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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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riss niemanden mehr vom Hocker, meinte Bitter. Wagner gab ihm recht und dachte daran, wie Monika wohl reagieren würde, wenn er sich eine Geliebte nähme. Natürlich kam das nicht infrage, er war noch nicht einmal ein Jahr verheiratet und er glaubte, seine Frau zu lieben, auch wenn sie in letzter Zeit immer zickiger geworden war.
    Die Beamten der Sonderkommission ließen den Griffel fallen. Eine Woche voller Belastungen, Überstunden und nervtötender Kleinarbeit hatte ihren versöhnlichen Abschluss gefunden. Schlagartig gab es nichts mehr zu tun – man musste nur noch das Ergebnis des Spezialhundes abwarten. Man setzte sich in Gruppen zusammen, trank Kaffee, tratschte ein wenig und wartete auf den Anruf des Hundeführers. Kriminaldirektor Hirschmann zeigte sich von seiner generösen Seite, jetzt wo der Mordfall gelöst sei, werde er den unerfreulichen Vorfall von gestern ad acta legen. Das Entschuldigungsschreiben an die Witwe sei unterwegs, den Direktor habe er übrigens nicht informiert, ließ er Verena wissen.
    Für die Minderheitenmeinung war traditionell ein älterer, miesepetriger Beamter zuständig. Aber in der allgemeinen Euphorie ging seine skeptische Stimme unter. Sonja Schreiber besaß ein Motiv, hatte kein überzeugendes Alibi, sie konnte mit dem Golfschläger umgehen und hatte Selbstmord begangen. Hinsichtlich dieser Sachlage könnten die Ermittler sogar auf einen Abschiedsbrief mit dem Geständnis verzichten. Was die Tatwaffe betraf, waren die Beamten optimistisch. Und selbst, wenn der Golfschläger nicht auftauchen sollte, die Fakten sprachen für sich. Schäferhund Alex würde die Beweiskette schließen. Seit vielen Tagen hatte nicht mehr so eine gelöste Atmosphäre geherrscht. In Verena nagten leise Zweifel, Stollmann lenkte sie ab, erzählte von seinem bevorstehenden Campingurlaub auf Juist mit seinen Kindern.
    Der Fall Uwe Stein war gelöst, bis der Hundeführer anrief. Alex hatte keine Spuren von Sonja Schreiber am Tatort gefunden. Ein zweiter Hundeführer mit einem zweiten Tier habe die Prozedur wiederholt. Mit dem gleichen Ergebnis. Damit war so gut wie ausgeschlossen, dass Sonja Schreiber jemals am Tatort gewesen war. Und ein Auftragsmord war unwahrscheinlich, woher sollte Sonja Schreiber das Geld haben und woher die Kontakte? Und welcher Profikiller würde für eine Säuferin einen Auftragsmord durchführen – und dann noch mit einem Golfschläger? Verena Hauser war schockiert, Stollmann begann zu fluchen und hörte lange nicht mehr damit auf. Ein Scheißfall sei das, mit dem man ihn jagen könne. Politiker seien die Pest, selbst als Leichen würden sie einem nichts als Ärger bereiten. Irgendwo im Hintergrund würde jemand ein ganz großes Rad drehen. Wenn Stollmann bei Verschwörungstheorien angelangt war, wusste Verena, wie schlimm es um ihn stehen musste.
    Kriminaldirektor Hirschmanns zuversichtliches Gesicht verfiel, Verena sollte ihn zum Direktor des LKA begleiten. Schlechte Nachrichten überbrachte er nicht gerne allein.
    Auch Ritters Gesicht war versteinert. Er griff sofort zum Telefonhörer und verlangte den Innenminister. Der rief kurz darauf zurück, auch er zunächst frohgemut, dann jedoch schockiert von der Vollbremsung. Er tobte am Telefon, beschimpfte Ritter und seine Leute als Versager und hörte lange nicht mehr damit auf. Ritter verdrehte die Augen und hielt den Hörer in Verenas Richtung.
    Als der Minister erschöpft verstummte, sagte Ritter: „Auch wir haben gehofft, dass wir den Täter endlich haben. Wir ermitteln weiter. Es gibt andere aussichtsreiche Spuren. Der Betriebsratsvorsitzende der Tawes …“
    Verena schüttelte den Kopf, sie war noch nicht dazu gekommen, Ritter vom Ergebnis der Mantrailer zu informieren. Auch Hübner hatte sich nicht am Tatort aufgehalten. Ritter deutete ihre Mimik richtig und fuhr fort: „Wie gesagt, Herr Minister, die Ermittlungen gehen wei…“
    „Setzen Sie endlich die Hauser ab!“, brüllte Krause. „Hirschmann soll ab sofort die Ermittlungen leiten.“ Alles so laut, dass Verena jedes Wort mitbekam. Das hatten wir doch schon mal, dachte sie. Ritter verdrehte erneut die Augen. Die Staatskanzleimorde und das Theater drum herum waren auch ihm noch gegenwärtig.
    „Selbstverständlich, Herr Minister. Herr Hirschmann leitet ab sofort die Soko Stein. Ich werde das veranlassen.“
    Der Minister beendete das Telefonat ohne weiteren Kommentar.
    „Tut mir leid, Frau Hauser“, sagte Ritter, „Sie sollten die Wut des Ministers nicht
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