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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady
Autoren: Mary Jo Putney
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als von dem unfreundlichen Wirt.
    »Ein Freund von mir, Max Collins, kam vor wenigen Monaten nach London«, sagte Robin schließlich. »Kurz bevor ich selbst an Bord ging, hörte ich, daß er gestorben ist, aber nichts über die Umstände. Ich erinnerte mich daran, daß er im Abingdon Inn wohnte und dachte, ich versuche etwas für die Familie in Erfahrung zu bringen, wo ich schon mal hier bin.« Er schürzte die Lippen.
    »Wir hören immer wieder davon, wie gefährlich das Leben in London ist. Wurde er von Dieben überfallen?«
    »Durchaus nicht. Mister Collins ist in seinem Bett gestorben.« Jenkins schüttelte seinen ergrauten Kopf. »Sehr traurige Geschichte. Er war ein feiner Gentleman, immer nett und freundlich zu jedermann, selbst zu dem alten Knicker Watson.
    Da war es ein ziemlicher Schock zu hören, daß er sich umgebracht hat.«
    Die Worte trafen Maxie wie ein betäubender Schlag. Während Robin tief durchatmete, ächzte sie: »Nein, so etwas würde Max nie tun.«
    »Tut mir leid, daß ich es Euch mitteilen muß, Miss, falls er ein Freund von Euch war«, erwiderte Jenkins mitleidig. »Aber daran besteht kein Zweifel. Der Gentleman hat sich zwar bemüht, es zu vertuschen, aber er ging nicht sorgfältig genug vor. Muß sich über etwas furchtbar erregt und gemeint haben, es nicht mehr ertragen zu können. Fast jedem geht es irgendwann so oder so ähnlich, aber Mister Collins war einer, der auch etwas dagegen unternahm.«
    Als Kind hatte sich Maxie bei Tauwetter im Januar einmal auf einen gefrorenen Teich gewagt. Selbst jetzt, zwanzig Jahre später, hatte sie das furchtbare Gefühl nicht vergessen, als das Eis unter ihr nachzugeben begann. Verzweifelt hatte sie sich bemüht, das sichere Ufer zu erreichen, aber nirgendwo gab es Hoffnung, denn überall um sie brach das Eis. Sie war ins eiskalte Wasser gestürzt und wäre fast ertrunken, bis ihr Vater ihre Schreie hörte und sie rettete.
    Jetzt waren ihre Gefühle ähnlich wie damals –
    aber noch tausendmal schlimmer. Was Jenkins gesagt hatte, war unmöglich, unerträglich, und was sie umgab war kein Wasser, sondern unsäglicher Schmerz.
    Kopflos wirbelte sie herum, verließ den Hof und rannte davon. Sie hörte, daß Robin ihren Namen rief, aber seine Stimme klang fern, bedeutungslos.
    Als sie aus der Nebengasse auf die Straße raste, stieß sie mit einem Mann zusammen, der nach Zwiebeln roch. Sie verlor ihre Schute und wäre um ein Haar gestürzt. Aber es gelang ihr, das Gleichgewicht zu bewahren. Blind für den Verkehr stürzte sie auf die Straße.
    Ein Pferd wieherte auf, jemand packte sie am Arm und riß sie gerade rechtzeitig vor den Hufen des verschreckten Tieres zurück.
    Ihren Retter ignorierend riß sie sich los und rannte weiter, als gäbe es irgendwo einen Ort, an dem die Vergangenheit anders war, an dem sie nicht glauben mußte, daß sich ihr Vater das Leben genommen haben könnte. Sie strauchelte und schlug der Länge nach schwer auf das Pflaster.
    Der Sturz nahm ihr den Atem, aber dort, wo ihre Knie und Handflächen auf das rauhe Pflaster geprallt waren, empfand sie absolut nichts.
    Stolpernd kam sie wieder auf die Füße und wollte ihre Flucht fortsetzen, als starke Hände sie ergriffen. »Um Himmels willen, Maxie!« hörte sie Robins vertraute Stimme. »Halt an, bevor du dich noch umbringst!«
    Sie versuchte ihm zu entkommen, aber er ließ sie nicht los. Während er sie fortzerren wollte, ballte sie die Fäuste und schlug nach ihm. »Mein Vater hätte sich nie getötet und mich allein gelassen!«
    schrie sie, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. »Er hat das Leben geliebt, er hat mich geliebt. So etwas hätte er nie getan!«
    Robin wußte, daß sie damit vor allem sich selbst überzeugen wollte. Er versuchte, ihre Fäuste wirkungslos zu machen, indem er ihre Arme mit eisernem Griff festhielt. Aber sie wehrte sich weiterhin verzweifelt.

    Als ihn einen ihrer Ellbogen mit voller Wucht in den Magen traf, ächzte er schmerzgepeinigt auf.
    Es war gefährlich, sie gegen ihren Willen festzuhalten, aber mehr Gewalt wagte er nicht auszuüben. »Wir wissen, was wirklich geschehen ist, Kanawiosta«, sagte er scharf, um sie endlich ein wenig zu beruhigen. »Vielleicht hat sich Jenkins geirrt. Wir müssen mehr in Erfahrung bringen.«
    Sie gab einen qualvollen Laut von sich und wehrte sich nicht mehr, aber ihr zierlicher Körper zitterte und bebte in seinen Armen. Irgendwie wußte er, daß seine Worte genau das Gegenteil des von ihm Angestrebten
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