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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte
Autoren: Ian Fleming
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dämmrigen Schein des Mondlichts waren seine Augen nur schmale, blitzende Schlitze. Jetzt schimmerten sie voller Zärtlichkeit, und er lachte. »Sei nicht böse, Viv. Es ist nicht meine Schuld. Es sind meine Hände. Sie wollen dich nicht in Ruhe lassen. Dabei sollten sie mich waschen. Ich starre vor Schmutz. Das wirst du tun müssen. Sie gehorchen mir einfach nicht.« Ich lachte ihn an und zog ihn unter die Dusche. »Also gut. Aber mit Samthandschuhen werde ich dich nicht anfassen. Als ich das letztemal ein anderes Wesen wusch, war es ein Pony, und ich war damals zwölf Jahre alt.« Ich ergriff die Seife. »Beuge deinen Kopf herunter. Ich werde versuchen, nicht zuviel Seife in deine Augen zu bringen.« »Wenn du auch nur einen Spritzer ...» Ich legte ihm die Hand auf den Mund und begann sein Gesicht einzuseifen, dann sein Haar, seine Arme und seinen Oberkörper, während er mit gesenktem Kopf vor mir stand und sich mit beiden Händen am Wasserrohr festhielt. Ich hielt inne. »Das übrige überlasse ich dir.« »Kommt nicht in Frage. Sei gründlich. Man kann nie wissen. Vielleicht gibt es bald einen Krieg, und du wirst als Krankenschwester gebraucht. Da ist es besser, du lernst gleich, wie man einen Mann richtig wäscht. Was, zum Teufel, ist das eigentlich für eine Seife? Ich rieche ja wie Kleopatra!« »Das ist sehr gute Seife mit teurem, französischem Parfüm. Das steht auf der Verpackung. Du riechst ganz betörend.« Er lachte. »Also los, weiter. Aber schnell.« Ich bückte mich folgsam und machte mich ans Werk. Im nächsten Augenblick lagen wir uns wieder in den Armen, und unsere Körper waren glitschig von Wasser und Seife. Er stellte die Brause ab und hob mich aus dem Duschbecken. Er begann mich abzutrocknen, während ich mich in seinem freien Arm zurücklehnte und es mir gefallen ließ. Dann nahm ich das Handtuch und trocknete ihn ab, und dann war es töricht, noch länger zu warten. Er hob mich auf, trug mich ins Zimmer und legte mich auf das Bett. Ich beobachtete durch halbgeschlossene Augen seine Gestalt, während er durch das Zimmer ging, die Vorhänge zuzog und abschloß. Und dann lag er neben mir.
    Seine Hände und sein Mund waren sanft und erregend, sein Körper in meinen Armen war voll zärtlicher Wildheit. Später sagte er mir, daß ich einen leisen Schrei ausgestoßen hätte, als der Augenblick gekommen war. Das war mir nicht bewußt geworden. Ich wußte nur, daß ein Abgrund überwältigender Süße sich aufgetan und mich verschlungen hatte, und daß ich meine Nägel in seine Hüften grub, um sicherzugehen, daß auch er mitgerissen wurde. Dann flüsterte er mir schläfrig einige zärtliche Worte zu und küßte mich noch einmal. Sein Körper entglitt mir und lag still. Ich blieb auf dem Rücken liegen und lauschte seinem Atem.
    Niemals zuvor hatte ich geliebt, richtig geliebt, mit meinem Herzen und mit meinem Körper. Mit Derek war es voller Süße gewesen, mit Kurt kühl und befriedigend. Doch das war etwas anderes. Endlich wurde mir klar, was die Liebe im Leben eines Menschen bedeuten konnte.
    Ich glaube, ich weiß, warum ich mich diesem Mann so ausschließlich hingab, wieso ich dessen fähig war, obwohl ich ihn erst sechs Stunden zuvor kennengelernt hatte. Abgesehen von seinem guten Aussehen, seiner Überlegenheit, seiner Männlichkeit, war er aus dem Nichts aufgetaucht wie ein Prinz im Märchen, und er hatte mich vor dem Drachen errettet. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte man mich gequält und umgebracht. Er hätte ja den Reifen an seinem Wagen wechseln und davonfahren können. Er hätte, als es gefährlich wurde, seine eigene Haut retten können. Doch er hatte um mein Leben gekämpft, als wäre es sein eigenes gewesen. Und dann, als der Drache tot war, hatte er mich als Belohnung entgegengenommen. In wenigen Stunden, das wußte ich, würde er verschwunden sein - ohne Liebesbeteuerungen, ohne Entschuldigungen und Ausreden. Und das würde das Ende sein - der Schluß.
    Jede Frau wünscht, die Stärke des Mannes zu fühlen. Seine Brutalität, die zugleich so süß gewesen war, hatte diese tiefe Glückseligkeit in mir geweckt. Meine Nerven waren jetzt entspannt, ich fühlte tiefe Dankbarkeit und bedauerte nichts. Ich schämte mich nicht. Vielleicht würden sich Konsequenzen für mich ergeben, vielleicht würde mich kein anderer Mann mehr glücklich machen können. Doch gleichgültig, was geschehen sollte, niemals würde er von meinen Sorgen erfahren. Ich würde ihn nicht verfolgen, um das, was
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