Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
er sich in meinen Armen steif und wand sich, um wieder heruntergelassen zu werden. Wir gingen, er mit seinen kleinen Füßen zwischen den meinen, auf roten, nassen Fliesen. Unsere Füße waren bloß und naß, als kämen wir aus dem Schwimmbecken. Mit einer merkwürdig erwachsen klingenden, festen, wenn auch hohen Stimme erklärte er aus Dankbarkeit für den Unterricht, ich hätte «tolle» Beine. Ich war so angenehm überrascht, daß ich aufwachte. Irgendwoanders in der Nacht lief ich mit einer Schar anderer über eine Straße; wir kletterten über einen jener niedrigen Schutzzäune, die aus zwei Drähten an kurzen, dicken, oben schräg geschnittenen Pfosten bestehen; wir rannten einen langen, mit Gras bewachsenen und mit Gänseblümchen und Löwenzahn getüpfelten Hang hinunter; wir waren wieder zu Hause. Die anderen rannten weiter, zum See, und Frankie blieb zurück, bei mir. Mit einer sanften kleinen Handbewegung zog sie den Reißverschluß ihrer Jeans auf und zeigte mir ihr Höschen. Es war mit blaßgelben und rosa Blumen gemustert. Was sie da tat, war etwas, wie es vielleicht ein Kind für ein anderes tut. Das Höschen war allerliebst. Die Schräge des Wiesenhangs und das jähe Liebesverlangen ließen mich vornüberfallen, so daß ich aufwachte.
    Sie war scheu; ich hatte so etwas Hübsches wie ihre Höschen noch nie gesehen; blieb mir Zeit genug, es ihr zu sagen? In meinen Träumen sind wir alle Kinder geworden, wie wir es, so heißt es, werden müssen, um in das Reich Gottes zu kommen.
     
    Was die Menschen so alles treiben! Die kleinen Geschöpfe in den UFOs dürften mittlerweile den Sex begriffen haben und unsere Autos, aber nicht das Träumen und das Beten und das Singen … Wie könnte man ihnen Musik erklären?
    Mein stärkstes körperliches religiöses Erlebnis hatte ich im College, und zwar in jenen ersten nervösen Jahren, als mein armer heranreifender Körper, eben im Begriff, sich zu straffen und seine Akne und seine Magenkrämpfe abzuschütteln, grausam mit dem Wissen der Jahrhunderte und den Sprachen der Welt beladen wurde. Ich war oft erkältet, ich litt an Schlaflosigkeit, ich hatte Zahnschmerzen, und dann war ich konstitpiert { * } .
    Ein Tag nach dem andern verging; sechsmal am Tag saß ich auf dem hoffnungsvollen Porzellanoval und wartete; nichts. Mein überreizter Anus schmerzte; mein Unterleib wurde hart wie ein Ziegelstein; wie betäubt von Ungläubigkeit trottete ich auf den laubigen Wegen von Klasse zu Klasse; mein Christentum, nie sehr markig gewesen, kam mir jetzt wie eine unsinnige Fieberphantasie vor. Und dann preßte ich eines Morgens, über und über in Schweiß gebadet, ein paar Zentimeter trockenen, kompakten Kot hervor, wulstig wie das Horn eines Narwals – und konnte nicht weiter; meine Augen füllten sich mit Tränen; wie sollte ich mit diesem Preßstrang, dieser Extrusion zur Vorlesung wanken? In dieser höchsten Not zu improvisierten Yogaübungen getrieben, beugte ich meinen Oberkörper so weit wie irgend möglich vor, und meine Seele bekannte allen Mächten, die es geben mochte, meine Verzweiflung. Und eine große Kraft ergriff wie mit Händen mein Gedärm, und mein Körper, jetzt wie ein herrliches, seinem Hüter entsprungenes Tier, stieß wild und so schnell, daß der Schmerz der Dehnung im Nu verging, eine große Last Abfall aus sich heraus. Es war eine jenseitige Kraft, eine Erlösung ins trans: ein wahrhaft lutherisches und doch ureigenes Erlebnis. Seither habe ich, auch bei Stress und Anstrengung, Prüfungen und Plagen, stets regelmäßig Verdauung gehabt, womit ich mich, glaube ich, schon ziemlich am Anfang dieser Seiten gebrüstet habe.
    Ich nehme an, meine Vertreibung aus diesem glücklichen Gefilde wird ein ähnliches Gefühl sein. Falls Sie nicht kommen und mich lieben. Ich werde Sie auch bestens behandeln, Ms. Prynne. Vögeln nur auf Wunsch, ich schwör’s; kommen Sie einfach und setzen Sie sich, erzählen Sie mir von Ihrer Arbeit und Ihren Schwierigkeiten, Ihrem Leben und Ihren Plänen, von der hiesigen Flora, von Ihren Ansichten über mich und über die Rolle der verwalteten Religion im nächsten Jahrtausend – wenn die Chemie hilft, stehen wir es bis ans Ende durch. Andernfalls haben wir eine erholsame Stunde verbracht und sind nett zueinander gewesen. Kein Gerangel, wirklich nicht. Ich fühle einfach nur, daß da eine Möglichkeit in uns ruht: es ist etwas zwischen uns, und es wäre eine Sünde, es nicht geschehen zu lassen. Bin ich Ihnen ein schlechter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher