrauch; sie halten sich an Tabak und billiges Bier.
    »Ein wundervolles Essen«, kam plötzlich Dumonty Calothricks Stimme aus der Küche. Ich verzog das Gesicht.
    »Das ist also unsere letzte Gallone.«
    »Jawohl. Alle, die es verkaufen, machen den Laden dicht, soviel ich weiß.«
    »Sie wollen das Gesetz nicht brechen.«
    »Um keinen Preis - es wäre eine Sünde.«
    Ich kam gar nicht erst auf die Idee, den alten Nullaquaner flehentlich zu bedrängen. Er hatte, nebenbei gesagt, die allen Eingeborenen eigene Abneigung gegen Wasser, und anders als er hatte ich keinen dichten, buschigen Haarwuchs in den Nasenlöchern, um Unangenehmes herauszufiltern. »Also - wieviel für die letzte Kanne?«
    »Einen Monun und sechsunddreißig Pennigs.«
    »Alles klar«, sagte ich und zählte das Geld auf seine schwielige Handfläche. Wir versicherten uns unserer gegenseitigen Wertschätzung. Ich öffnete ihm die Tür, und er ging.
    Dann setzte ich mich langsam auf das unbequeme Walhautsofa, um alles zu durchdenken. Ich spürte
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