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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady
Autoren: Mary Jo Putney
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eine patzige Antwort geben sollte, besann sich aber eines Besseren. »Ich werde nachsehen, ob Watson bereit ist, mit Euch zu sprechen.«
    Maxie ballte die Fäuste, während sie warteten.
    Hätte Robins Anwesenheit nicht eine beruhigende Wirkung auf sie ausgeübt, wäre sie die Wände hochgegangen. Sie war froh, nicht mit diesem Jüngling verhandeln zu müssen. In ihrer momentanen Stimmung hätte sie ihm vermutlich den Kopf abgerissen.
    Sie schloß die Augen und zwang sich dazu, ruhiger zu atmen. Die Wahrheit wäre allemal besser, als weiter mit der Ungewißheit leben zu müssen.
    Der junge Mann kehrte zurück und zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Den Flur entlang, letzte Tür links.«
    Watson war dünn, neigte zur Kahlköpfigkeit und schien von chronischer Gereiztheit beseelt. Ohne sich hinter seinem Schreibtisch zu erheben, bellte er: »Sagt mir, was Ihr wollt – und zwar schnell.
    Ich bin ein vielbeschäftigter Mann.«
    »Mein Name ist Lord Robert Andreville«, sagte Robin kühl. »Vor rund drei Monaten ist einer Ihrer Gäste unerwartet gestorben, ein Mister Collins.«
    »Der Amerikaner.« Watsons Gesicht wurde ausdruckslos. »Aye, hat hier den Löffel abgegeben.«
    »Könnten Sie uns etwas Näheres über die Umstände seines Todes erzählen?« Als der Wirt nicht reagierte, hakte Robin nach. »Wer hat ihn gefunden? Und zu welcher Tageszeit war das?
    Lebte Mister Collins noch, als er gefunden wurde?
    Wurde ein Arzt gerufen?«
    »Was geht Euch das an?« knurrte der Gastwirt.
    Jetzt konnte sich Maxie nicht mehr beherrschen.
    »Er war mein Vater. Da habe ich doch sicherlich ein Anrecht darauf, etwas über seine letzten Stunden zu erfahren.«
    Watson schwang herum, um sie zu mustern.
    »Mein Beileid, Miss.« Dann wandte er den Blick wieder ab. »Ein Zimmermädchen hat ihn morgens gefunden. Er war bereits tot. Der Arzt sagte, es müsse sein Herz gewesen sein. Es kam sehr plötzlich.«
    »Wie heißt der Arzt?« fragte Robin.
    Mit säuerlicher Miene erhob sich Watson. »Ihr habt bereits mehr als genug von meiner Zeit beansprucht. Mehr gibt es nicht zu wissen. Collins ist unter meinem Dach gestorben, das ist alles.
    Wenn es hier nicht geschehen wäre, dann irgendwo anders – obwohl mir das natürlich sehr viel lieber gewesen wäre. Und jetzt raus hier, ich habe zu arbeiten.«

    Maxie öffnete den Mund zu einem Protest, aber Robin packte sie schnell und fest am Arm. »Vielen Dank für Ihre Zeit, Mister Watson.«
    Nachdem sie Robin aus dem Zimmer geführt und die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, zischte sie: »Ich möchte ihm aber noch mehr Fragen stellen. Er verbirgt doch irgend etwas.«
    »Ja, aber mehr hätte er ohne Gewalt nicht gesagt.
    Doch die anzuwenden wäre unvernünftig gewesen. Es gibt bessere Wege, das zu erfahren, was wir wissen wollen.« Statt wieder nach vorn zum Ausgang des Gasthauses zu gehen, lief Robin in die entgegengesetzte Richtung des Korridors.
    »Dienstboten wissen stets, was vor sich geht, und vielleicht hat ihnen niemand befohlen, den Mund zu halten.«
    Die Tür am Ende des Flurs führte auf einen kopfsteingepflasterten Hof hinaus, der zu drei Seiten von Ställen umgeben war. Maxie folgte Robin zu einer offenstehenden Tür. Dahinter saß ein älterer Stallknecht, fettete Zaumzeug und pfiff unmelodisch durch schiefstehende Zähne.
    »Guten Tag, Sir«, rief Robin aufgeräumt.
    Der Stallknecht blickte überrascht, aber nicht unfreundlich auf. »Auch Euch einen guten Tag, Sir. Was kann ich für Euch tun?«
    »Ich heiße Bob Andreville«, erklärte Robin und streckte dem Mann die Hand entgegen. Sein Akzent war eindeutig amerikanisch geworden, weit mehr als der Maxies. »Ich frage mich, ob Sie schon länger hier arbeiten.«
    »An die zehn Jahre.« Nachdem er sich die ölverschmierten Finger an seinen Hosen abgewischt hatte, erwiderte er Robins Handschlag. »Heiße Will Jenkins. Ihr seid Amerikaner?«
    »Das bin ich, aber mein Vater stammt aus Yorkshire.
    Wäre schon früher gekommen, aber der Krieg…«, er schüttelte den Kopf. »Verdammt unsinnig, diese Kriege. Amerikaner und Briten sollten doch Freunde sein.«
    »Wie wahr«, stimmte der Stallknecht zu. »Ich habe einen Cousin in Virginia. Kommt Ihr vielleicht auch aus diesem Teil der Kolonien?«
    In dieser Richtung plauderten die beiden Männer weiter, während Maxie nervös von einem Fuß auf den anderen trat. Aber sie wußte auch, daß sich Robin nur klug verhielt. Von diesem zugänglichen Stallknecht würden sie weit mehr erfahren
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