Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman
Autoren: Craig Lancaster
Vom Netzwerk:
schließen. Ich hatte ihn das letzte Stück gefahren.
    Ich schüttelte den Behälter, und ein frischer Wind wehte Dad weg.
    Dads Ranger schaukelte auf der zweispurigen Straße, als wir in die Stadt zurückfuhren. Mir schwirrte der Kopf. Mein Herz schmerzte, wegen Dad und wegen dieses alten Freundes neben mir im Führerhaus. Sie hatten ein furchtbares Geheimnis mit sich getragen. Und jetzt war ich Mitwisser.
    »Ich bin nicht stolz darauf, aber ich schäme mich deswegen nicht«, sagte Toby. »Jetzt bist du an der Reihe, Mitch. Wenn du meinst, dass wir damit zur Polizei gehen und Staub aufwirbeln sollten, dann mach ich das. So oder so.«
    Schon seit vielen Kilometern hatte ich darüber nachgegrübelt. Und wie oft und aus wie vielen Blickwinkeln ich es auch betrachtete, ich kam immer wieder zum selben Schluss. Sonne desinfiziert, aber Dunkelheit auch. Toby und Dad hatten für mich den Kopf riskiert. Dreißig Jahre hatten sie eine Last getragen, um mir das zu ersparen. Es war Zeit für mich, etwas von der Last auf meine eigenen Schultern zu nehmen.
    »Du hast Kinder und Enkel. Ich habe kein Interesse daran, dein Leben zu zerstören«, sagte ich. »Keiner sonst braucht davon zu erfahren.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    Wortlos legten wir ein paar Kilometer zurück.
    »Danke«, sagte Toby leise.
    »Hattet ihr denn gar keine Angst, dass jemand nach ihm suchen würde?«, fragte ich.
    »Jeden Tag«, sagte Toby. »Aber es ist nie jemand gekommen. Im Lauf der Jahre wurde es leichter. Weißt du, manchmal liege ich nachts wach im Bett und denke darüber nach. Brad war ein schlimmer Finger, und er führte etwas Böses im Schilde. Aber der Tod ... der ist endgültig, Mann. Das wars dann.«
    Ein Schauer durchzuckte mich.
    »Wie fühlst du dich denn, Mann?«, fragte Toby.
    Ich konnte nicht lügen. »Bescheiden.«
    »Ich würde dir ja sagen, dass es besser wird, aber ...«
    »Ja.«
    »Ich sage mir, dass Brad selbst seine Entscheidungen getroffen hat«, sagte Toby. »Bei solchen Sachen, wie er sie gemacht hat, weiß man nie so recht, was als Nächstes kommt, wenn du verstehst, was ich meine?«
    Ich nickte.
    »Wie hat Dad denn seine Abwesenheit erklärt?«
    »Gar nicht. Männer in Bohrtrupps, die kommen und gehen. Keiner hat je nach ihm gefragt. Wir haben ein paar Tage allein gearbeitet und uns aller Sachen entledigt, die mit Brad zu tun hatten. Dann ist Jim seiner Wege gegangen, und ich bin hiergeblieben.«
    Ich fuhr weiter.
    »Dad ist in jener Nacht zurückgekommen und hat mich fortgeschickt, weißt du.«
    »Das musste er«, sagte Toby. »Er hat sich ständig mit Whiskey volllaufen lassen und davon geredet. Es gab keinen anderen Weg. Das kannst du doch verstehen, oder?«
    Ja, ich konnte. Und das pustete auch dreißig Jahre Groll einfach zum Teufel. Ich kämpfte mit dem Loslassen.
    »Ich habe ihn gehasst, Toby. Es war nicht nur dieser eine Abend. Er hat mich fortgeschickt, und das hab ich ihm nie verziehen.«
    »Na ja«, sagte Toby, »vielleicht kannst du das jetzt.«
    Wir fädelten uns durch Milford zum Diner zurück, wo Toby seinen Wagen gelassen hatte.
    »Erinnerst du dich an das Mädchen, mit dem Jerry ausging? Denise?«, fragte ich.
    »Ja, klar.«
    »Ist die Familie noch hier in der Gegend?«
    »Der Vater ist vor einer Weile gestorben. Denise hat jemanden aus Salt Lake geheiratet und wohnt da jetzt. Ihre Schwester ist aber noch hier in der Nähe. Arbeitet in der Chevron-Tankstelle. Willst du irgendjemanden besuchen? Ich will ja kein Arschloch sein, Mitch, aber vielleicht ist es besser, wenn du die Stadt verlässt. Du weißt, was ich meine?«
    »Ja. Ich bin nur neugierig. Werde mich still und leise verdrücken.«
    Ich fuhr in eine Parklücke am Diner. »Ich möchte dir danken, Toby«, sagte ich. »Ist wohl komisch, das zu sagen, aber ... äh, danke.«
    Toby schüttelte mir die Hand.
    »Mitch, bleib in Kontakt.«
    Ich wollte gerade losfahren, als er an die Scheibe klopfte. Ich kurbelte das Fenster herunter. »Wenn ich mir das recht überlege«, sagte er, »genieß den Rest deines Lebens.«
    Ich sah auf die Uhr. Fast vierzehn Uhr. Ich hatte reichlich Zeit, um nach Vegas zu kommen. Dann, am folgenden Tag, würde ich endgültig heimkehren.
    Der Tank war voll und ich ging in den Laden. Obwohl mir die schreckliche Nacht noch lebhaft vor Augen stand, ließ die Übelkeit nach, und ich wusste, dass der Hunger mich irgendwann heimsuchen würde. Ich nahm mir eine Tüte Chips und eine große Flasche Wasser.
    Die Kassiererin ließ meine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher