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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman
Autoren: Craig Lancaster
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Toby vom Motel in Salt Lake aus an der Strippe hatte und ganz unsicher war, wie ich anfangen sollte.
    Dort im Restaurant vierzehn Stunden später war mir aber auch nicht klarer, woran ich war. Aber als mir dann der Tee serviert wurde und die Nettigkeiten ausgetauscht waren, erzählte ich Toby, was ich vor wenigen Tagen erfahren hatte.
    Ich musterte den schwerfälligen Menschen vor mir, während ich sprach. Er schien völlig in sich zusammenzufallen, als ich in groben Zügen die Geschichte erzählte, die eigentlich zu lang für die korrekte Wiedergabe an einem Tisch im Restaurant war. Begonnen hatte sie in Milford, und für den Schluss war ich zurückgekehrt. Ich wusste nur nicht, wie genau sie enden sollte. Darum legte ich meine Karten offen auf den Tisch und erwartete das auch von Toby.
    Nachdem ich eine Pause eingelegt hatte, spielte er mit einem Trinkhalm herum, bevor er sagte: »Ich war überrascht, von dir zu hören, Mitch. Aber in dem Moment, als du gestern Abend deinen Namen nanntest, wusste ich Bescheid. Etwas anderes konnte es nicht sein.«
    Ich lächelte, sagte aber nichts. Toby rollte seine breiten Schultern und wand sich in seinem Sessel.
    »Ich bin erleichtert. Gott. Aber echt!«
    Ich schürzte die Lippen. Der arme Kerl dachte anscheinend, dass er und ich zu einem Ende gekommen waren, dabei war es für mich erst ein Anfang. Ich war an diesen Ort zurückgekehrt, der Schatten über den größten Teil meines Lebens geworfen hatte, um Antworten zu erhalten, um mir etwas zurückzuholen, was mir weggenommen worden war, und um einen letzten Wunsch zu erfüllen. Es sah ganz danach aus, als würde ich etwas nachhelfen müssen, um mein Ziel zu erreichen.
    »Also«, sagte ich, »was soll ich denn jetzt tun?«
    Toby spielte noch ein bisschen mit seinem Halm.
    »Ich zeig es dir«, sagte er. »Wir müssen ein kleines Stück fahren.«
    Er stand vom Tisch auf, und ich folgte ihm.
    Vom Beifahrersitz aus lotste mich Toby aus der Stadt über eine vertraute Strecke. Wenige Minuten später sausten wir ostwärts auf dem Ely Highway, der Straße jenes längst vergangenen Sommers. Die Winde fegten von den Ausläufern der Berge und peitschten den Ranger hin und her, und ich stemmte mich dagegen und kämpfte mit der angespannten Situation und der Anstrengung, den Truck auf der Straße zu halten.
    »Ich habe diese Straße gehasst«, sagte ich.
    »Ja, ich auch«, sagte Toby. »Ich hasse sie immer noch.«
    Um die Kilometer zu füllen, plauderten wir über die Familien, die Arbeit und die banalen Frustrationen von Männern an der Schwelle zum mittleren Alter. Wir unternahmen eine halbherzige Anstrengung, um die Jahre, seit wir uns zuletzt gesehen hatten, abzudecken, aber es war zwecklos. Damals waren wir uns so begegnet, wie es so viele Menschen tun. Wir nahmen einen Platz im Leben des anderen ein, solange wir da waren, hinterließen aber keine große Lücke, sobald wir verschwanden.
    Und doch ...
    Hier waren Toby und ich und fuhren im Pick-up meines Vaters aufs Land, beide hielten wir an etwas fest.
    »Bieg hier links ab«, sagte Toby und zeigte auf eine Schotterpiste, die den Highway kreuzte. Ich lenkte den Truck auf die Spur nach Osten und auf den Schotter.
    »Haben wir hier in der Gegend nicht gegraben?«, fragte ich.
    »Ja, hier rauf und runter.«
    »Wie weit fahre ich?«
    »Es ist noch ein Stück weiter oben.« Die Route rüttelte den Ranger und damit auch uns im Führerhaus tüchtig durch, trotz meiner Anstrengungen, langsam zu fahren. Tobys Stimme, die fast den ganzen Weg präsent gewesen war, verstummte, und er starrte nur noch aus dem Fenster auf die Landschaft.
    Es war, als würde ich neben mir stehen und meine Vergangenheit erforschen und dabei gleichzeitig meinen Körper durch die Gegenwart driften sehen. Ein dumpfer Schmerz krallte sich meinen Magen. Wohin fuhren wir? Der Highway verschwand aus dem Rückspiegel, und ich identifizierte meine Magenschmerzen: Es war Angst.
    »Genau hier ist es gut«, sagte Toby.
    Wir waren bergab in eine mit Gras bewachsene Senke gefahren. Ich hielt an. Toby stieg aus und ich ebenfalls.
    Wir schleppten uns etwa vierhundert Meter von der Straße weg. Der wechselnde Wind attackierte uns, Sand schlug uns ins Gesicht.Ich war für diese Bedingungen nicht passend angezogen und steckte die tauben Hände in die Taschen. Gerade wollte ich vorschlagen, zum Wagen zurückzukehren, als Toby stehen blieb und auf ein Flachgewässer deutete, das den sandigen Boden des weiten Tals durchschnitt.
    »Da«,
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