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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Geheimnummer des Tresors kannte er. Er hatte oft genug für seinen Chef den Laufburschen gespielt. Zuletzt waren eine halbe Million Schweizer Franken und mindestens 50.000 Euro im Tresor gewesen. Für Oleg nicht viel, für Boris schon. Und dann nichts wie weg. Sollte sich Olegs blasierte Nichte um alles andere kümmern. Genug erben würde sie ja, auch ohne den Tresor.
    Für einen kurzen Moment überlegte er, sich doch noch die Kleine zu holen. 1,2 Millionen Euro waren nicht zu verachten. Dann verwarf er den Gedanken. Es war zu gefährlich, ohne Oleg im Hintergrund allemal. Das Geld im Tresor als Startkapital musste reichen.
    Die Frau am Empfang lächelte, wollte wissen, ob es ihm gefallen hatte. Statt einer Antwort knurrte Boris. Drei Stunden später saß er im Flieger von Frankfurt nach Zürich. Ade Deutschland, dachte er.
    Isabel Stein prallte zurück, alles in ihrem Gesicht drückte Widerwillen aus. „Ich nehme kein schmutziges Geld! Ich könnte meinem Kind nicht mehr ins Gesicht schauen.“
    Marion Klaßen versuchte es so herum und anders herum, aber es war nichts zu machen. Uwes Witwe wollte mit der ihr zugedachten Hälfte des Geldes nichts zu tun haben. Immer wieder betonte sie, dass sie nicht bedürftig sei. Sie wolle das Haus in Hannover verkaufen und damit eine Eigentumswohnung in München finanzieren. Ihre Ersparnisse würden sie über die ersten Monate bringen, bis sie einen Job gefunden hätte. Albi hatte versprochen, ein gutes Wort bei der Bayerischen Staatsregierung für sie einzulegen. Er hatte Wort gehalten, für nächste Woche war ein Vorstellungsgespräch in der dortigen Staatskanzlei vereinbart. Nein, sie brauchte das Geld nicht.
    Einen Moment hatte Marion mit dem Gedanken gespielt, Isabel in die Einzelheiten einzuweihen. Jetzt war sie froh, dass sie den Mund gehalten hatte. Panik wäre die Folge gewesen, möglicherweise wäre Isabel sogar zur Polizei gelaufen. Dass Subkow ihre Tochter bedroht hatte, dass es letztlich irgendwie und bei großzügiger Auslegung Notwehr gewesen war, hätte sie nicht gelten lassen. Isabel gehörte zu den Gutmenschen dieses Landes, die die verschlungenen Wege des Kapitals, das sich längst Zutritt zu Amtsstuben in Justizbehörden und Parteienkassen verschafft hatte, nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Und was hieß schon schmutziges Geld? Geld war Geld! Wer fragte in diesem Land schon danach, wo es herkam!
    Marion hatte erwähnt, dass Oleg Subkow das Geld nicht mehr wollte, nachdem Marion mit ihm gesprochen hatte. Isabel hatte keine Fragen gestellt und Marion nannte so wenige Einzelheiten wie möglich. Sie wollte sich nicht in ihren Lügen verstricken. Wie leicht würde eine unheilvolle Dynamik in Gang kommen, an deren Ende das Lügengebäude krachend zusammenstürzen könnte. Man sah Isabel an, dass sie ihr nicht glaubte, aber sie drang nicht in sie, wollte die Wahrheit gar nicht wissen. Ihr ging es einzig und allein darum, dass Oleg Subkow ihre Tochter und sie in Ruhe ließ.
    Eine Stunde rangen sie noch miteinander. Marion wartete auf den Moment, in dem sich die Witwe danach erkundigen würde, was jetzt mit dem herrenlosen Geld geschehen würde. Der Moment kam nicht. Aber es kam auch kein Dankeschön.
    In Celle traf sich Marion mit Pino und bot ihm Isabels Anteil an. Ein schlechtes Gewissen wegen Subkow hatte sie nicht. Der Mann war Waffenhändler und für unzählige Scharmützel und Bürgerkriege in Afrika und im Nahen Osten verantwortlich. Und sie brauchte das Geld, jetzt wo ihr Förderer nicht mehr da war und sie ihre Karriere allein in die Hand nehmen musste. Er war dicker geworden und älter. In einer Mischung aus Großspurigkeit und etwas zu glatter Höflichkeit lehnte er es ab, auch nur einen einzigen Euro anzunehmen. Er habe einer guten Freundin einen Gefallen getan und die Freundin sei ihm dafür dankbar. Damit sei er reich beschenkt. Sie schaffte es nicht, ihm das Geld aufzudrängen. Hätte er es genommen, hätte sie die Cosa Nostra für den Auftragsmord bezahlt, wäre die Affäre ausgestanden gewesen und ihre Schuld beglichen. Nun lief die Uhr gegen Marion. Sie war ab heute eine „gute Freundin“ der Cosa Nostra. Eines Tages würde Pino auf sie zukommen und von ihr einen Freundschaftsdienst einfordern, einen Gefallen, der in den Augen der Mafia 600.000 Euro wert war. Man rechnete also mit ihrem politischen Aufstieg, sonst hätte man sich das Geld nicht durch die Lappen gehen lassen.
    Marion war sich nicht sicher, ob sie sich darüber freuen sollte, dass
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