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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker
Autoren: Liaty Pisani
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kann ich morgen nach Wien zurück«, sagte Guthrie, als sie im Auto saßen.
    Ogden wandte den Blick nicht von der Straße ab.
    »Warum diese Eile?«
    »Auch ich muß etwas wieder in Ordnung bringen.«
    »Als ich die Aufnahme Ihres Telefongesprächs abhörte, habe ich mir eingeredet, daß die Nachricht nicht so wichtig sei. Leider habe ich mich da geirrt, aber ich freue mich für Sie.«
    »Ihnen entgeht wohl gar nichts?«
    »Es ist mein Handwerk: die entscheidenden kleinen Tricks. Jemand, ich weiß nicht mehr wer, hat einmal geschrieben, daß die Spionage heute ein Stadium in der psychologischen Entwicklung des Individuums sei. Wer weiß, vielleicht hatte er recht.«
    Guthrie betrachtete ihn mit dem Anflug eines Lächelns.
    »Wissen Sie, daß ich mich fast schon an diese Parallel-Welt gewöhnt habe, in der die Geheimnisse früher oder später unweigerlich aufgedeckt werden?«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Viele dieser Geheimnisse bleiben für immer Geheimnisse. Vielleicht ist die Spionage eine Metapher des Lebens oder der Psychoanalyse«, sagte Ogden und sah ihn spöttisch an. »Aber was spielt das jetzt noch für eine Rolle. Sagen Sie mir lieber, sind Sie glücklich?«
    »Um kein Unheil heraufzubeschwören, wäre es jetzt vorsichtiger, das zu leugnen. Dennoch, ja, ich bin glücklich …«
    »Ein hinreißendes Gefühl …«, sagte Ogden und zündete sich eine Zigarette an.
    Er schwieg, bis er zu Ende geraucht hatte.
    »Bevor Sie abreisen, müssen wir noch über Veronicas Zukunft sprechen …«
    »Ich habe Veronica versprochen, daß ich sie nicht allein lasse«, fiel ihm Guthrie ins Wort.
    »Dennoch«, murmelte Ogden, »ist es gerade das, was Sie vorhaben.«
     
     
    Veronicas Taxi erreichte den Platz wenige Sekunden, bevor Ogdens Wagen auf der gegenüberliegenden Seite in einiger Entfernung des Radetzky hielt. Bevor Guthrie aus dem Auto stieg, murmelte er etwas, und Ogden nickte. Während der Arzt sich nun auf den Weg machte, stellte der Agent den Wagen im Parkverbot ab, wartete ein paar Sekunden, ohne Guthrie dabei aus dem Blick zu verlieren, dann stieg auch er aus und folgte ihm.
    Veronica besprach sich mit dem Taxifahrer, der wenige Meter vor dem Lokal gehalten und das Blinklicht eingeschaltet hatte und sich nun darauf einstellte, auf seinen Fahrgast zu warten. Sie stieg nicht gleich aus dem Taxi, was Guthrie genug Zeit ließ, sich ihr bis auf wenige Meter zu nähern, bevor sie die Wagentür aufmachte. Er sah, wie sie durch die Fensterscheiben in das Radetzky hineinsah, und beschleunigte seinen Schritt. Veronica drehte sich um, erkannte Guthrie und ging lächelnd auf ihn zu.
    Ogden, der noch weit entfernt war, sah, wie sie einander die Hand drückten. Genau in dem Augenblick bremste ein Peugeot neben ihnen. Ogden lief los.
    Ein Mann sprang aus dem Auto, faßte Veronica am Arm und schob sie auf den Peugeot zu. Guthrie reagierte schnell, er packte den Mann an den Schultern und drehte ihn zu sich herum. Das war sein Fehler. Ogden war nur noch wenige Meter entfernt, sah Guthrie zusammenbrechen und zu Boden fallen. Veronica, die ganz in der Nähe stand, war vor Angst wie gelähmt, sie breitete die Arme aus und hielt dabei ihre Finger seltsam gespreizt, als versuchte sie, jemanden von sich fernzuhalten.
    Ogden blieb mit ausgestreckten Armen stehen und richtete seine Pistole auf den Mann.
    »Hau ab!« schrie Veronica. Sie machte einen lächerlichen Satz nach rückwärts, dann einen zur Seite, wie ein Kind, das Himmel und Hölle spielt. Da drückte Ogden ab.
    Der Mann prallte zurück und schlug wie eine Gliederpuppe auf die Kühlerhaube des Peugeot. Sein Komplize legte den Gang ein und raste mit quietschenden Reifen davon. Die Leiche des Killers fiel auf den Gehsteig und blieb neben Guthrie liegen.
    Die Pistolen hatten Schalldämpfer, daher waren die Schüsse nicht zu hören gewesen. Passanten sahen verwundert, aber ohne Schrecken, auf die beiden Leichen auf dem Gehsteig.
    Ogden kam näher, beugte sich über Guthrie und tastete seinen Hals ab. Guthrie war tot, auf seinem hellblauen Hemd breitete sich ein Blutfleck aus. Der Agent hob den Blick und suchte Veronica, aber sie war verschwunden, und das Taxi mit ihr.
    »Rufen Sie einen Krankenwagen, schnell«, befahl er einem Barkeeper, der sich den Schaulustigen angeschlossen hatte. »Interpol«, schrie er dem Mann ins Gesicht und zeigte einen Ausweis, der ihm schon unzählige Male nützlich gewesen war. »Ein bißchen schnell, oder wollen Sie, daß dieser Mann hier
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